Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

hinzu -- würde der überwiegende Stand des österreichischen Hauses
das Königreich beider Sizilien ander Erweiterung seiner Macht hindern,
auf die es vereint mit den Interessen Frankreichs sicher rechnen dürfte.
-- Diese Ueberredungskraft des Pariser Eabinets hat seine Früchte
bereits getragen, und würde Discretion nicht in gewissen Fallen die
Pflicht eines jeden Mannes von Ehre sein, so könnte ich Ihnen leicht
ein eclatantes Beispiel aus der allerletzten Zeit citiren, wo der König
nebst der Königin nach Calabrien -- statt anderswohin -- eine Reise
antrat. -- Der Umstand, daß der Herzog von Aumale nunmehr
bestimmt als Bräutigam der Prinzessin von Salerno genannt wird,
ist weniger in Anschlag zu bringen, einerseits weil bei dem unabhän¬
gigen Charakter des Königs verwandtschaftliche Verhältnisse sehr gering
in die Waagschale fallen, andererseits weil der Oheim des Königs,
der Prinz von Salerno, ohne allen Einfluß auf die Staatspolitik ist.
Der reiche Herzog von Aumale ist blos eine sogenannte gute Par¬
tie, da die junge Prinzessin ein nur sehr geringes, wenn nicht gar
kein Vermögen besitzt. Ob die Verhältnisse zu Frankreich später einen
bindenden Charakter im Ganzen einnehmen werden, liegt noch unbe¬
stimmt im Schooße der Zeit begraben. Deutschland, das hierbei mit¬
telbar betheiligt ist, dürfte wohlthun, diefer Frage ein aufmerksames
A -- ?? -- uge zu schenken.


II.
Aus Berlin.

Zweckessen und deutsche Einigkeit beim Champagner. -- Verein für das Wohl
der Hand- und Fabrikarbeiter. -- Eine Marine von Gudin auf der Kunst¬
ausstellung.-- Die Tantwmeö an der königlichen Bühne.

Feste reihen sich an Feste, d. h. ein Essen folgt immer dem an¬
deren; ja, man weiß sich seit Menschengedenken nicht zu erinnern,
daß hier in einer Woche so viele Flaschen geleert worden, wie in der
vorigen. Selbst die Naturforscher und Aerzte, von denen doch be¬
kannt ist, daß sie in diesen Stücken etwas zu leisten vermögen, haben
es bei ihren denkwürdigen Festessen in Berlin nicht so weit bringen
können, als die Seiden-, Baumwollen-, Wollen- und Leinensabri-
kanten, die sich nebst den Maschinenbauern und Eisenarbeitern aus
allen deutschen Gauen hier versammelt hatten. Ja, das war eine
Einigkeit, schöner, als sie je in Regensburg und selbst in Frankfurt
am Main geherrscht, wo dock) die Protokolle auch immer, und zwar
mit echtem Schloß Johannisberger besiegelt werden. Zwar ist behaup¬
tet worden, unsere GeWerbeausstellung habe Nichts für die Agricultur
gethan, welche doch die Mutter aller Gewerbe sei, aber das war
pure Verleumdung, denn für den Weinbau haben die deutschen Aus¬
steller das höchste Interesse gezeigt, und zwar mit zeitgemäßer Besel-


hinzu — würde der überwiegende Stand des österreichischen Hauses
das Königreich beider Sizilien ander Erweiterung seiner Macht hindern,
auf die es vereint mit den Interessen Frankreichs sicher rechnen dürfte.
— Diese Ueberredungskraft des Pariser Eabinets hat seine Früchte
bereits getragen, und würde Discretion nicht in gewissen Fallen die
Pflicht eines jeden Mannes von Ehre sein, so könnte ich Ihnen leicht
ein eclatantes Beispiel aus der allerletzten Zeit citiren, wo der König
nebst der Königin nach Calabrien — statt anderswohin — eine Reise
antrat. — Der Umstand, daß der Herzog von Aumale nunmehr
bestimmt als Bräutigam der Prinzessin von Salerno genannt wird,
ist weniger in Anschlag zu bringen, einerseits weil bei dem unabhän¬
gigen Charakter des Königs verwandtschaftliche Verhältnisse sehr gering
in die Waagschale fallen, andererseits weil der Oheim des Königs,
der Prinz von Salerno, ohne allen Einfluß auf die Staatspolitik ist.
Der reiche Herzog von Aumale ist blos eine sogenannte gute Par¬
tie, da die junge Prinzessin ein nur sehr geringes, wenn nicht gar
kein Vermögen besitzt. Ob die Verhältnisse zu Frankreich später einen
bindenden Charakter im Ganzen einnehmen werden, liegt noch unbe¬
stimmt im Schooße der Zeit begraben. Deutschland, das hierbei mit¬
telbar betheiligt ist, dürfte wohlthun, diefer Frage ein aufmerksames
A — ?? — uge zu schenken.


