Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.die Fahne zu tragen, als mich von meinem Halstuch zu trennen, das man Wer weiß, wohin Barbet nicht hätte gebracht werden können, aus Sie runzeln die Stirne, Herr Augustin, -- Barbet scheint Ihnen ein Aber seien Sie ganz unbesorgt, die Sache wird in eine Posse aus¬ Ich habe einen Mann gekannt, der, zur Zeit der Julirevolution, -- Er bleibt drei Minuten aus, und tritt wieder herein, -- er gehört Das Volk. Ich habe vor einem Monat den Herrn Cormenin, in einem ihm gewid¬ die Fahne zu tragen, als mich von meinem Halstuch zu trennen, das man Wer weiß, wohin Barbet nicht hätte gebracht werden können, aus Sie runzeln die Stirne, Herr Augustin, — Barbet scheint Ihnen ein Aber seien Sie ganz unbesorgt, die Sache wird in eine Posse aus¬ Ich habe einen Mann gekannt, der, zur Zeit der Julirevolution, — Er bleibt drei Minuten aus, und tritt wieder herein, — er gehört Das Volk. Ich habe vor einem Monat den Herrn Cormenin, in einem ihm gewid¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179480" n="89" facs="#f0097"/> die Fahne zu tragen, als mich von meinem Halstuch zu trennen, das man<lb/> mir sonst gestohlen hätte.“</p><lb/> <p>Wer weiß, wohin Barbet nicht hätte gebracht werden können, aus<lb/> dem bloßen Grunde, daß er sein Halstuch nicht hergeben wollte; — wäre<lb/> die Meuterei geglückt, so hätte er ja König von Frankreich werden können,<lb/> unter dem Namen Barbet der Erste.</p><lb/> <p>Sie runzeln die Stirne, Herr Augustin, — Barbet scheint Ihnen ein<lb/> den Rechten, die Sie fast von der Nation erhalten hätten, gefährlicher<lb/> Mensch zu sein.</p><lb/> <p>Aber seien Sie ganz unbesorgt, die Sache wird in eine Posse aus¬<lb/> laufen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ich habe einen Mann gekannt, der, zur Zeit der Julirevolution, —<lb/> als er im Stadthause einen runden, von schreibenden Herren umgebenen,<lb/> Tisch sah, — an einer unbesetzten Ecke Platz nahm, — und dann erfuhr,<lb/> daß er dadurch allein Mitglied der provisorischen Regierung geworden sei;<lb/> — er machte sich also daran, gleich den Anderen, zu schreiben; — da kam<lb/> ihm das Bedürfniß, sich auf drei Minuten zu entfernen. — Zu welcher<lb/> Regierung aus dem Stegreife man auch gehören, wie sehr man sich auch<lb/> für verpflichtet erachten mag, seine Zeit dem Vaterlande zu widmen, —<lb/> die Natur hat unmaßgebliche Gesetze; — unser Mann geht hinaus, und<lb/> läßt seinen Hut auf dem Platze liegen.</p><lb/> <p>Er bleibt drei Minuten aus, und tritt wieder herein, — er gehört<lb/> nicht mehr zur Regierung. — Ein anderer Herr hatte sich an seinen Platz<lb/> gesetzt — und stieß ihn mit dem Ellenbogen zurück. — Wenigstens, sagte<lb/> jener, geben Sie mir meinen Hut wieder. — Man gab ihm den Hut<lb/> wieder.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>Das Volk.</head><lb/> <p>Ich habe vor einem Monat den Herrn Cormenin, in einem ihm gewid¬<lb/> meten Capitel, gefragt, was er unter Volk verstehe. Diese Frage ist seit vier¬<lb/> zehn Tagen der Gegenstand lebhafter Debatten in den Tageblättern. Bei<lb/> Gelegenheit dieser Frage sah man, um ein Gleichnis) Friedrichs des Großen<lb/> zu gebrauchen, eine Sündfluch von Worten auf eine wüste Einöde von Ge¬<lb/> danken herabregnen. Das Volk, als ein Theil des in sich zerrissenen und zer¬<lb/> spaltenen Landes, existirte nicht. Denn soll ein Ding existiren, so muß man<lb/> sagen können, wo es anfängt und wo es aufhört. So verschieden auch Eure<lb/> politischen Ansichten von den meinigen sein mögen, ihr könnt mir nicht leug¬<lb/> nen, daß ein Apfel ein Apfel ist. Wenn ihr mir einen Soldaten zeigt und<lb/> sagt: das ist ein Soldat, so kann ich nicht erwiedern: es ist kein Soldat.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0097]
die Fahne zu tragen, als mich von meinem Halstuch zu trennen, das man
mir sonst gestohlen hätte.“
Wer weiß, wohin Barbet nicht hätte gebracht werden können, aus
dem bloßen Grunde, daß er sein Halstuch nicht hergeben wollte; — wäre
die Meuterei geglückt, so hätte er ja König von Frankreich werden können,
unter dem Namen Barbet der Erste.
Sie runzeln die Stirne, Herr Augustin, — Barbet scheint Ihnen ein
den Rechten, die Sie fast von der Nation erhalten hätten, gefährlicher
Mensch zu sein.
Aber seien Sie ganz unbesorgt, die Sache wird in eine Posse aus¬
laufen.
Ich habe einen Mann gekannt, der, zur Zeit der Julirevolution, —
als er im Stadthause einen runden, von schreibenden Herren umgebenen,
Tisch sah, — an einer unbesetzten Ecke Platz nahm, — und dann erfuhr,
daß er dadurch allein Mitglied der provisorischen Regierung geworden sei;
— er machte sich also daran, gleich den Anderen, zu schreiben; — da kam
ihm das Bedürfniß, sich auf drei Minuten zu entfernen. — Zu welcher
Regierung aus dem Stegreife man auch gehören, wie sehr man sich auch
für verpflichtet erachten mag, seine Zeit dem Vaterlande zu widmen, —
die Natur hat unmaßgebliche Gesetze; — unser Mann geht hinaus, und
läßt seinen Hut auf dem Platze liegen.
Er bleibt drei Minuten aus, und tritt wieder herein, — er gehört
nicht mehr zur Regierung. — Ein anderer Herr hatte sich an seinen Platz
gesetzt — und stieß ihn mit dem Ellenbogen zurück. — Wenigstens, sagte
jener, geben Sie mir meinen Hut wieder. — Man gab ihm den Hut
wieder.
Das Volk.
Ich habe vor einem Monat den Herrn Cormenin, in einem ihm gewid¬
meten Capitel, gefragt, was er unter Volk verstehe. Diese Frage ist seit vier¬
zehn Tagen der Gegenstand lebhafter Debatten in den Tageblättern. Bei
Gelegenheit dieser Frage sah man, um ein Gleichnis) Friedrichs des Großen
zu gebrauchen, eine Sündfluch von Worten auf eine wüste Einöde von Ge¬
danken herabregnen. Das Volk, als ein Theil des in sich zerrissenen und zer¬
spaltenen Landes, existirte nicht. Denn soll ein Ding existiren, so muß man
sagen können, wo es anfängt und wo es aufhört. So verschieden auch Eure
politischen Ansichten von den meinigen sein mögen, ihr könnt mir nicht leug¬
nen, daß ein Apfel ein Apfel ist. Wenn ihr mir einen Soldaten zeigt und
sagt: das ist ein Soldat, so kann ich nicht erwiedern: es ist kein Soldat.
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