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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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großen Schritt thun, ihre Verdienste wechselseitig anzuerkennen, in Wis¬
senschaft und Kunst, nicht, wie bisher, einander ewig widerstrebend,
endlich auch gemeinsam wirken, und, wie jetzt die ausländische Scla¬
verei, so auch den inneren Parteisinn ihrer neidischen Apprehensionen
unter einander besiegen, dann würde kein mitlebendes Volk ihnen gleich
genannt werden können. Um zu erfahren, in wiesern dieses möglich
sei, wollen wir die ersten Zeiten des bald zu hoffenden Friedens ab¬
warten.

Dem freundschaftlichsten Lebewohl füge ich einen wiederholten auf¬
Goethe. richtigen Dank hinzu.

(Nach Dresden.)


18.

Weimar, den 23. April ,1314.

Sie haben mir, verehrte Freundin, erstlich durch Ihren herzlichen
und geistvollen Nries, sehr frohe Stunden gemacht: denn selbst wenn
man mit Freunden Leiden und Sorgen theilt, so wird dadurch die köst¬
liche Empfindung genährt, daß eigentlich nur in der Theilnahme das
wahre Glück besteht.

Nun senden Sie mir auch etwas leiblich Genießbares, das ich
so lange entbehrte: denn außerdem daß ich mir solche Dinge zu ver¬
schaffen etwas unbeholfen bin, so liegen die österreichischen Staaten
mir in der Einbildungskraft sehr viel weiter, als andere Länder und
Städte von derselben Entfernung. Gegen diese Täfelchen sende ich
Ihnen ein anderes-), das ich im Stillen zu genießen und zu verheim¬
lichen bitte, das Ganze wird erst in drei, vier Wochen an den Tag
kommen. Möge mich das Alles in Ihre Nähe versetzen und die Kürze
des gegenwärtigen Schreibens bestens entschuldigen.


Goethe.
19.

Weimar, den 7. Juli 1814.

Ihr lieber theilnehmender Brief, verehrte Freundin, ist mir kurz
nach Herrn Liebich'ö zutraulichen Schreiben übergeben worden. Auch
Ihnen danke ich für das Vertrauen, das Sie zu mir hegen. Um
Ihnen nun die Lage, in der ich mich befinde, bekannt zu machen, folgt
hier eine Abschrift der Antwort an Herrn Liebich, worüber ich mir,



*) Er sandte einen Theil von Dichtung und Wahrheit.
<d>rk,ijl>olim, II. 66

großen Schritt thun, ihre Verdienste wechselseitig anzuerkennen, in Wis¬
senschaft und Kunst, nicht, wie bisher, einander ewig widerstrebend,
endlich auch gemeinsam wirken, und, wie jetzt die ausländische Scla¬
verei, so auch den inneren Parteisinn ihrer neidischen Apprehensionen
unter einander besiegen, dann würde kein mitlebendes Volk ihnen gleich
genannt werden können. Um zu erfahren, in wiesern dieses möglich
sei, wollen wir die ersten Zeiten des bald zu hoffenden Friedens ab¬
warten.

Dem freundschaftlichsten Lebewohl füge ich einen wiederholten auf¬
Goethe. richtigen Dank hinzu.

(Nach Dresden.)


18.

Weimar, den 23. April ,1314.

Sie haben mir, verehrte Freundin, erstlich durch Ihren herzlichen
und geistvollen Nries, sehr frohe Stunden gemacht: denn selbst wenn
man mit Freunden Leiden und Sorgen theilt, so wird dadurch die köst¬
liche Empfindung genährt, daß eigentlich nur in der Theilnahme das
wahre Glück besteht.

Nun senden Sie mir auch etwas leiblich Genießbares, das ich
so lange entbehrte: denn außerdem daß ich mir solche Dinge zu ver¬
schaffen etwas unbeholfen bin, so liegen die österreichischen Staaten
mir in der Einbildungskraft sehr viel weiter, als andere Länder und
Städte von derselben Entfernung. Gegen diese Täfelchen sende ich
Ihnen ein anderes-), das ich im Stillen zu genießen und zu verheim¬
lichen bitte, das Ganze wird erst in drei, vier Wochen an den Tag
kommen. Möge mich das Alles in Ihre Nähe versetzen und die Kürze
des gegenwärtigen Schreibens bestens entschuldigen.


Goethe.
19.

Weimar, den 7. Juli 1814.

Ihr lieber theilnehmender Brief, verehrte Freundin, ist mir kurz
nach Herrn Liebich'ö zutraulichen Schreiben übergeben worden. Auch
Ihnen danke ich für das Vertrauen, das Sie zu mir hegen. Um
Ihnen nun die Lage, in der ich mich befinde, bekannt zu machen, folgt
hier eine Abschrift der Antwort an Herrn Liebich, worüber ich mir,



*) Er sandte einen Theil von Dichtung und Wahrheit.
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[0525] großen Schritt thun, ihre Verdienste wechselseitig anzuerkennen, in Wis¬ senschaft und Kunst, nicht, wie bisher, einander ewig widerstrebend, endlich auch gemeinsam wirken, und, wie jetzt die ausländische Scla¬ verei, so auch den inneren Parteisinn ihrer neidischen Apprehensionen unter einander besiegen, dann würde kein mitlebendes Volk ihnen gleich genannt werden können. Um zu erfahren, in wiesern dieses möglich sei, wollen wir die ersten Zeiten des bald zu hoffenden Friedens ab¬ warten. Dem freundschaftlichsten Lebewohl füge ich einen wiederholten auf¬ Goethe. richtigen Dank hinzu. (Nach Dresden.) 18. Weimar, den 23. April ,1314. Sie haben mir, verehrte Freundin, erstlich durch Ihren herzlichen und geistvollen Nries, sehr frohe Stunden gemacht: denn selbst wenn man mit Freunden Leiden und Sorgen theilt, so wird dadurch die köst¬ liche Empfindung genährt, daß eigentlich nur in der Theilnahme das wahre Glück besteht. Nun senden Sie mir auch etwas leiblich Genießbares, das ich so lange entbehrte: denn außerdem daß ich mir solche Dinge zu ver¬ schaffen etwas unbeholfen bin, so liegen die österreichischen Staaten mir in der Einbildungskraft sehr viel weiter, als andere Länder und Städte von derselben Entfernung. Gegen diese Täfelchen sende ich Ihnen ein anderes-), das ich im Stillen zu genießen und zu verheim¬ lichen bitte, das Ganze wird erst in drei, vier Wochen an den Tag kommen. Möge mich das Alles in Ihre Nähe versetzen und die Kürze des gegenwärtigen Schreibens bestens entschuldigen. Goethe. 19. Weimar, den 7. Juli 1814. Ihr lieber theilnehmender Brief, verehrte Freundin, ist mir kurz nach Herrn Liebich'ö zutraulichen Schreiben übergeben worden. Auch Ihnen danke ich für das Vertrauen, das Sie zu mir hegen. Um Ihnen nun die Lage, in der ich mich befinde, bekannt zu machen, folgt hier eine Abschrift der Antwort an Herrn Liebich, worüber ich mir, *) Er sandte einen Theil von Dichtung und Wahrheit. <d>rk,ijl>olim, II. 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/525>, abgerufen am 24.11.2024.