Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Sinn- und Schertzgedichten.

Seyend noch von der alten Werlet
Die ihr Gesänglein nicht beperlet
Rubint verguld't versilbert schön
Thu dich nit nach der Kunst erhöh'n
Hab auch kein Zoten angebracht
Von Fickgen der so lieben Magt
Die der Magister insgemein
Jhr Buhlschafft vnnd Gespons muß seyn
Wellichs wenn mancher es nicht wüst
Er ganz vnnd gar verstummen müst
Vnnd brächt auf den Magister-Schmauß
Nicht einen kalen Reim heraus
Sag dir auch nichts von deinem Krantz
Auch nichts von dem Magister-Tantz
Vielminder vom zu Bette gehn
Darbey offt garstig Fratzen stehn
Daß werden andre je und nun
An meiner statt schier weidlich tuhn
Vor mein Person hielt ichs vor baß
Zu wüuschen Glück ohn unterlaß
Auf redlich Deutsch vnnd alt Manier
Daß dir Herr Bruder für und für
Aus deiner schönen M'gister Zier
Viel Seegen Heil vnnd Trost erwachß
Vnnd mach den Schluß wie sonst Hans Sachß.
Quodlibet auf die Kürtzel- und Pönickische Hochzeit
in Leipzig. 1728.
WAs heist auf Deutsch ein Quodlibet?
O! daß man hier die Gabe hätt,
Dieß fremde Wort hübsch deutlich auszudrücken!
Allein es will sich gar nicht schicken.
Laßt sehn! vielleicht wirds endlich glücken.
Vielleicht: was sie beliebt? vielleicht: von allem was?
O nein! wie schülerhafft klingt das?
Es schmeckt nach dem Latein.
Was Hencker mag ein Quodlibet denn seyn?
Jsts nicht ein Blatt voll Bübereyen?
Ein Mischmasch kleiner Schelmereyen?
Ein Chaos von Alfanzereyen?
Ein Abschaum von Poetereyen,
Darüber sich die Thoren freuen?
Ein
Von Sinn- und Schertzgedichten.

Seyend noch von der alten Werlet
Die ihr Geſaͤnglein nicht beperlet
Rubint verguld’t verſilbert ſchoͤn
Thu dich nit nach der Kunſt erhoͤh’n
Hab auch kein Zoten angebracht
Von Fickgen der ſo lieben Magt
Die der Magiſter insgemein
Jhr Buhlſchafft vnnd Geſpons muß ſeyn
Wellichs wenn mancher es nicht wuͤſt
Er ganz vnnd gar verſtummen muͤſt
Vnnd braͤcht auf den Magiſter-Schmauß
Nicht einen kalen Reim heraus
Sag dir auch nichts von deinem Krantz
Auch nichts von dem Magiſter-Tantz
Vielminder vom zu Bette gehn
Darbey offt garſtig Fratzen ſtehn
Daß werden andre je und nun
An meiner ſtatt ſchier weidlich tuhn
Vor mein Perſon hielt ichs vor baß
Zu wuͤuſchen Gluͤck ohn unterlaß
Auf redlich Deutſch vnnd alt Manier
Daß dir Herr Bruder fuͤr und fuͤr
Aus deiner ſchoͤnen M’giſter Zier
Viel Seegen Heil vnnd Troſt erwachß
Vnnd mach den Schluß wie ſonſt Hans Sachß.
Quodlibet auf die Kuͤrtzel- und Poͤnickiſche Hochzeit
in Leipzig. 1728.
WAs heiſt auf Deutſch ein Quodlibet?
O! daß man hier die Gabe haͤtt,
Dieß fremde Wort huͤbſch deutlich auszudruͤcken!
Allein es will ſich gar nicht ſchicken.
Laßt ſehn! vielleicht wirds endlich gluͤcken.
Vielleicht: was ſie beliebt? vielleicht: von allem was?
O nein! wie ſchuͤlerhafft klingt das?
