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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Wiener Kunstausstellung



Ich muß unnnllkürlich lächeln, während ich diesen Titel hin¬
schreibe. -- Wiener Kunstausstellung! Ja, wäre ich Heine, der
über Nichts Alles zu sagen weiß, oder Meinert aus der Theater¬
zeitung, der über ein Heiligenbild Dittenbergcr's mit der größten
Salbung tradirt, ohne auch nur eine Miene zu verziehen! Aber Sie
verlangen einen Bericht, tu t'-is voulu, Keorxe v-in-Jm, tu t'us voulu.--
Nach diesem Anfang glaubt vielleicht der Leser, daß ich uns Oester¬
reichern Nichts zutraue, z. B. kein Talent, kein Verständniß? -- Gott
bewahre, ich habe den größten Respect vor uns, und kämen heute
zehntausend norddeutsche und negirten uns Alles weg, Theodor
Mundt an der Spitze, sie negirten mein Vertrauen zu uns nicht
weg. -- Man gebe nur Bauer einen Marmorblock, und er stellt
euch eine Madonna, Venus, Apollo oder Christus her, so schön wie
einer im weiten deutschen Reiche. -- Man gebe L'Allemant zehn¬
tausend Gulden, und er malt euch eine Historie hin, so grandios,
wie sie Grabbe beschreibt. Ich will nur beispielsweise die beiden
nennen; von vielen andern ausgezeichneten Talenten, die einst ruhm¬
los zum Orcus niedersteigen, gar nicht zu reden. Aber man gibt
Leuten wie Bauer und L'Allemant weder einen Marmorblock noch
zehntausend Gulden, und darum ist die Kunstausstellung mager, p-m-
vrointonote.

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Die Sonne der hohen und allerhöchsten Gnaden leuchtet nur
auf die Häupter der Italiener und begeistert sie zu Kunstwerken, wie
die erbärmlichen: Foskari von -- ich glaube, Grigoletti hieß der
große Mann, oder zu Gebilden in Erz wie die unästhetische Statue
des Kaiser Franz in Graz, vom Cavalliere Marchese ausgeführt.
Man olltewirklilauben, Marchese sei ein geheimer Carbonaro


Gr-Njbotcn Isi". N. 7
Wiener Kunstausstellung



Ich muß unnnllkürlich lächeln, während ich diesen Titel hin¬
schreibe. — Wiener Kunstausstellung! Ja, wäre ich Heine, der
über Nichts Alles zu sagen weiß, oder Meinert aus der Theater¬
zeitung, der über ein Heiligenbild Dittenbergcr's mit der größten
Salbung tradirt, ohne auch nur eine Miene zu verziehen! Aber Sie
verlangen einen Bericht, tu t'-is voulu, Keorxe v-in-Jm, tu t'us voulu.—
Nach diesem Anfang glaubt vielleicht der Leser, daß ich uns Oester¬
reichern Nichts zutraue, z. B. kein Talent, kein Verständniß? — Gott
bewahre, ich habe den größten Respect vor uns, und kämen heute
zehntausend norddeutsche und negirten uns Alles weg, Theodor
Mundt an der Spitze, sie negirten mein Vertrauen zu uns nicht
weg. — Man gebe nur Bauer einen Marmorblock, und er stellt
euch eine Madonna, Venus, Apollo oder Christus her, so schön wie
einer im weiten deutschen Reiche. — Man gebe L'Allemant zehn¬
tausend Gulden, und er malt euch eine Historie hin, so grandios,
wie sie Grabbe beschreibt. Ich will nur beispielsweise die beiden
nennen; von vielen andern ausgezeichneten Talenten, die einst ruhm¬
los zum Orcus niedersteigen, gar nicht zu reden. Aber man gibt
Leuten wie Bauer und L'Allemant weder einen Marmorblock noch
zehntausend Gulden, und darum ist die Kunstausstellung mager, p-m-
vrointonote.

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Die Sonne der hohen und allerhöchsten Gnaden leuchtet nur
auf die Häupter der Italiener und begeistert sie zu Kunstwerken, wie
die erbärmlichen: Foskari von — ich glaube, Grigoletti hieß der
große Mann, oder zu Gebilden in Erz wie die unästhetische Statue
des Kaiser Franz in Graz, vom Cavalliere Marchese ausgeführt.
Man olltewirklilauben, Marchese sei ein geheimer Carbonaro


Gr-Njbotcn Isi«. N. 7
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[0057] Wiener Kunstausstellung Ich muß unnnllkürlich lächeln, während ich diesen Titel hin¬ schreibe. — Wiener Kunstausstellung! Ja, wäre ich Heine, der über Nichts Alles zu sagen weiß, oder Meinert aus der Theater¬ zeitung, der über ein Heiligenbild Dittenbergcr's mit der größten Salbung tradirt, ohne auch nur eine Miene zu verziehen! Aber Sie verlangen einen Bericht, tu t'-is voulu, Keorxe v-in-Jm, tu t'us voulu.— Nach diesem Anfang glaubt vielleicht der Leser, daß ich uns Oester¬ reichern Nichts zutraue, z. B. kein Talent, kein Verständniß? — Gott bewahre, ich habe den größten Respect vor uns, und kämen heute zehntausend norddeutsche und negirten uns Alles weg, Theodor Mundt an der Spitze, sie negirten mein Vertrauen zu uns nicht weg. — Man gebe nur Bauer einen Marmorblock, und er stellt euch eine Madonna, Venus, Apollo oder Christus her, so schön wie einer im weiten deutschen Reiche. — Man gebe L'Allemant zehn¬ tausend Gulden, und er malt euch eine Historie hin, so grandios, wie sie Grabbe beschreibt. Ich will nur beispielsweise die beiden nennen; von vielen andern ausgezeichneten Talenten, die einst ruhm¬ los zum Orcus niedersteigen, gar nicht zu reden. Aber man gibt Leuten wie Bauer und L'Allemant weder einen Marmorblock noch zehntausend Gulden, und darum ist die Kunstausstellung mager, p-m- vrointonote. ,^ Die Sonne der hohen und allerhöchsten Gnaden leuchtet nur auf die Häupter der Italiener und begeistert sie zu Kunstwerken, wie die erbärmlichen: Foskari von — ich glaube, Grigoletti hieß der große Mann, oder zu Gebilden in Erz wie die unästhetische Statue des Kaiser Franz in Graz, vom Cavalliere Marchese ausgeführt. Man olltewirklilauben, Marchese sei ein geheimer Carbonaro Gr-Njbotcn Isi«. N. 7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/57>, abgerufen am 22.12.2024.