Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
Auch ein Wort über die orangistische Verschwörung.


"A peine si le bruit de la revolution orangiste ou republicaine
s'etait-il repandu dans les rues de Bruxelles, qu'un immense eclat
de rire l'accueillit........."

Mehrere belgische Journale. --
"Wer lacht hier?..."
König Lear. --

Vielleicht haben unsere Leser bereits früher erwartet, daß wir in die¬
sen Blättern des Ereignisses erwähnen, welches Belgien in Erstaunen setzte.
Wenn wir uns bisher jeder Aeußerung enthielten, so hatten wir Grund
dazu. Fast alle belgische Journale haben diese Begebenheit mit Spott und
Lachen empfangen und begleitet; während wir aus vielfachen Rücksichten
uns peinlich davon berührt fühlten. Hätten wir dieser Empfindung früher
Worte geliehen, so würden wir die Rolle einer Eule unter lustig zwitschern¬
dem Gevögel gespielt haben. Erst jetzt, wo die Arbeiten des Untersuchungs¬
richters ausweisen, daß dieser unglückliche Vorfall tiefere Fäden hatte, und
bei weitem nicht so spaßhaft aussieht, als die lustigen Spaßvögel unserer
Tagesblätter es glaubten, erst jetzt halten wir es für schicklich, einigen ernst¬
haften Worten und Reflexionen Raum zu geben.

Fast alle belgische Journale haben das Ereigniß mit Spott und Ge¬
lächter empfangen. - Wie sollten sie nicht! An der Spitze der belgischen
Tagespresse stehen - mit wenigen Ausnahmen - Männer, die ihrer Ge¬
burt, ihrer Erziehung und ihren politischen Ansichten nach, einer Nation an¬
gehören, die bei solcher Gelegenheit nur lachen kann. Frankreich steht mit
seiner Macht an der Nordgrenze bereit; jeder Versuch den gegenwärtigen
Staatszustand in Belgien zu zerstören oder abzuändern, würde es in Sturm¬
schritt herbeiführen. Frankreich könnte kein größerer Gefallen geschehen, als
wenn ein bedeutender revolutionärer Versuch die Ordnung der Dinge in

22
Auch ein Wort über die orangistische Verschwörung.


„A peine si le bruit de la révolution orangiste ou républicaine
s'était-il répandu dans les rues de Bruxelles, qu'un immense éclat
de rire l'accueillit.........“

Mehrere belgische Journale. —
„Wer lacht hier?...“
König Lear. —

Vielleicht haben unsere Leser bereits früher erwartet, daß wir in die¬
sen Blättern des Ereignisses erwähnen, welches Belgien in Erstaunen setzte.
Wenn wir uns bisher jeder Aeußerung enthielten, so hatten wir Grund
dazu. Fast alle belgische Journale haben diese Begebenheit mit Spott und
Lachen empfangen und begleitet; während wir aus vielfachen Rücksichten
uns peinlich davon berührt fühlten. Hätten wir dieser Empfindung früher
Worte geliehen, so würden wir die Rolle einer Eule unter lustig zwitschern¬
dem Gevögel gespielt haben. Erst jetzt, wo die Arbeiten des Untersuchungs¬
richters ausweisen, daß dieser unglückliche Vorfall tiefere Fäden hatte, und
bei weitem nicht so spaßhaft aussieht, als die lustigen Spaßvögel unserer
Tagesblätter es glaubten, erst jetzt halten wir es für schicklich, einigen ernst¬
haften Worten und Reflexionen Raum zu geben.

Fast alle belgische Journale haben das Ereigniß mit Spott und Ge¬
lächter empfangen. – Wie sollten sie nicht! An der Spitze der belgischen
Tagespresse stehen – mit wenigen Ausnahmen – Männer, die ihrer Ge¬
burt, ihrer Erziehung und ihren politischen Ansichten nach, einer Nation an¬
gehören, die bei solcher Gelegenheit nur lachen kann. Frankreich steht mit
seiner Macht an der Nordgrenze bereit; jeder Versuch den gegenwärtigen
Staatszustand in Belgien zu zerstören oder abzuändern, würde es in Sturm¬
schritt herbeiführen. Frankreich könnte kein größerer Gefallen geschehen, als
wenn ein bedeutender revolutionärer Versuch die Ordnung der Dinge in

