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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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um mich herum aufbauen, hervorgesucht, habe solches mit Vergnügen
gelesen, und halte die Aufführung nicht ganz unmöglich; doch wünschte
ich, der Verfasser thäte vorher noch Folgendes daran:

1) Könnte er eine Anzahl Verse herausnehmen, oder, wie man
sagt, streichen; so würde es dem Stück günstig sein, weil es etwas
zu lang spielte. Ich fühle zwar selbst, daß es schwer halten wird,
weil die Scenen gut gearbeitet sind, und sich nichts Ueberflüssiges
findet; allein hier und da läßt sich doch wohl eine kleine Amplifica-
tion und mehrere Ausführlichkeit wegnehmen, ohne daß das Ganze
Schaden leidet.

2) Wären die vier Krieger in zwei Personen zusammen zu ziehen,
und diesen bestimmte Namen zu geben. Kein guter Acteur mag gern
als bloßer Statist erscheinen, und das, was die Krieger zu sagen und
zu thun haben, ist zu bedeutend, als daß man es wagen sollte, durch
vier Personen es ausrichten zu lassen, wo gewöhnlich einer oder der
andere schwach bleibt oder gar sich lächerlich macht.

3) Nun noch ein Hauptpunkt. Der Verfasser hat wohl gefühlt, daß
er bei dem Gelübde Jephtha's sich besonders angreifen müsse, und hat es
auch deshalb, damit es sich vom Andren gleichsam absondere, in gereimte
Verse gebracht; allein aufrichtig zu sagen, so hat mir diese Stelle zu
wenig Gehalt und die gereimten Trochäen zu wenig Würde. Die
Achse, um die sich das ganze Stück dreht, sollte etwas derber sein.--
Dieses legen Sie dem Verfasser an's Herz, und er wird leicht fühlen
und einsehen, wie es gemeint ist.

Soviel für heute. Ich füge weiter nichts hinzu, damit diese Sen¬
G. dung nicht aufgehalten werde.


7.

Weimar, den Is. Februar I8II.

Es ist nichts billiger, als daß ich mit der Recension der vortreff¬
lichen Gaben anfange, die uns nach und nach durch Ihre Güte ge¬
worden sind. Den kostbarsten Spickgänsen folgten die trefflichsten San¬
der, und diesen nunmehr der beste Kaviar, welcher jemals gefischt und
eingesalzen worden. Durch Ihre Nachricht von dem Einweichen deS
getrockneten habe mich wirklich auf einen hohen Grad der Geschmack-
kritik erhoben gesehen, so daß ich einen, ehe der Ihrige ankam, hier
an Tafel genossenen wenigstens für mich im Stillen für aufgcftischt
erklären konnte. Haben Sie für diese Gaben den besten Dank, und


um mich herum aufbauen, hervorgesucht, habe solches mit Vergnügen
gelesen, und halte die Aufführung nicht ganz unmöglich; doch wünschte
ich, der Verfasser thäte vorher noch Folgendes daran:

1) Könnte er eine Anzahl Verse herausnehmen, oder, wie man
sagt, streichen; so würde es dem Stück günstig sein, weil es etwas
zu lang spielte. Ich fühle zwar selbst, daß es schwer halten wird,
weil die Scenen gut gearbeitet sind, und sich nichts Ueberflüssiges
findet; allein hier und da läßt sich doch wohl eine kleine Amplifica-
tion und mehrere Ausführlichkeit wegnehmen, ohne daß das Ganze
Schaden leidet.

2) Wären die vier Krieger in zwei Personen zusammen zu ziehen,
und diesen bestimmte Namen zu geben. Kein guter Acteur mag gern
als bloßer Statist erscheinen, und das, was die Krieger zu sagen und
zu thun haben, ist zu bedeutend, als daß man es wagen sollte, durch
vier Personen es ausrichten zu lassen, wo gewöhnlich einer oder der
andere schwach bleibt oder gar sich lächerlich macht.

