gen deine ärgsten Feinde werden. Diese Herrschaft über sich selbst hat die Gutzkow'sche Kritik in ihren wärmsten Umarmungen. Wir kennen seit Voltaire keinen Schriftsteller, der mit noch so feinem Lobe, dennoch so wenig sich engagirt.
Lewald.
Lewalds Wohnhaus in Baden-Baden wird von allen Reisenden als ein kleiner Feenpallast geschildert. Die reizendste Naturumgebung, die schönste Fernsicht aus allen Fenstern, und im Innern Alles was Comfort und ein sinnreicher Luxus einem moder¬ nen Epicuräer in so vollem Maaße bieten. Wo ist Gleim mit seinem Hüttchen? Die neue Literatur hat dem Strohdache Valet gesagt; Lorenz Kindlein ist eine abgespielte Komödie. Und es ist gut so. Unsere Schriftsteller haben lange genug als Krautjunker und Bettelmusikanten bei den Franzosen gegolten. Es ist Zeit, daß wir unsern Nach¬ barn zeigen, daß wir nicht nur zu denken, sondern auch zu leben wissen. Baden-Baden ist ein Absteigquartier für französische Reisende. Es ist recht gut, daß Lewald dort die Honneurs macht. Jules Janin soll keine Witze machen über die Wohnung eines deut¬ schen Literaten.
Ein gerechtes Urtheil.
Die "Europa" hat ganz recht, den Jubel in einigen deutschen Städten über Thor¬ waldsen affectirt und lächerlich zu finden. Dänemark mag jubeln, weil es ihn den Sei¬ nigen nennt, und Kopenhagen seine Apostel besitzt. Deutschland hat gar nicht Ursache, über die Spätwerke, die es von Thorwaldsen's Meißel erhielt, zu jubeln; weder Mainz, wegen der nichtssagenden Figur Guttenberg's, noch Stuttgart, wegen der bedrückten Schulmeistergestalt, die uns den Sänger der Freiheit und der Seelengröße, den Schöpfer des Marquis Poser, und des Wallenstein, vorstellen soll. Aber Thorwaldsen arbeitete den Guttenberg, ohne Geld dafür zu nehmen u. s. w., und darüber sind denn freilich die Deutschen hingerissen. Bei alle dem, wenn Mainz, wenn Stuttgart ihm verbindlich sein mußten, an andern Orten war kein Grund zum Jubeln. Dergleichen kann wirklich, wie das Tabackrauchen, ohne Bedürfniß zur Gewohnheit werden; beides geschieht aus Lust, sich zu betäuben. -- Rauch hat Euren Albrecht Dürer, Euren Blücher, und, die wenig¬ stens für Preußen gültigen, Scharnhorst und Bülow, gemeißelt. Diese Gestalten auf deutschem Boden sind bei weitem deutscher, edler und genialer gefaßt, als Thorwaldsen's Bildsäulen. -- (Zeit. für d. eleg. Welt.)
Laube als Dramatiker.
Das neue Drama "Monaldeschi", das auf eine etwas geheimnißvolle Weise, ohne Namensnennung des Verfassers, bei mehren großen deutschen Bühnen eingereicht worden, ist schon von vorn herein ein Gegenstand vielen Hin- und Hersprechens. In Wien und Berlin wurde es der Intendanz vom Fürsten Pückler zugesendet; in Stuttgart, Dresden und andern Orts, wurde es von Heinrich Laube eingereicht. Fast alle Journale nennen Laube als Verfasser desselben. Ein Brief, den wir vor wenigen Tagen von werther
5*
gen deine ärgsten Feinde werden. Diese Herrschaft über sich selbst hat die Gutzkow'sche Kritik in ihren wärmsten Umarmungen. Wir kennen seit Voltaire keinen Schriftsteller, der mit noch so feinem Lobe, dennoch so wenig sich engagirt.
Lewald.
Lewalds Wohnhaus in Baden-Baden wird von allen Reisenden als ein kleiner Feenpallast geschildert. Die reizendste Naturumgebung, die schönste Fernsicht aus allen Fenstern, und im Innern Alles was Comfort und ein sinnreicher Luxus einem moder¬ nen Epicuräer in so vollem Maaße bieten. Wo ist Gleim mit seinem Hüttchen? Die neue Literatur hat dem Strohdache Valet gesagt; Lorenz Kindlein ist eine abgespielte Komödie. Und es ist gut so. Unsere Schriftsteller haben lange genug als Krautjunker und Bettelmusikanten bei den Franzosen gegolten. Es ist Zeit, daß wir unsern Nach¬ barn zeigen, daß wir nicht nur zu denken, sondern auch zu leben wissen. Baden-Baden ist ein Absteigquartier für französische Reisende. Es ist recht gut, daß Lewald dort die Honneurs macht. Jules Janin soll keine Witze machen über die Wohnung eines deut¬ schen Literaten.
Ein gerechtes Urtheil.