22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179556" facs="#f0173" n="165"/>
      <div n="1">
        <head>Auch ein Wort über die orangistische Verschwörung.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <quote> <hi rendition="#et">&#x201E;A peine si le bruit de la révolution orangiste ou républicaine<lb/>
s'était-il répandu dans les rues de Bruxelles, qu'un immense éclat<lb/>
de rire l'accueillit.........&#x201C;</hi> </quote><lb/>
        <bibl> <hi rendition="#g #right">Mehrere belgische Journale. &#x2014;</hi> </bibl><lb/>
        <quote> <hi rendition="#et">&#x201E;Wer lacht hier?...&#x201C;</hi> </quote><lb/>
        <bibl> <hi rendition="#g #right">König Lear. &#x2014;</hi> </bibl><lb/>
        <p>Vielleicht haben unsere Leser bereits früher erwartet, daß wir in die¬<lb/>
sen Blättern des Ereignisses erwähnen, welches Belgien in Erstaunen setzte.<lb/>
Wenn wir uns bisher jeder Aeußerung enthielten, so hatten wir Grund<lb/>
dazu. Fast alle belgische Journale haben diese Begebenheit mit Spott und<lb/>
Lachen empfangen und begleitet; während wir aus vielfachen Rücksichten<lb/>
uns peinlich davon berührt fühlten. Hätten wir dieser Empfindung früher<lb/>
Worte geliehen, so würden wir die Rolle einer Eule unter lustig zwitschern¬<lb/>
dem Gevögel gespielt haben. Erst jetzt, wo die Arbeiten des Untersuchungs¬<lb/>
richters ausweisen, daß dieser unglückliche Vorfall tiefere Fäden hatte, und<lb/>
bei weitem nicht so spaßhaft aussieht, als die lustigen Spaßvögel unserer<lb/>
Tagesblätter es glaubten, erst jetzt halten wir es für schicklich, einigen ernst¬<lb/>
haften Worten und Reflexionen Raum zu geben.</p><lb/>
        <p>Fast alle belgische Journale haben das Ereigniß mit Spott und Ge¬<lb/>
lächter empfangen. &#x2013; Wie sollten sie nicht! An der Spitze der belgischen<lb/>
Tagespresse stehen &#x2013; mit wenigen Ausnahmen &#x2013; Männer, die ihrer Ge¬<lb/>
burt, ihrer Erziehung und ihren politischen Ansichten nach, einer Nation an¬<lb/>
gehören, die bei solcher Gelegenheit nur lachen kann. Frankreich steht mit<lb/>
seiner Macht an der Nordgrenze bereit; jeder Versuch den gegenwärtigen<lb/>
Staatszustand in Belgien zu zerstören oder abzuändern, würde es in Sturm¬<lb/>
schritt herbeiführen. Frankreich könnte kein größerer Gefallen geschehen, als<lb/>
wenn ein bedeutender revolutionärer Versuch die Ordnung der Dinge in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">22</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0173] Auch ein Wort über die orangistische Verschwörung. „A peine si le bruit de la révolution orangiste ou républicaine s'était-il répandu dans les rues de Bruxelles, qu'un immense éclat de rire l'accueillit.........“ Mehrere belgische Journale. — „Wer lacht hier?...“ König Lear. — Vielleicht haben unsere Leser bereits früher erwartet, daß wir in die¬ sen Blättern des Ereignisses erwähnen, welches Belgien in Erstaunen setzte. Wenn wir uns bisher jeder Aeußerung enthielten, so hatten wir Grund dazu. Fast alle belgische Journale haben diese Begebenheit mit Spott und Lachen empfangen und begleitet; während wir aus vielfachen Rücksichten uns peinlich davon berührt fühlten. Hätten wir dieser Empfindung früher Worte geliehen, so würden wir die Rolle einer Eule unter lustig zwitschern¬ dem Gevögel gespielt haben. Erst jetzt, wo die Arbeiten des Untersuchungs¬ richters ausweisen, daß dieser unglückliche Vorfall tiefere Fäden hatte, und bei weitem nicht so spaßhaft aussieht, als die lustigen Spaßvögel unserer Tagesblätter es glaubten, erst jetzt halten wir es für schicklich, einigen ernst¬ haften Worten und Reflexionen Raum zu geben. Fast alle belgische Journale haben das Ereigniß mit Spott und Ge¬ lächter empfangen. – Wie sollten sie nicht! An der Spitze der belgischen Tagespresse stehen – mit wenigen Ausnahmen – Männer, die ihrer Ge¬ burt, ihrer Erziehung und ihren politischen Ansichten nach, einer Nation an¬ gehören, die bei solcher Gelegenheit nur lachen kann. Frankreich steht mit seiner Macht an der Nordgrenze bereit; jeder Versuch den gegenwärtigen Staatszustand in Belgien zu zerstören oder abzuändern, würde es in Sturm¬ schritt herbeiführen. Frankreich könnte kein größerer Gefallen geschehen, als wenn ein bedeutender revolutionärer Versuch die Ordnung der Dinge in 22

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1). (2013-11-19T17:23:38Z)

Weitere Informationen:

Art der Texterfassung: OCR.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/173
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/173>, abgerufen am 03.12.2024.