3) Nun noch ein Hauptpunkt. Der Verfasser hat wohl gefühlt, daß
er bei dem Gelübde Jephtha's sich besonders angreifen müsse, und hat es
auch deshalb, damit es sich vom Andren gleichsam absondere, in gereimte
Verse gebracht; allein aufrichtig zu sagen, so hat mir diese Stelle zu
wenig Gehalt und die gereimten Trochäen zu wenig Würde. Die
Achse, um die sich das ganze Stück dreht, sollte etwas derber sein.—
Dieses legen Sie dem Verfasser an's Herz, und er wird leicht fühlen
und einsehen, wie es gemeint ist.

Soviel für heute. Ich füge weiter nichts hinzu, damit diese Sen¬
G. dung nicht aufgehalten werde.


7.

Weimar, den Is. Februar I8II.

Es ist nichts billiger, als daß ich mit der Recension der vortreff¬
lichen Gaben anfange, die uns nach und nach durch Ihre Güte ge¬
worden sind. Den kostbarsten Spickgänsen folgten die trefflichsten San¬
der, und diesen nunmehr der beste Kaviar, welcher jemals gefischt und
eingesalzen worden. Durch Ihre Nachricht von dem Einweichen deS
getrockneten habe mich wirklich auf einen hohen Grad der Geschmack-
kritik erhoben gesehen, so daß ich einen, ehe der Ihrige ankam, hier
an Tafel genossenen wenigstens für mich im Stillen für aufgcftischt
erklären konnte. Haben Sie für diese Gaben den besten Dank, und


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[0514] um mich herum aufbauen, hervorgesucht, habe solches mit Vergnügen gelesen, und halte die Aufführung nicht ganz unmöglich; doch wünschte ich, der Verfasser thäte vorher noch Folgendes daran: 1) Könnte er eine Anzahl Verse herausnehmen, oder, wie man sagt, streichen; so würde es dem Stück günstig sein, weil es etwas zu lang spielte. Ich fühle zwar selbst, daß es schwer halten wird, weil die Scenen gut gearbeitet sind, und sich nichts Ueberflüssiges findet; allein hier und da läßt sich doch wohl eine kleine Amplifica- tion und mehrere Ausführlichkeit wegnehmen, ohne daß das Ganze Schaden leidet. 2) Wären die vier Krieger in zwei Personen zusammen zu ziehen, und diesen bestimmte Namen zu geben. Kein guter Acteur mag gern als bloßer Statist erscheinen, und das, was die Krieger zu sagen und zu thun haben, ist zu bedeutend, als daß man es wagen sollte, durch vier Personen es ausrichten zu lassen, wo gewöhnlich einer oder der andere schwach bleibt oder gar sich lächerlich macht. 3) Nun noch ein Hauptpunkt. Der Verfasser hat wohl gefühlt, daß er bei dem Gelübde Jephtha's sich besonders angreifen müsse, und hat es auch deshalb, damit es sich vom Andren gleichsam absondere, in gereimte Verse gebracht; allein aufrichtig zu sagen, so hat mir diese Stelle zu wenig Gehalt und die gereimten Trochäen zu wenig Würde. Die Achse, um die sich das ganze Stück dreht, sollte etwas derber sein.— Dieses legen Sie dem Verfasser an's Herz, und er wird leicht fühlen und einsehen, wie es gemeint ist. Soviel für heute. Ich füge weiter nichts hinzu, damit diese Sen¬ G. dung nicht aufgehalten werde. 7. Weimar, den Is. Februar I8II. Es ist nichts billiger, als daß ich mit der Recension der vortreff¬ lichen Gaben anfange, die uns nach und nach durch Ihre Güte ge¬ worden sind. Den kostbarsten Spickgänsen folgten die trefflichsten San¬ der, und diesen nunmehr der beste Kaviar, welcher jemals gefischt und eingesalzen worden. Durch Ihre Nachricht von dem Einweichen deS getrockneten habe mich wirklich auf einen hohen Grad der Geschmack- kritik erhoben gesehen, so daß ich einen, ehe der Ihrige ankam, hier an Tafel genossenen wenigstens für mich im Stillen für aufgcftischt erklären konnte. Haben Sie für diese Gaben den besten Dank, und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/514>, abgerufen am 28.12.2024.