Die „Europa“ hat ganz recht, den Jubel in einigen deutschen Städten über Thor¬ waldsen affectirt und lächerlich zu finden. Dänemark mag jubeln, weil es ihn den Sei¬ nigen nennt, und Kopenhagen seine Apostel besitzt. Deutschland hat gar nicht Ursache, über die Spätwerke, die es von Thorwaldsen's Meißel erhielt, zu jubeln; weder Mainz, wegen der nichtssagenden Figur Guttenberg's, noch Stuttgart, wegen der bedrückten Schulmeistergestalt, die uns den Sänger der Freiheit und der Seelengröße, den Schöpfer des Marquis Poser, und des Wallenstein, vorstellen soll. Aber Thorwaldsen arbeitete den Guttenberg, ohne Geld dafür zu nehmen u. s. w., und darüber sind denn freilich die Deutschen hingerissen. Bei alle dem, wenn Mainz, wenn Stuttgart ihm verbindlich sein mußten, an andern Orten war kein Grund zum Jubeln. Dergleichen kann wirklich, wie das Tabackrauchen, ohne Bedürfniß zur Gewohnheit werden; beides geschieht aus Lust, sich zu betäuben. — Rauch hat Euren Albrecht Dürer, Euren Blücher, und, die wenig¬ stens für Preußen gültigen, Scharnhorst und Bülow, gemeißelt. Diese Gestalten auf deutschem Boden sind bei weitem deutscher, edler und genialer gefaßt, als Thorwaldsen's Bildsäulen. — (Zeit. für d. eleg. Welt.)
Laube als Dramatiker.
Das neue Drama „Monaldeschi“, das auf eine etwas geheimnißvolle Weise, ohne Namensnennung des Verfassers, bei mehren großen deutschen Bühnen eingereicht worden, ist schon von vorn herein ein Gegenstand vielen Hin- und Hersprechens. In Wien und Berlin wurde es der Intendanz vom Fürsten Pückler zugesendet; in Stuttgart, Dresden und andern Orts, wurde es von Heinrich Laube eingereicht. Fast alle Journale nennen Laube als Verfasser desselben. Ein Brief, den wir vor wenigen Tagen von werther
5*
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="diaryEntry"n="2"><p><pbcorresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179426"facs="#f0043"n="35"/>
gen deine ärgsten Feinde werden. Diese Herrschaft über sich selbst hat die Gutzkow'sche<lb/>
Kritik in ihren wärmsten Umarmungen. Wir kennen seit Voltaire keinen Schriftsteller,<lb/>
der mit noch so feinem Lobe, dennoch so wenig sich engagirt.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divtype="diaryEntry"n="2"><head>Lewald.</head><lb/><p>Lewalds Wohnhaus in Baden-Baden wird von allen Reisenden als ein kleiner<lb/>
Feenpallast geschildert. Die reizendste Naturumgebung, die schönste Fernsicht aus allen<lb/>
Fenstern, und im Innern Alles was Comfort und ein sinnreicher Luxus einem moder¬<lb/>
nen Epicuräer in so vollem Maaße bieten. Wo ist Gleim mit seinem Hüttchen? Die<lb/>
neue Literatur hat dem Strohdache Valet gesagt; Lorenz Kindlein ist eine abgespielte<lb/>
Komödie. Und es ist gut so. Unsere Schriftsteller haben lange genug als Krautjunker<lb/>
und Bettelmusikanten bei den Franzosen gegolten. Es ist Zeit, daß wir unsern Nach¬<lb/>
barn zeigen, daß wir nicht nur zu denken, sondern auch zu leben wissen. Baden-Baden<lb/>
ist ein Absteigquartier für französische Reisende. Es ist recht gut, daß Lewald dort die<lb/>
Honneurs macht. Jules Janin soll keine Witze machen über die Wohnung eines deut¬<lb/>
schen Literaten.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divtype="diaryEntry"n="2"><head>Ein gerechtes Urtheil.</head><lb/><p>Die „Europa“ hat ganz recht, den Jubel in einigen deutschen Städten über Thor¬<lb/>
waldsen affectirt und lächerlich zu finden. Dänemark mag jubeln, weil es ihn den Sei¬<lb/>
nigen nennt, und Kopenhagen seine Apostel besitzt. Deutschland hat gar nicht Ursache,<lb/>
über die Spätwerke, die es von Thorwaldsen's Meißel erhielt, zu jubeln; weder Mainz,<lb/>
wegen der nichtssagenden Figur Guttenberg's, noch Stuttgart, wegen der bedrückten<lb/>
Schulmeistergestalt, die uns den Sänger der Freiheit und der Seelengröße, den Schöpfer<lb/>
des Marquis Poser, und des Wallenstein, vorstellen soll. Aber Thorwaldsen arbeitete<lb/>
den Guttenberg, ohne Geld dafür zu nehmen u. s. w., und darüber sind denn freilich die<lb/>
Deutschen hingerissen. Bei alle dem, wenn Mainz, wenn Stuttgart ihm verbindlich sein<lb/>
mußten, an andern Orten war kein Grund zum Jubeln. Dergleichen kann wirklich, wie<lb/>
