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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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stellen, wird er von der Menge mit Befremden und spöttelnder Dul¬
dung hingenommen. Von hier reist Berlioz nach Pesth und später
nach Prag, um dort gleichfalls das Füllhorn seiner Muse auszu¬
schütten.

Unter den jetzt anwesenden Fremden befindet sich auch der geist¬
volle Dramatiker Hebbel aus Dänemark, der mit einem königlichen
Stipendium reist, und von dem Glänze unserer Hosbühne angezogen
wird. Wir hoffen, daß sich die Direction derselben bewogen findet,
eine seiner gelungenen dramatischen Dichtungen auf die Bretter zu
bringen, statt zu den schmählichen Productionen matter Geister zu
greifen. -- Der im Fach der Strasrechtskunde und des Gefängnißwe¬
sens rühmlichst bekannte badische Hofrath Dr. Buß, welcher einige
Zeit hier verweilte, ist nach Freiburg zurückgekehrt, wo derselbe als
Professor wirkt. -- Eine werthe Erscheinung war uns noch Egon Ebert
aus Prag, der Sänger der Wlasta. -- Die von Castelli gesammelten
Schriften haben ihm von verschiedenen Seiten fürstliche Auszeichnun¬
gen gebracht; während der König von Preußen und die Kaiserin
Maria Louise in Parma den Dichter durch goldene Ehrcnmedaillen
erfreuten, hat ihn der König von Hannover mie einer kostbaren Ta-
batiere beschenkt. -- Eine weitere Auszeichnung ist dem an des ver¬
storbenen ">-. Berres Stelle aus Prag an die hierortige Hochschule
als Professor der Anatomie versetzten Hyrtl widerfahren, indem
ihm vom Könige der Franzosen das Kreuz der Ehrenlegion verliehen
ward. Von Dr. Hyrtl hat soeben ein neues medizinisches Buch über
das Gehörorgan bei Menschen und Saugethieren die Presse verlassen.


III
Aus N o in.

Römische Herrlichkeit. -- Das geheime Consistorium. -- Ein Monsignore. --
RA'no. -- Das Mundöffnen. -- Die deutschen Angelegenheiten. -- Sant'
Onofrio. -- Ein Stück Weltgeschichte. -- Der nordische Koloß. -- Fünf Mil¬
lionen Polen. -- Die diplomatische Kirche. -- Rimini. -- Die
. Kornangclegenheit.

Als ich durch den Borgs Nuovo nach dem Platze von Sanct
Peter zuging, rasselten von dort her die alten Kutschen der Cardinäle
an mir vorüber, schwerfällig, goldbeleistet, reichlackirt, auf einer jeden
hinten die Bedienten in ihren breittressigen Röcken, alles alterthümlich
und verblichen, prachtvoll gemeint und verfallen von Ansehen, wie
Roms ganze Herrlichkeit. Ich achtete erst nicht sonderlich darauf,
man ist ja der Geschäftigkeit dieser bepurpurtcn Kirchenfürsten im Hin-
und Herfahren um so vieler päpstlichen Capellen und sonstigen Ufsi-
cien, so vieler geheimen, halbgeheimen und öffentlichen Consistorien


stellen, wird er von der Menge mit Befremden und spöttelnder Dul¬
dung hingenommen. Von hier reist Berlioz nach Pesth und später
nach Prag, um dort gleichfalls das Füllhorn seiner Muse auszu¬
schütten.

Unter den jetzt anwesenden Fremden befindet sich auch der geist¬
volle Dramatiker Hebbel aus Dänemark, der mit einem königlichen
Stipendium reist, und von dem Glänze unserer Hosbühne angezogen
wird. Wir hoffen, daß sich die Direction derselben bewogen findet,
eine seiner gelungenen dramatischen Dichtungen auf die Bretter zu
bringen, statt zu den schmählichen Productionen matter Geister zu
greifen. — Der im Fach der Strasrechtskunde und des Gefängnißwe¬
sens rühmlichst bekannte badische Hofrath Dr. Buß, welcher einige
Zeit hier verweilte, ist nach Freiburg zurückgekehrt, wo derselbe als
Professor wirkt. — Eine werthe Erscheinung war uns noch Egon Ebert
aus Prag, der Sänger der Wlasta. — Die von Castelli gesammelten
Schriften haben ihm von verschiedenen Seiten fürstliche Auszeichnun¬
gen gebracht; während der König von Preußen und die Kaiserin
Maria Louise in Parma den Dichter durch goldene Ehrcnmedaillen
erfreuten, hat ihn der König von Hannover mie einer kostbaren Ta-
batiere beschenkt. — Eine weitere Auszeichnung ist dem an des ver¬
storbenen »>-. Berres Stelle aus Prag an die hierortige Hochschule
als Professor der Anatomie versetzten Hyrtl widerfahren, indem
ihm vom Könige der Franzosen das Kreuz der Ehrenlegion verliehen
ward. Von Dr. Hyrtl hat soeben ein neues medizinisches Buch über
das Gehörorgan bei Menschen und Saugethieren die Presse verlassen.


