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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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geworden? Die Vermittlung der Stände erscheint als die nächste, um
für diese Beschwer Abhilfe zu erbitten, allein das Vertrauen auf ihre
Wirksamkeit sank so stark, daß man allenthalben die Hoffnung nur auf
unmittelbare Fürsprache bei S. M. dem Kaiser setzt.

Von nicht geringerem Belange ist die schon seit Jahren in der Ver¬
handlung schwebende Regulirung der Etsch. Der Holzhandel lichtete in
letzter Zeit unsere Wälder, die den Regen langsam zwischen ihre Wurzeln
ableiteten, die Wildbäche schwollen zu ungewöhnlicher Größe, und die
Überschwemmungen kehrten jährlich und stärker als vormals wieder.
Man begann sich zu erinnern, daß schon Kaiser Franz höchstseligen An¬
denkens dem Staat den größten Theil der Kosten des Etschbams aufge¬
bürdet, und dazu jährlich si. C.-M. ausgeworfen hatte; der Hilfe¬
ruf von Trient erscholl im ständischen Saale. Allein bei den Sitzungen
von 1844 war es der Mangel an technischen Vorarbeiten, der zu keinem
Abschluß kommen ließ; nachdem diese dem Landtage von 1845 vorgelegt
wurden, geriethen die Vater des Vaterlandes in lebhaften Zank, ob die
Abwendung dieser heillosen Verheerungen, deren Folgen auf Felderzcug-
nisse und Handel so nachtheilig wirkten, wohl als Landesangelegenheit
angesehen werden könne, und als endlich jene, die dafür keinen Sinn
hatten, bei der Abstimmung unterlagen, hatte man -- kein Geld, Kann
es bei dieser Flausen der unmittelbar der Gefahr ausgesetzten Nachbaren
noch Münder nehmen, wenn die Regierung im vorigen Jahre bei der
Unterbehörde anfrug, ob wohl eine Erhöhung des jährlichen Zuschusses
auch nöthig sei? Ob man sich Heuer auch mit einer allgemeinen Phrase
begnügen wird?

Wir begreifen, daß wir als Glieder eines großen Staates auf man¬
ches verzichten müssen, was uns als Provinz förderlich wäre, um so mehr
gilt es aber, für solche Fragen mit Nachdruck sich auszusprechen, wo das
Recht geistiger und materieller Entwickelung, wo schon ein klares Gesetz
auf unserer Seile steht. Doch unsere Stande scheinen vor jeder Bitte
erst in Berathung zu ziehen, ob sie auch allen denen, die sie bevorworten
sollen, genehm sei?


III.
Aus Berlin.

die ^""dersame Talente eines einzigen Theaterdichters. -- Für wen wurden
einem geschrieben? -- Eine Kritik.-- Gemüthliches Zwiegespräch zwischen
auf d-i- ^ n"^""d'^rin und einem Juffizveamten. -- Die vier Haimonsdrüder
Emil Devrient^'-^ Schicksale der Regi.rungspresse. -- Baron von Armin. --

Die Berliner, die sich g""e das kricischte Volk in Deutschland dien-
t.ren hören, haben sich dieser Tage abscheulich blamier. Fast in allen
hiesigen Zeitungen wurde das große fünfactige, vierstündige, drei Mal
gegebene, zwiefach empfohlene, in seiner Art einzige Drama "Die Quit-
zow's" von L. Schncioer, getadelt und heruntergerissen und Niemand
nahm sich die Mühe, auf die Intentionen des Dichters einzugehen, ob-
schon dieser verdienstvolle Mann, der Schauspieler, Componist, Regisseur,


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geworden? Die Vermittlung der Stände erscheint als die nächste, um
für diese Beschwer Abhilfe zu erbitten, allein das Vertrauen auf ihre
Wirksamkeit sank so stark, daß man allenthalben die Hoffnung nur auf
unmittelbare Fürsprache bei S. M. dem Kaiser setzt.

Von nicht geringerem Belange ist die schon seit Jahren in der Ver¬
handlung schwebende Regulirung der Etsch. Der Holzhandel lichtete in
letzter Zeit unsere Wälder, die den Regen langsam zwischen ihre Wurzeln
ableiteten, die Wildbäche schwollen zu ungewöhnlicher Größe, und die
Überschwemmungen kehrten jährlich und stärker als vormals wieder.
Man begann sich zu erinnern, daß schon Kaiser Franz höchstseligen An¬
denkens dem Staat den größten Theil der Kosten des Etschbams aufge¬
bürdet, und dazu jährlich si. C.-M. ausgeworfen hatte; der Hilfe¬
ruf von Trient erscholl im ständischen Saale. Allein bei den Sitzungen
von 1844 war es der Mangel an technischen Vorarbeiten, der zu keinem
Abschluß kommen ließ; nachdem diese dem Landtage von 1845 vorgelegt
wurden, geriethen die Vater des Vaterlandes in lebhaften Zank, ob die
Abwendung dieser heillosen Verheerungen, deren Folgen auf Felderzcug-
nisse und Handel so nachtheilig wirkten, wohl als Landesangelegenheit
angesehen werden könne, und als endlich jene, die dafür keinen Sinn
hatten, bei der Abstimmung unterlagen, hatte man — kein Geld, Kann
es bei dieser Flausen der unmittelbar der Gefahr ausgesetzten Nachbaren
noch Münder nehmen, wenn die Regierung im vorigen Jahre bei der
Unterbehörde anfrug, ob wohl eine Erhöhung des jährlichen Zuschusses
auch nöthig sei? Ob man sich Heuer auch mit einer allgemeinen Phrase
begnügen wird?

Wir begreifen, daß wir als Glieder eines großen Staates auf man¬
ches verzichten müssen, was uns als Provinz förderlich wäre, um so mehr
gilt es aber, für solche Fragen mit Nachdruck sich auszusprechen, wo das
Recht geistiger und materieller Entwickelung, wo schon ein klares Gesetz
auf unserer Seile steht. Doch unsere Stande scheinen vor jeder Bitte
erst in Berathung zu ziehen, ob sie auch allen denen, die sie bevorworten
sollen, genehm sei?


III.
Aus Berlin.

die ^""dersame Talente eines einzigen Theaterdichters. — Für wen wurden
einem geschrieben? — Eine Kritik.— Gemüthliches Zwiegespräch zwischen
auf d-i- ^ n"^""d'^rin und einem Juffizveamten. — Die vier Haimonsdrüder
Emil Devrient^'-^ Schicksale der Regi.rungspresse. — Baron von Armin. —

Die Berliner, die sich g„„e das kricischte Volk in Deutschland dien-
t.ren hören, haben sich dieser Tage abscheulich blamier. Fast in allen
hiesigen Zeitungen wurde das große fünfactige, vierstündige, drei Mal
gegebene, zwiefach empfohlene, in seiner Art einzige Drama „Die Quit-
zow's" von L. Schncioer, getadelt und heruntergerissen und Niemand
nahm sich die Mühe, auf die Intentionen des Dichters einzugehen, ob-
schon dieser verdienstvolle Mann, der Schauspieler, Componist, Regisseur,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/411>, abgerufen am 24.11.2024.