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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Bojaren. Wenn die deutschen Zeitungen erst Eorrespondenzen aus
Peking und Nanking bringen werden, so werden wir auch unsere
Mandarinen haben!


VIII.
Notizen.

Logik des Rheinischen Beobachters. -- Baierische Ducllantcnbcgräbnißordnung.

-- Edgar Bauer ist bekanntlich wegen eines eingestampften und
daher ziemlich unbekannt gebliebenen Buches zu sieben Jahren Mag¬
deburg verurtheilt, und nun sollen daraus gar sieben magere Jahre
werden, denn man hat dem armen auf seine Feder angewiesenen
Schriftsteller jede literarisch? Beschäftigung verboten. So weit ist
Alles gut. Nun aber kommt noch der "Rheinische Beobachter", ei¬
ner von Denen, die stets königischer sind als der König, und will die
Maßregel, die vielleicht nächstens wieder zurückgenommen wird, gegen
die schüchternen Bemerkungen der schlechten Presse vertheidigen. Zu
diesem Zwecke schreibt er sich eine lakonische Korrespondenz aus Mag¬
deburg selbst, des Inhalts: die "Parteigenossin" Bauer's fanden die
Maßregel hart. -- Wir glauben, um ein starkes Beispiel anzuführen,
wenn in Preußen ein Verbrecher gerädert wird, so braucht man nicht
erst "Parteigenosse" des Sünders zu sein, um die Hinrichtungsart
nicht weich zu finden. Andere, fährt der Rheinische Beobachter fort,
finden es nur natürlich, daß dem Verurtheilten die "Fortsetzung seiner
gesetzwidrigen Thätigkeit" gewehrt wird. -- Am Ende Heu diese Kor¬
respondenz wirklich irgend ein Corporal von der Festung Magdeburg
geschrieben, denn wir können nicht glauben, daß ein deutscher Profes¬
sor, wie der Herr Berche, eine so summarische Logik besitzt. Also,
wenn ein Schriftsteller wegen eines Preßvergehens verurtheilt wird,
so ist Alles was er später schreibt, an sich schon eine "gesetzwidrige
Thätigkeit"?

-- In Baiern haben die Militairs ein neues Privilegium vor
den Bürgerlichen bekommen. Sie dürfen sich im Duell den Hals
brechen lassen und werden dann doch mit allen üblichen Feierlichkeiten
begraben. Nicht so die Civilisten. Diese sollen, nach einer neuen
Verordnung, die sich zur Belebung mittelalterlicher Gemüthlichkeit auch
auf die Selbstmörder erstreckt, still und ohne alles Gepränge einge¬
scharrt werden. Hoffentlich werden sich die Herrn Officiere das nicht
zweimal sagen lassen und künftig desto fleißiger ihren Sabul schwin¬
gen. Ein Aweikampf unter Bürgerlichen wird vermuthlich als Thier-
quälerei angesehen, und dieser wirkt man bekanntlich in Bniern auf
die menschenfreundlichste Weise entgegen.




Verlag von Fr. Ludw. Hcrbig. -- Redacteur I. Kurandl".
Druck von Friedrich Andvä.

Bojaren. Wenn die deutschen Zeitungen erst Eorrespondenzen aus
Peking und Nanking bringen werden, so werden wir auch unsere
Mandarinen haben!


VIII.
Notizen.

Logik des Rheinischen Beobachters. — Baierische Ducllantcnbcgräbnißordnung.

— Edgar Bauer ist bekanntlich wegen eines eingestampften und
daher ziemlich unbekannt gebliebenen Buches zu sieben Jahren Mag¬
deburg verurtheilt, und nun sollen daraus gar sieben magere Jahre
werden, denn man hat dem armen auf seine Feder angewiesenen
Schriftsteller jede literarisch? Beschäftigung verboten. So weit ist
Alles gut. Nun aber kommt noch der „Rheinische Beobachter", ei¬
ner von Denen, die stets königischer sind als der König, und will die
Maßregel, die vielleicht nächstens wieder zurückgenommen wird, gegen
die schüchternen Bemerkungen der schlechten Presse vertheidigen. Zu
diesem Zwecke schreibt er sich eine lakonische Korrespondenz aus Mag¬
deburg selbst, des Inhalts: die „Parteigenossin" Bauer's fanden die
Maßregel hart. — Wir glauben, um ein starkes Beispiel anzuführen,
wenn in Preußen ein Verbrecher gerädert wird, so braucht man nicht
erst „Parteigenosse" des Sünders zu sein, um die Hinrichtungsart
nicht weich zu finden. Andere, fährt der Rheinische Beobachter fort,
finden es nur natürlich, daß dem Verurtheilten die „Fortsetzung seiner
gesetzwidrigen Thätigkeit" gewehrt wird. — Am Ende Heu diese Kor¬
respondenz wirklich irgend ein Corporal von der Festung Magdeburg
geschrieben, denn wir können nicht glauben, daß ein deutscher Profes¬
sor, wie der Herr Berche, eine so summarische Logik besitzt. Also,
wenn ein Schriftsteller wegen eines Preßvergehens verurtheilt wird,
so ist Alles was er später schreibt, an sich schon eine „gesetzwidrige
Thätigkeit"?

