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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Die Gcwerbeausstellung zog trotz der bisherigen schlechten Wit¬
terung zahlreiche Fremde hierher, von denen jedoch für die nächsten
Wochen eine noch viel größere Anzahl erwartet wird. Der König
wird, wie es heißt, am 10. September auf einige Tage hier ein¬
treffen, um sowohl die Gewerbe-, als die jetzt eben auch eröffnete
große Blumen-, Frucht- und Gemüse-Ausstellung zu besichtigen, die
in ihrer Art noch merkwürdiger ist als jene, denn sie zeigt, was
Kunst und Fleiß Alles in einer von der Natur so vernachlässigten
Sandgegend, wie die Berlinische, dem Boden zu entlocken vermögen.
Man glaubt sich durch diese Ausstellung in die fruchtbarsten Gefilde
Deutschlands versetzt und hofft, daß das improvisirte Local, welches
dazu dem Zeughause und der GeWerbeausstellung gegenüber errichtet
worden, in der Folge zu einem permanenten Blumcnmarkt, wie ihn
die Pariser besitzen, benutzt werden wird.

Berlin hat mit seinen militärischen Befehlshabern kein Glück,
seine Commandanten bleiben höchstens ein bis zwei Jahre im Amt,
und kaum sind sie inthronisirt, so macht auch schon wieder der Tod
für ihren Nachfolger Platz. Kürzlich ist an dieser Stelle wieder ein
wackerer Mann gestorben, der General Lützow, ein Bruder des Man¬
nes, der die "wilde verwegene Jagd" commandirte und selber auch
ein tapferer Haudegen. Ich möchte keinem meiner Freunde rathen,
sein Nachfolger zu werden, da es mit dieser Stelle, die freilich im¬
mer nur alten müden Generalen zu Theil wird, ähnliche Bedenken
zu haben scheint, wie mit dem Sitz auf dem römischen Stuhl, der
auch seine wandelbaren Launen hat und nur mit Gregor XVI. eine
Ausnahme macht.

Unser junger Prinz Woldemar, ein Bruder der Kronprinzessin
von Baiern, ist im Begriff, eine kleine Vergnügungsreise nach Ost¬
indien, Ceylon und China anzutreten, bei welcher Gelegenheit er
dann auf dem Rückwege dem Bischof Alexander in Jerusalem einen
Besuch abstatten will. Sein Bruder, Prinz Adalbert, hat bekannt¬
lich vor zwei Jahren eine Reise nach Brasilien gemacht. Prinz Al¬
brecht ist vor Kurzem aus Aegypten und dem Sennaar zurückgekehrt.
Es wird demnach bald keinen Welttheil mehr geben, de nicht einer
nJustus. unserer jüngeren Prinzen gesehen hat.


III.
Notizen.

Zeitgemäße Anekdote. -- Das junae England.--^Wicsner und Tengoborsky.--
Mehemed Ali. -- Enthüllungen über Rußland.

^ Vor einiger Zeit stand in Potsdam ein alter, /A"
Kreuz geschmückter und mit Narben bedeckter Soldat vor dem Schloß,
um dem König, der eben ausfahren wollte, eine Bittschrift zu über-


Die Gcwerbeausstellung zog trotz der bisherigen schlechten Wit¬
terung zahlreiche Fremde hierher, von denen jedoch für die nächsten
Wochen eine noch viel größere Anzahl erwartet wird. Der König
wird, wie es heißt, am 10. September auf einige Tage hier ein¬
treffen, um sowohl die Gewerbe-, als die jetzt eben auch eröffnete
große Blumen-, Frucht- und Gemüse-Ausstellung zu besichtigen, die
in ihrer Art noch merkwürdiger ist als jene, denn sie zeigt, was
Kunst und Fleiß Alles in einer von der Natur so vernachlässigten
Sandgegend, wie die Berlinische, dem Boden zu entlocken vermögen.
Man glaubt sich durch diese Ausstellung in die fruchtbarsten Gefilde
Deutschlands versetzt und hofft, daß das improvisirte Local, welches
dazu dem Zeughause und der GeWerbeausstellung gegenüber errichtet
worden, in der Folge zu einem permanenten Blumcnmarkt, wie ihn
die Pariser besitzen, benutzt werden wird.

Berlin hat mit seinen militärischen Befehlshabern kein Glück,
seine Commandanten bleiben höchstens ein bis zwei Jahre im Amt,
und kaum sind sie inthronisirt, so macht auch schon wieder der Tod
für ihren Nachfolger Platz. Kürzlich ist an dieser Stelle wieder ein
wackerer Mann gestorben, der General Lützow, ein Bruder des Man¬
nes, der die „wilde verwegene Jagd" commandirte und selber auch
ein tapferer Haudegen. Ich möchte keinem meiner Freunde rathen,
sein Nachfolger zu werden, da es mit dieser Stelle, die freilich im¬
mer nur alten müden Generalen zu Theil wird, ähnliche Bedenken
zu haben scheint, wie mit dem Sitz auf dem römischen Stuhl, der
auch seine wandelbaren Launen hat und nur mit Gregor XVI. eine
Ausnahme macht.