II.
Aus Berlin.

Zweckessen und deutsche Einigkeit beim Champagner. — Verein für das Wohl
der Hand- und Fabrikarbeiter. — Eine Marine von Gudin auf der Kunst¬
ausstellung.— Die Tantwmeö an der königlichen Bühne.

Feste reihen sich an Feste, d. h. ein Essen folgt immer dem an¬
deren; ja, man weiß sich seit Menschengedenken nicht zu erinnern,
daß hier in einer Woche so viele Flaschen geleert worden, wie in der
vorigen. Selbst die Naturforscher und Aerzte, von denen doch be¬
kannt ist, daß sie in diesen Stücken etwas zu leisten vermögen, haben
es bei ihren denkwürdigen Festessen in Berlin nicht so weit bringen
können, als die Seiden-, Baumwollen-, Wollen- und Leinensabri-
kanten, die sich nebst den Maschinenbauern und Eisenarbeitern aus
allen deutschen Gauen hier versammelt hatten. Ja, das war eine
Einigkeit, schöner, als sie je in Regensburg und selbst in Frankfurt
am Main geherrscht, wo dock) die Protokolle auch immer, und zwar
mit echtem Schloß Johannisberger besiegelt werden. Zwar ist behaup¬
tet worden, unsere GeWerbeausstellung habe Nichts für die Agricultur
gethan, welche doch die Mutter aller Gewerbe sei, aber das war
pure Verleumdung, denn für den Weinbau haben die deutschen Aus¬
steller das höchste Interesse gezeigt, und zwar mit zeitgemäßer Besel-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0186" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181370"/>
            <p xml:id="ID_519" prev="#ID_518"> hinzu &#x2014; würde der überwiegende Stand des österreichischen Hauses<lb/>
das Königreich beider Sizilien ander Erweiterung seiner Macht hindern,<lb/>
auf die es vereint mit den Interessen Frankreichs sicher rechnen dürfte.<lb/>
&#x2014; Diese Ueberredungskraft des Pariser Eabinets hat seine Früchte<lb/>
bereits getragen, und würde Discretion nicht in gewissen Fallen die<lb/>
Pflicht eines jeden Mannes von Ehre sein, so könnte ich Ihnen leicht<lb/>
ein eclatantes Beispiel aus der allerletzten Zeit citiren, wo der König<lb/>
nebst der Königin nach Calabrien &#x2014; statt anderswohin &#x2014; eine Reise<lb/>
antrat. &#x2014; Der Umstand, daß der Herzog von Aumale nunmehr<lb/>
bestimmt als Bräutigam der Prinzessin von Salerno genannt wird,<lb/>
ist weniger in Anschlag zu bringen, einerseits weil bei dem unabhän¬<lb/>
gigen Charakter des Königs verwandtschaftliche Verhältnisse sehr gering<lb/>
in die Waagschale fallen, andererseits weil der Oheim des Königs,<lb/>
der Prinz von Salerno, ohne allen Einfluß auf die Staatspolitik ist.<lb/>
Der reiche Herzog von Aumale ist blos eine sogenannte gute Par¬<lb/>
tie, da die junge Prinzessin ein nur sehr geringes, wenn nicht gar<lb/>
kein Vermögen besitzt. Ob die Verhältnisse zu Frankreich später einen<lb/>
bindenden Charakter im Ganzen einnehmen werden, liegt noch unbe¬<lb/>
stimmt im Schooße der Zeit begraben. Deutschland, das hierbei mit¬<lb/>
telbar betheiligt ist, dürfte wohlthun, diefer Frage ein aufmerksames<lb/>
A<note type="byline"> &#x2014; ?? &#x2014;</note> uge zu schenken. </p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> II.<lb/>
Aus Berlin.</head><lb/>
            <note type="argument"> Zweckessen und deutsche Einigkeit beim Champagner. &#x2014; Verein für das Wohl<lb/>
der Hand- und Fabrikarbeiter. &#x2014; Eine Marine von Gudin auf der Kunst¬<lb/>
ausstellung.&#x2014; Die Tantwmeö an der königlichen Bühne.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_520" next="#ID_521"> Feste reihen sich an Feste, d. h. ein Essen folgt immer dem an¬<lb/>
deren; ja, man weiß sich seit Menschengedenken nicht zu erinnern,<lb/>
daß hier in einer Woche so viele Flaschen geleert worden, wie in der<lb/>
vorigen. Selbst die Naturforscher und Aerzte, von denen doch be¬<lb/>
