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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Dazu ist das Vaterland gut genug. Allerliebst modern, solch ein
industriöser Freiheitsheld! Wer an Moritz's Liberalismus nicht glau¬
ben will, sehe nur auf Karl V. Wenn dieser alte Schlaukopf zuletzt
liberal wird und seinen wackeren Schüler Moritz im Namen der "neuen
Zeit" segnet, so muß was dahinter stecken und kann man sich über
Nichts mehr wundern. Ein trefflicher Komödienstoss, kein Trauerspiel.
Von solchem Gesinnungspomp sich nicht verletzt zu fühlen, ist ganz
würdig einer Zeit, die selbst anders spricht und anders handelt. Allein
der Beifall der gedankenlosen Masse galt nicht dem Stück, welches
sie nicht durchschaute, nur einzelnen Anspielungen und Witzen, die
zwar das gewöhnlichste Unterhaltungsblatt besser liefert, die aber, von
der Bühne herab gehört, eine Rarität sind. -- Hr. Ulram (Johann
Friedrich) spielte mit großer Warme und Natur; Hr. Marrder war
als Moritz besser, wie er uns das letzte Mal, als Egmont, erschien;
Hr. Marr verbürgerlicht alle historischen Helden, nun gar erst diesen
Karl V., wo ihm der Dichter so sehr vorgearbeitet hatte.


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V.
Notizen.

Erwiederung. --Friedrich v.Raumer in New-York. --BerlinerVerbot undTan-
tiöme.-- Keine geheime Polizei in Preußen. -- Die Judenfra.ge in Norwegen.

-- Kurze Erwiederung auf die Einsendung: "The-
reseund ihre kritischen Freunde." (Brieflich.) Die Ihnen
wahrscheinlich aus Hamburg gemachte Mittheilung unter dem obigen
Titel trägt so sehr das Gepräge klatschhaft-neidischer Medisance *), daß
man als den oder die Verfasserin derselben füglich einen Herrn oder
eine Dame aus der "großen Welt^ annehmen kann. Nur persönliche
Animosität kann sich berufen gefühlt haben, gegen die in der That
sehr anspruchslosen und bescheidenen literarischen Verdienste der Frau
von Bacheracht aufzutreten. Die Gesellschaft ist über Nichts leich¬
ter "aigrirt", als über eine Rivalität, die nicht Jeder mitmachen kann.
Einen Shawl sticht die Eitelkeit einer Nebenbuhlerin bald aus; um
aber einen Roman, ein gutes Buch auszustechen, muß man Geist
haben. Glauben Sie mir, die Einsendung ist aus keiner reinen Quelle
geflossen! Uebrigens ist als Verfasser der in der Auftritten Zeitung
befindlichen Skizze über Therese nicht der von dem Einsender genannte



*) Obige Berichtigung ist uns von sehr achtungswerther Hand zugekom¬
men ; deshalb druckten wir sie wörtlich ab. Der geneigte Leser woge aver
selbst urtheilen, ob der Artikel: "Therese und ihre kritischen Freunde mcyr
fre" von Persönlichkeiten und bloßer Ausdruck einer rein kritisch Opp°I'non
en
Die Reo. war.

Dazu ist das Vaterland gut genug. Allerliebst modern, solch ein
industriöser Freiheitsheld! Wer an Moritz's Liberalismus nicht glau¬
ben will, sehe nur auf Karl V. Wenn dieser alte Schlaukopf zuletzt
liberal wird und seinen wackeren Schüler Moritz im Namen der „neuen
Zeit" segnet, so muß was dahinter stecken und kann man sich über
Nichts mehr wundern. Ein trefflicher Komödienstoss, kein Trauerspiel.
Von solchem Gesinnungspomp sich nicht verletzt zu fühlen, ist ganz
würdig einer Zeit, die selbst anders spricht und anders handelt. Allein
der Beifall der gedankenlosen Masse galt nicht dem Stück, welches
sie nicht durchschaute, nur einzelnen Anspielungen und Witzen, die
zwar das gewöhnlichste Unterhaltungsblatt besser liefert, die aber, von
der Bühne herab gehört, eine Rarität sind. — Hr. Ulram (Johann
Friedrich) spielte mit großer Warme und Natur; Hr. Marrder war
als Moritz besser, wie er uns das letzte Mal, als Egmont, erschien;
Hr. Marr verbürgerlicht alle historischen Helden, nun gar erst diesen
Karl V., wo ihm der Dichter so sehr vorgearbeitet hatte.


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V.
Notizen.

Erwiederung. —Friedrich v.Raumer in New-York. —BerlinerVerbot undTan-
tiöme.— Keine geheime Polizei in Preußen. — Die Judenfra.ge in Norwegen.

— Kurze Erwiederung auf die Einsendung: „The-
reseund ihre kritischen Freunde." (Brieflich.) Die Ihnen
wahrscheinlich aus Hamburg gemachte Mittheilung unter dem obigen
Titel trägt so sehr das Gepräge klatschhaft-neidischer Medisance *), daß
man als den oder die Verfasserin derselben füglich einen Herrn oder
eine Dame aus der „großen Welt^ annehmen kann. Nur persönliche
Animosität kann sich berufen gefühlt haben, gegen die in der That
sehr anspruchslosen und bescheidenen literarischen Verdienste der Frau
von Bacheracht aufzutreten. Die Gesellschaft ist über Nichts leich¬
ter „aigrirt", als über eine Rivalität, die nicht Jeder mitmachen kann.
Einen Shawl sticht die Eitelkeit einer Nebenbuhlerin bald aus; um
aber einen Roman, ein gutes Buch auszustechen, muß man Geist
haben. Glauben Sie mir, die Einsendung ist aus keiner reinen Quelle
geflossen! Uebrigens ist als Verfasser der in der Auftritten Zeitung
befindlichen Skizze über Therese nicht der von dem Einsender genannte



*) Obige Berichtigung ist uns von sehr achtungswerther Hand zugekom¬
men ; deshalb druckten wir sie wörtlich ab. Der geneigte Leser woge aver
selbst urtheilen, ob der Artikel: „Therese und ihre kritischen Freunde mcyr
fre« von Persönlichkeiten und bloßer Ausdruck einer rein kritisch Opp°I'non
en
Die Reo. war.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/98>, abgerufen am 27.07.2024.