— In Baiern haben die Militairs ein neues Privilegium vor
den Bürgerlichen bekommen. Sie dürfen sich im Duell den Hals
brechen lassen und werden dann doch mit allen üblichen Feierlichkeiten
begraben. Nicht so die Civilisten. Diese sollen, nach einer neuen
Verordnung, die sich zur Belebung mittelalterlicher Gemüthlichkeit auch
auf die Selbstmörder erstreckt, still und ohne alles Gepränge einge¬
scharrt werden. Hoffentlich werden sich die Herrn Officiere das nicht
zweimal sagen lassen und künftig desto fleißiger ihren Sabul schwin¬
gen. Ein Aweikampf unter Bürgerlichen wird vermuthlich als Thier-
quälerei angesehen, und dieser wirkt man bekanntlich in Bniern auf
die menschenfreundlichste Weise entgegen.




Verlag von Fr. Ludw. Hcrbig. — Redacteur I. Kurandl».
Druck von Friedrich Andvä.
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[0480] Bojaren. Wenn die deutschen Zeitungen erst Eorrespondenzen aus Peking und Nanking bringen werden, so werden wir auch unsere Mandarinen haben! VIII. Notizen. Logik des Rheinischen Beobachters. — Baierische Ducllantcnbcgräbnißordnung. — Edgar Bauer ist bekanntlich wegen eines eingestampften und daher ziemlich unbekannt gebliebenen Buches zu sieben Jahren Mag¬ deburg verurtheilt, und nun sollen daraus gar sieben magere Jahre werden, denn man hat dem armen auf seine Feder angewiesenen Schriftsteller jede literarisch? Beschäftigung verboten. So weit ist Alles gut. Nun aber kommt noch der „Rheinische Beobachter", ei¬ ner von Denen, die stets königischer sind als der König, und will die Maßregel, die vielleicht nächstens wieder zurückgenommen wird, gegen die schüchternen Bemerkungen der schlechten Presse vertheidigen. Zu diesem Zwecke schreibt er sich eine lakonische Korrespondenz aus Mag¬ deburg selbst, des Inhalts: die „Parteigenossin" Bauer's fanden die Maßregel hart. — Wir glauben, um ein starkes Beispiel anzuführen, wenn in Preußen ein Verbrecher gerädert wird, so braucht man nicht erst „Parteigenosse" des Sünders zu sein, um die Hinrichtungsart nicht weich zu finden. Andere, fährt der Rheinische Beobachter fort, finden es nur natürlich, daß dem Verurtheilten die „Fortsetzung seiner gesetzwidrigen Thätigkeit" gewehrt wird. — Am Ende Heu diese Kor¬ respondenz wirklich irgend ein Corporal von der Festung Magdeburg geschrieben, denn wir können nicht glauben, daß ein deutscher Profes¬ sor, wie der Herr Berche, eine so summarische Logik besitzt. Also, wenn ein Schriftsteller wegen eines Preßvergehens verurtheilt wird, so ist Alles was er später schreibt, an sich schon eine „gesetzwidrige Thätigkeit"? — In Baiern haben die Militairs ein neues Privilegium vor den Bürgerlichen bekommen. Sie dürfen sich im Duell den Hals brechen lassen und werden dann doch mit allen üblichen Feierlichkeiten begraben. Nicht so die Civilisten. Diese sollen, nach einer neuen Verordnung, die sich zur Belebung mittelalterlicher Gemüthlichkeit auch auf die Selbstmörder erstreckt, still und ohne alles Gepränge einge¬ scharrt werden. Hoffentlich werden sich die Herrn Officiere das nicht zweimal sagen lassen und künftig desto fleißiger ihren Sabul schwin¬ gen. Ein Aweikampf unter Bürgerlichen wird vermuthlich als Thier- quälerei angesehen, und dieser wirkt man bekanntlich in Bniern auf die menschenfreundlichste Weise entgegen. Verlag von Fr. Ludw. Hcrbig. — Redacteur I. Kurandl». Druck von Friedrich Andvä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/480>, abgerufen am 05.02.2025.