III
Aus N o in.

Römische Herrlichkeit. — Das geheime Consistorium. — Ein Monsignore. —
RA'no. — Das Mundöffnen. — Die deutschen Angelegenheiten. — Sant'
Onofrio. — Ein Stück Weltgeschichte. — Der nordische Koloß. — Fünf Mil¬
lionen Polen. — Die diplomatische Kirche. — Rimini. — Die
. Kornangclegenheit.

Als ich durch den Borgs Nuovo nach dem Platze von Sanct
Peter zuging, rasselten von dort her die alten Kutschen der Cardinäle
an mir vorüber, schwerfällig, goldbeleistet, reichlackirt, auf einer jeden
hinten die Bedienten in ihren breittressigen Röcken, alles alterthümlich
und verblichen, prachtvoll gemeint und verfallen von Ansehen, wie
Roms ganze Herrlichkeit. Ich achtete erst nicht sonderlich darauf,
man ist ja der Geschäftigkeit dieser bepurpurtcn Kirchenfürsten im Hin-
und Herfahren um so vieler päpstlichen Capellen und sonstigen Ufsi-
cien, so vieler geheimen, halbgeheimen und öffentlichen Consistorien


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[0468] stellen, wird er von der Menge mit Befremden und spöttelnder Dul¬ dung hingenommen. Von hier reist Berlioz nach Pesth und später nach Prag, um dort gleichfalls das Füllhorn seiner Muse auszu¬ schütten. Unter den jetzt anwesenden Fremden befindet sich auch der geist¬ volle Dramatiker Hebbel aus Dänemark, der mit einem königlichen Stipendium reist, und von dem Glänze unserer Hosbühne angezogen wird. Wir hoffen, daß sich die Direction derselben bewogen findet, eine seiner gelungenen dramatischen Dichtungen auf die Bretter zu bringen, statt zu den schmählichen Productionen matter Geister zu greifen. — Der im Fach der Strasrechtskunde und des Gefängnißwe¬ sens rühmlichst bekannte badische Hofrath Dr. Buß, welcher einige Zeit hier verweilte, ist nach Freiburg zurückgekehrt, wo derselbe als Professor wirkt. — Eine werthe Erscheinung war uns noch Egon Ebert aus Prag, der Sänger der Wlasta. — Die von Castelli gesammelten Schriften haben ihm von verschiedenen Seiten fürstliche Auszeichnun¬ gen gebracht; während der König von Preußen und die Kaiserin Maria Louise in Parma den Dichter durch goldene Ehrcnmedaillen erfreuten, hat ihn der König von Hannover mie einer kostbaren Ta- batiere beschenkt. — Eine weitere Auszeichnung ist dem an des ver¬ storbenen »>-. Berres Stelle aus Prag an die hierortige Hochschule als Professor der Anatomie versetzten Hyrtl widerfahren, indem ihm vom Könige der Franzosen das Kreuz der Ehrenlegion verliehen ward. Von Dr. Hyrtl hat soeben ein neues medizinisches Buch über das Gehörorgan bei Menschen und Saugethieren die Presse verlassen. III Aus N o in. Römische Herrlichkeit. — Das geheime Consistorium. — Ein Monsignore. — RA'no. — Das Mundöffnen. — Die deutschen Angelegenheiten. — Sant' Onofrio. — Ein Stück Weltgeschichte. — Der nordische Koloß. — Fünf Mil¬ lionen Polen. — Die diplomatische Kirche. — Rimini. — Die . Kornangclegenheit. Als ich durch den Borgs Nuovo nach dem Platze von Sanct Peter zuging, rasselten von dort her die alten Kutschen der Cardinäle an mir vorüber, schwerfällig, goldbeleistet, reichlackirt, auf einer jeden hinten die Bedienten in ihren breittressigen Röcken, alles alterthümlich und verblichen, prachtvoll gemeint und verfallen von Ansehen, wie Roms ganze Herrlichkeit. Ich achtete erst nicht sonderlich darauf, man ist ja der Geschäftigkeit dieser bepurpurtcn Kirchenfürsten im Hin- und Herfahren um so vieler päpstlichen Capellen und sonstigen Ufsi- cien, so vieler geheimen, halbgeheimen und öffentlichen Consistorien

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/468>, abgerufen am 05.02.2025.