das Tabackrauchen, ohne Bedürfniß zur Gewohnheit werden; beides geschieht aus Lust,<lb/>
sich zu betäuben. — Rauch hat Euren Albrecht Dürer, Euren Blücher, und, die wenig¬<lb/>
stens für Preußen gültigen, Scharnhorst und Bülow, gemeißelt. Diese Gestalten auf<lb/>
deutschem Boden sind bei weitem deutscher, edler und genialer gefaßt, als Thorwaldsen's<lb/>
Bildsäulen. — (Zeit. für d. eleg. Welt.)</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divtype="diaryEntry"n="2"><head>Laube als Dramatiker.</head><lb/><p>Das neue Drama „Monaldeschi“, das auf eine etwas geheimnißvolle Weise, ohne<lb/>
Namensnennung des Verfassers, bei mehren großen deutschen Bühnen eingereicht worden,<lb/>
ist schon von vorn herein ein Gegenstand vielen Hin- und Hersprechens. In Wien und<lb/>
Berlin wurde es der Intendanz vom Fürsten Pückler zugesendet; in Stuttgart, Dresden<lb/>
und andern Orts, wurde es von Heinrich Laube eingereicht. Fast alle Journale nennen<lb/>
Laube als Verfasser desselben. Ein Brief, den wir vor wenigen Tagen von werther<lb/><fwplace="bottom"type="sig">5*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[35/0043]
gen deine ärgsten Feinde werden. Diese Herrschaft über sich selbst hat die Gutzkow'sche
Kritik in ihren wärmsten Umarmungen. Wir kennen seit Voltaire keinen Schriftsteller,
der mit noch so feinem Lobe, dennoch so wenig sich engagirt.
Lewald.
Lewalds Wohnhaus in Baden-Baden wird von allen Reisenden als ein kleiner
Feenpallast geschildert. Die reizendste Naturumgebung, die schönste Fernsicht aus allen
Fenstern, und im Innern Alles was Comfort und ein sinnreicher Luxus einem moder¬
nen Epicuräer in so vollem Maaße bieten. Wo ist Gleim mit seinem Hüttchen? Die
neue Literatur hat dem Strohdache Valet gesagt; Lorenz Kindlein ist eine abgespielte
Komödie. Und es ist gut so. Unsere Schriftsteller haben lange genug als Krautjunker
und Bettelmusikanten bei den Franzosen gegolten. Es ist Zeit, daß wir unsern Nach¬
barn zeigen, daß wir nicht nur zu denken, sondern auch zu leben wissen. Baden-Baden
ist ein Absteigquartier für französische Reisende. Es ist recht gut, daß Lewald dort die
Honneurs macht. Jules Janin soll keine Witze machen über die Wohnung eines deut¬
schen Literaten.
Ein gerechtes Urtheil.
Die „Europa“ hat ganz recht, den Jubel in einigen deutschen Städten über Thor¬
waldsen affectirt und lächerlich zu finden. Dänemark mag jubeln, weil es ihn den Sei¬
nigen nennt, und Kopenhagen seine Apostel besitzt. Deutschland hat gar nicht Ursache,
über die Spätwerke, die es von Thorwaldsen's Meißel erhielt, zu jubeln; weder Mainz,
wegen der nichtssagenden Figur Guttenberg's, noch Stuttgart, wegen der bedrückten
Schulmeistergestalt, die uns den Sänger der Freiheit und der Seelengröße, den Schöpfer
des Marquis Poser, und des Wallenstein, vorstellen soll. Aber Thorwaldsen arbeitete
den Guttenberg, ohne Geld dafür zu nehmen u. s. w., und darüber sind denn freilich die
Deutschen hingerissen. Bei alle dem, wenn Mainz, wenn Stuttgart ihm verbindlich sein
mußten, an andern Orten war kein Grund zum Jubeln. Dergleichen kann wirklich, wie
das Tabackrauchen, ohne Bedürfniß zur Gewohnheit werden; beides geschieht aus Lust,
sich zu betäuben. — Rauch hat Euren Albrecht Dürer, Euren Blücher, und, die wenig¬
stens für Preußen gültigen, Scharnhorst und Bülow, gemeißelt. Diese Gestalten auf
deutschem Boden sind bei weitem deutscher, edler und genialer gefaßt, als Thorwaldsen's
Bildsäulen. — (Zeit. für d. eleg. Welt.)
Laube als Dramatiker.
Das neue Drama „Monaldeschi“, das auf eine etwas geheimnißvolle Weise, ohne
Namensnennung des Verfassers, bei mehren großen deutschen Bühnen eingereicht worden,
ist schon von vorn herein ein Gegenstand vielen Hin- und Hersprechens. In Wien und
Berlin wurde es der Intendanz vom Fürsten Pückler zugesendet; in Stuttgart, Dresden
und andern Orts, wurde es von Heinrich Laube eingereicht. Fast alle Journale nennen
Laube als Verfasser desselben. Ein Brief, den wir vor wenigen Tagen von werther
5*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-11-19T17:23:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1).
(2013-11-19T17:23:38Z)
Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/43>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.