kannt ist, daß sie in diesen Stücken etwas zu leisten vermögen, haben<lb/>
es bei ihren denkwürdigen Festessen in Berlin nicht so weit bringen<lb/>
können, als die Seiden-, Baumwollen-, Wollen- und Leinensabri-<lb/>
kanten, die sich nebst den Maschinenbauern und Eisenarbeitern aus<lb/>
allen deutschen Gauen hier versammelt hatten. Ja, das war eine<lb/>
Einigkeit, schöner, als sie je in Regensburg und selbst in Frankfurt<lb/>
am Main geherrscht, wo dock) die Protokolle auch immer, und zwar<lb/>
mit echtem Schloß Johannisberger besiegelt werden. Zwar ist behaup¬<lb/>
tet worden, unsere GeWerbeausstellung habe Nichts für die Agricultur<lb/>
gethan, welche doch die Mutter aller Gewerbe sei, aber das war<lb/>
pure Verleumdung, denn für den Weinbau haben die deutschen Aus¬<lb/>
steller das höchste Interesse gezeigt, und zwar mit zeitgemäßer Besel-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0186] hinzu — würde der überwiegende Stand des österreichischen Hauses das Königreich beider Sizilien ander Erweiterung seiner Macht hindern, auf die es vereint mit den Interessen Frankreichs sicher rechnen dürfte. — Diese Ueberredungskraft des Pariser Eabinets hat seine Früchte bereits getragen, und würde Discretion nicht in gewissen Fallen die Pflicht eines jeden Mannes von Ehre sein, so könnte ich Ihnen leicht ein eclatantes Beispiel aus der allerletzten Zeit citiren, wo der König nebst der Königin nach Calabrien — statt anderswohin — eine Reise antrat. — Der Umstand, daß der Herzog von Aumale nunmehr bestimmt als Bräutigam der Prinzessin von Salerno genannt wird, ist weniger in Anschlag zu bringen, einerseits weil bei dem unabhän¬ gigen Charakter des Königs verwandtschaftliche Verhältnisse sehr gering in die Waagschale fallen, andererseits weil der Oheim des Königs, der Prinz von Salerno, ohne allen Einfluß auf die Staatspolitik ist. Der reiche Herzog von Aumale ist blos eine sogenannte gute Par¬ tie, da die junge Prinzessin ein nur sehr geringes, wenn nicht gar kein Vermögen besitzt. Ob die Verhältnisse zu Frankreich später einen bindenden Charakter im Ganzen einnehmen werden, liegt noch unbe¬ stimmt im Schooße der Zeit begraben. Deutschland, das hierbei mit¬ telbar betheiligt ist, dürfte wohlthun, diefer Frage ein aufmerksames A — ?? — uge zu schenken. II. Aus Berlin. Zweckessen und deutsche Einigkeit beim Champagner. — Verein für das Wohl der Hand- und Fabrikarbeiter. — Eine Marine von Gudin auf der Kunst¬ ausstellung.— Die Tantwmeö an der königlichen Bühne. Feste reihen sich an Feste, d. h. ein Essen folgt immer dem an¬ deren; ja, man weiß sich seit Menschengedenken nicht zu erinnern, daß hier in einer Woche so viele Flaschen geleert worden, wie in der vorigen. Selbst die Naturforscher und Aerzte, von denen doch be¬ kannt ist, daß sie in diesen Stücken etwas zu leisten vermögen, haben es bei ihren denkwürdigen Festessen in Berlin nicht so weit bringen können, als die Seiden-, Baumwollen-, Wollen- und Leinensabri- kanten, die sich nebst den Maschinenbauern und Eisenarbeitern aus allen deutschen Gauen hier versammelt hatten. Ja, das war eine Einigkeit, schöner, als sie je in Regensburg und selbst in Frankfurt am Main geherrscht, wo dock) die Protokolle auch immer, und zwar mit echtem Schloß Johannisberger besiegelt werden. Zwar ist behaup¬ tet worden, unsere GeWerbeausstellung habe Nichts für die Agricultur gethan, welche doch die Mutter aller Gewerbe sei, aber das war pure Verleumdung, denn für den Weinbau haben die deutschen Aus¬ steller das höchste Interesse gezeigt, und zwar mit zeitgemäßer Besel-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/186
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/186>, abgerufen am 27.07.2024.