Unser junger Prinz Woldemar, ein Bruder der Kronprinzessin
von Baiern, ist im Begriff, eine kleine Vergnügungsreise nach Ost¬
indien, Ceylon und China anzutreten, bei welcher Gelegenheit er
dann auf dem Rückwege dem Bischof Alexander in Jerusalem einen
Besuch abstatten will. Sein Bruder, Prinz Adalbert, hat bekannt¬
lich vor zwei Jahren eine Reise nach Brasilien gemacht. Prinz Al¬
brecht ist vor Kurzem aus Aegypten und dem Sennaar zurückgekehrt.
Es wird demnach bald keinen Welttheil mehr geben, de nicht einer
nJustus. unserer jüngeren Prinzen gesehen hat.


III.
Notizen.

Zeitgemäße Anekdote. — Das junae England.—^Wicsner und Tengoborsky.—
Mehemed Ali. — Enthüllungen über Rußland.

^ Vor einiger Zeit stand in Potsdam ein alter, /A"
Kreuz geschmückter und mit Narben bedeckter Soldat vor dem Schloß,
um dem König, der eben ausfahren wollte, eine Bittschrift zu über-


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[0526] Die Gcwerbeausstellung zog trotz der bisherigen schlechten Wit¬ terung zahlreiche Fremde hierher, von denen jedoch für die nächsten Wochen eine noch viel größere Anzahl erwartet wird. Der König wird, wie es heißt, am 10. September auf einige Tage hier ein¬ treffen, um sowohl die Gewerbe-, als die jetzt eben auch eröffnete große Blumen-, Frucht- und Gemüse-Ausstellung zu besichtigen, die in ihrer Art noch merkwürdiger ist als jene, denn sie zeigt, was Kunst und Fleiß Alles in einer von der Natur so vernachlässigten Sandgegend, wie die Berlinische, dem Boden zu entlocken vermögen. Man glaubt sich durch diese Ausstellung in die fruchtbarsten Gefilde Deutschlands versetzt und hofft, daß das improvisirte Local, welches dazu dem Zeughause und der GeWerbeausstellung gegenüber errichtet worden, in der Folge zu einem permanenten Blumcnmarkt, wie ihn die Pariser besitzen, benutzt werden wird. Berlin hat mit seinen militärischen Befehlshabern kein Glück, seine Commandanten bleiben höchstens ein bis zwei Jahre im Amt, und kaum sind sie inthronisirt, so macht auch schon wieder der Tod für ihren Nachfolger Platz. Kürzlich ist an dieser Stelle wieder ein wackerer Mann gestorben, der General Lützow, ein Bruder des Man¬ nes, der die „wilde verwegene Jagd" commandirte und selber auch ein tapferer Haudegen. Ich möchte keinem meiner Freunde rathen, sein Nachfolger zu werden, da es mit dieser Stelle, die freilich im¬ mer nur alten müden Generalen zu Theil wird, ähnliche Bedenken zu haben scheint, wie mit dem Sitz auf dem römischen Stuhl, der auch seine wandelbaren Launen hat und nur mit Gregor XVI. eine Ausnahme macht. Unser junger Prinz Woldemar, ein Bruder der Kronprinzessin von Baiern, ist im Begriff, eine kleine Vergnügungsreise nach Ost¬ indien, Ceylon und China anzutreten, bei welcher Gelegenheit er dann auf dem Rückwege dem Bischof Alexander in Jerusalem einen Besuch abstatten will. Sein Bruder, Prinz Adalbert, hat bekannt¬ lich vor zwei Jahren eine Reise nach Brasilien gemacht. Prinz Al¬ brecht ist vor Kurzem aus Aegypten und dem Sennaar zurückgekehrt. Es wird demnach bald keinen Welttheil mehr geben, de nicht einer nJustus. unserer jüngeren Prinzen gesehen hat. III. Notizen. Zeitgemäße Anekdote. — Das junae England.—^Wicsner und Tengoborsky.— Mehemed Ali. — Enthüllungen über Rußland. ^ Vor einiger Zeit stand in Potsdam ein alter, /A" Kreuz geschmückter und mit Narben bedeckter Soldat vor dem Schloß, um dem König, der eben ausfahren wollte, eine Bittschrift zu über-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/526>, abgerufen am 29.06.2024.