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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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chen halten sich still und zurückgezogen und scheinen frühzeitig -zu Bil¬
dern ihrer Mütter aufzuwachse". Für so mancherlei schönes und
wahrlich nicht genug zu schützendes Verdienst haben die Frauen Hel¬
golands den einzigen Gewinn, der Männer Liebe zu genießen, und,
was nur zu häusig ihr Loos wird, als Wittwen und Waisen über
Verlorene zu weinen. Sie altern früh.


III

Am Strande hin breitet sich das sogenannte Unterland aus,
wo allerdings in ziemlicher Geräumigkeit bereits ein Theil des kleinen
Städtchens sich erhebt, welches überhaupt das Areal der Insel, so
gut als vollständig einnimmt. Denn es ist allerdings ein städtisches,
nicht ein dörfliches, noch bäuerliches Ansehen, welches die Physiogno¬
mie dieser originalen Oertlichkeit bildet. Auf dem Uuterlande befindet
sich auch das ConversaiionShaus, bei Herrn Daniel Franz, dem,
einen von vier Brüdern, welche die Gastwirthschaft des Jnselchcns
wesentlich repläsentiren. Im Converstitionöhause, das, wie sämmtliche
helgolandische Legalitäten, überaus reinlich, la elegant gehalten ist, wird
nicht beherbergt: dagegen könnte die Bewirthung allerdings um Vie-,
les überlegter und aufmerksamer sein; es ging ungemein tumultuarisch
zu, die Vorräthe langten, selbst bei ausdrücklich voraus unterschriebe¬
ner Table d'hüte, für die Zahl der Theilnehmenden nicht aus, und
ganz besonders hatte man sich über zu theuren und herben Wein zu
beklagen, da man in diesen von der Engherzigkeit, daß das edelste
Geschenk der nutribilcn Natur nichts als ein sehr profitables Wasser
auf die siScalische Finanzmühte sei, noch unberührten und von Run-
kelrübenzucker, Cichonenkaffee und Heidelbeerenrothwcin Gottlob keinen
Begriff besitzenden Regionen einen wenigstens nicht sauren französischen
Wein sehr billig haben kann. Es ist jedoch bis jetzt noch leider eine
sehr unverständige Praris vieler niedersächsischen Gastwirthschaften,
namentlich auch auf den bei den großen Hauptstädten gelegenen Lust-v
örtern und Vergnügungspunkten, bei einem sogenannten Rummel mög¬
lichst viel Geld herauszuschlagen und unzureichende oder schlechte"
Waare mit der kahlen Ausrede, man sei unvorbereitet überrascht wor¬
den, man habe das Wenige auf zu Viele austheilen müssen, zu ent¬
schuldigen: in dieser Hinsicht muß an der Weser noch sehr vom Rheine
gelernt werden. Die Beobachter erzeigen unstreitig zugleich dem Pu-
blicum und denjenigen Unternehmern, die aus eine dauerhafte Weife'


chen halten sich still und zurückgezogen und scheinen frühzeitig -zu Bil¬
dern ihrer Mütter aufzuwachse». Für so mancherlei schönes und
wahrlich nicht genug zu schützendes Verdienst haben die Frauen Hel¬
golands den einzigen Gewinn, der Männer Liebe zu genießen, und,
was nur zu häusig ihr Loos wird, als Wittwen und Waisen über
Verlorene zu weinen. Sie altern früh.


III

Am Strande hin breitet sich das sogenannte Unterland aus,
wo allerdings in ziemlicher Geräumigkeit bereits ein Theil des kleinen
Städtchens sich erhebt, welches überhaupt das Areal der Insel, so
gut als vollständig einnimmt. Denn es ist allerdings ein städtisches,
nicht ein dörfliches, noch bäuerliches Ansehen, welches die Physiogno¬
mie dieser originalen Oertlichkeit bildet. Auf dem Uuterlande befindet
sich auch das ConversaiionShaus, bei Herrn Daniel Franz, dem,
einen von vier Brüdern, welche die Gastwirthschaft des Jnselchcns
wesentlich repläsentiren. Im Converstitionöhause, das, wie sämmtliche
helgolandische Legalitäten, überaus reinlich, la elegant gehalten ist, wird
nicht beherbergt: dagegen könnte die Bewirthung allerdings um Vie-,
les überlegter und aufmerksamer sein; es ging ungemein tumultuarisch
zu, die Vorräthe langten, selbst bei ausdrücklich voraus unterschriebe¬
ner Table d'hüte, für die Zahl der Theilnehmenden nicht aus, und
ganz besonders hatte man sich über zu theuren und herben Wein zu
beklagen, da man in diesen von der Engherzigkeit, daß das edelste
Geschenk der nutribilcn Natur nichts als ein sehr profitables Wasser
auf die siScalische Finanzmühte sei, noch unberührten und von Run-
kelrübenzucker, Cichonenkaffee und Heidelbeerenrothwcin Gottlob keinen
Begriff besitzenden Regionen einen wenigstens nicht sauren französischen
Wein sehr billig haben kann. Es ist jedoch bis jetzt noch leider eine
sehr unverständige Praris vieler niedersächsischen Gastwirthschaften,
namentlich auch auf den bei den großen Hauptstädten gelegenen Lust-v
örtern und Vergnügungspunkten, bei einem sogenannten Rummel mög¬
lichst viel Geld herauszuschlagen und unzureichende oder schlechte"
Waare mit der kahlen Ausrede, man sei unvorbereitet überrascht wor¬
den, man habe das Wenige auf zu Viele austheilen müssen, zu ent¬
schuldigen: in dieser Hinsicht muß an der Weser noch sehr vom Rheine
gelernt werden. Die Beobachter erzeigen unstreitig zugleich dem Pu-
blicum und denjenigen Unternehmern, die aus eine dauerhafte Weife'


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/20>, abgerufen am 24.07.2024.