Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.T a g e b u es. l. Briefe aus Brüssel. Es giebt wohl wenig Städte in Europa, wo die Gesellschaft so viele !6
T a g e b u es. l. Briefe aus Brüssel. Es giebt wohl wenig Städte in Europa, wo die Gesellschaft so viele !6
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T a g e b u es.
l.
Briefe aus Brüssel.
Es giebt wohl wenig Städte in Europa, wo die Gesellschaft so viele
Factoren zählt, als hier. Ich habe Städte gesehen, welche 3, 4, 8 Mal so viel
Einwohner zählen als Brüssel, und in welchen das Leben einen bei weitem ein¬
heitlicheren Charakter trägt. Paris, London, Neapel zählen gewiß mehr Fremde
als Brüssel; aber sie verlieren sich in den weiten Falten der Gesammtheit: es
bleibt immer eine englische, eine französische, eine italienische Stadt. Dies ist kei¬
neswegs der Fall mit Brüssel. Wenn man sonst den Charakter eines Landes in
der Hauptstadt am leichtesten studiren kann, so ist es hier gerade umgekehrt:
nirgends lernt man Belgien weniger kennen, als in Brüssel selbst. In einer
einzigen Beziehung kann man die Stadt Brüssel als die Repräsentantin Bel¬
giens gelten lassen, insoweit nämlich Belgien ein Grenzland ist und als solches
die gemischtesten Elemente von Bevölkerung vereint. Dies spiegelt sich in der
Hauptstadt bis zum Uebermaße ab: es finden sich hier keine fünf Häuser neben
einander, in welchen die Bewohner ein und derselben Nation angehörten. Das
eine Haus ist von einem Flamänder bewohnt, das andere von einem Wallonen,
das dritte von einem Deutschen, das vierte von einem Engländer, das fünfte
von einem Holländer und das sechste, siebente und achte von Franzosen. Brüs¬
sel, das zur Zeit der holländischen Regierung an 73,000 Einwohner zählt, hat
jetzt mit Inbegriff seiner Vorstädte eine Bevölkerung von »30,000 Seelen.
Diesen Zuwachs bilden meist die Fremden, die sich seit 1830 hier niedergelassen.
Der lange Frieden hat allerdings fast jede größere Stadt Europas mit neuen
Bauten und Bergrößerungen beschenkt, doch nirgends in so hohem Grade wie
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