Es ſchmeckt nach dem Latein.
Was Hencker mag ein Quodlibet denn ſeyn?
Jſts nicht ein Blatt voll Buͤbereyen?
Ein Miſchmaſch kleiner Schelmereyen?
Ein Chaos von Alfanzereyen?
Ein Abſchaum von Poetereyen,
Daruͤber ſich die Thoren freuen?
Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <l>
                <pb facs="#f0535" n="507"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von Sinn- und Schertzgedichten.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Seyend noch von der alten Werlet</l><lb/>
              <l>Die ihr Ge&#x017F;a&#x0364;nglein nicht beperlet</l><lb/>
              <l>Rubint verguld&#x2019;t ver&#x017F;ilbert &#x017F;cho&#x0364;n</l><lb/>
              <l>Thu dich nit nach der Kun&#x017F;t erho&#x0364;h&#x2019;n</l><lb/>
              <l>Hab auch kein Zoten angebracht</l><lb/>
              <l>Von Fickgen der &#x017F;o lieben Magt</l><lb/>
              <l>Die der Magi&#x017F;ter insgemein</l><lb/>
              <l>Jhr Buhl&#x017F;chafft vnnd Ge&#x017F;pons muß &#x017F;eyn</l><lb/>
              <l>Wellichs wenn mancher es nicht wu&#x0364;&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Er ganz vnnd gar ver&#x017F;tummen mu&#x0364;&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Vnnd bra&#x0364;cht auf den Magi&#x017F;ter-Schmauß</l><lb/>
              <l>Nicht einen kalen Reim heraus</l><lb/>
              <l>Sag dir auch nichts von deinem Krantz</l><lb/>
              <l>Auch nichts von dem Magi&#x017F;ter-Tantz</l><lb/>
              <l>Vielminder vom zu Bette gehn</l><lb/>
              <l>Darbey offt gar&#x017F;tig Fratzen &#x017F;tehn</l><lb/>
              <l>Daß werden andre je und nun</l><lb/>
              <l>An meiner &#x017F;tatt &#x017F;chier weidlich tuhn</l><lb/>
              <l>Vor mein Per&#x017F;on hielt ichs vor baß</l><lb/>
              <l>Zu wu&#x0364;u&#x017F;chen Glu&#x0364;ck ohn unterlaß</l><lb/>
              <l>Auf redlich Deut&#x017F;ch vnnd alt Manier</l><lb/>
              <l>Daß dir Herr Bruder fu&#x0364;r und fu&#x0364;r</l><lb/>
              <l>Aus deiner &#x017F;cho&#x0364;nen M&#x2019;gi&#x017F;ter Zier</l><lb/>
              <l>Viel Seegen Heil vnnd Tro&#x017F;t erwachß</l><lb/>
              <l>Vnnd mach den Schluß wie &#x017F;on&#x017F;t Hans Sachß.</l>
            </lg>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Quodlibet auf die Ku&#x0364;rtzel- und Po&#x0364;nicki&#x017F;che Hochzeit<lb/>
in Leipzig. 1728.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="12">
                <l><hi rendition="#in">W</hi>As hei&#x017F;t auf Deut&#x017F;ch ein Quodlibet?</l><lb/>
                <l>O! daß man hier die Gabe ha&#x0364;tt,</l><lb/>
                <l>Dieß fremde Wort hu&#x0364;b&#x017F;ch deutlich auszudru&#x0364;cken!</l><lb/>
                <l>Allein es will &#x017F;ich gar nicht &#x017F;chicken.</l><lb/>
                <l>Laßt &#x017F;ehn! vielleicht wirds endlich glu&#x0364;cken.</l><lb/>
                <l>Vielleicht: was &#x017F;ie beliebt? vielleicht: von allem was?</l><lb/>
                <l>O nein! wie &#x017F;chu&#x0364;lerhafft klingt das?</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;chmeckt nach dem Latein.</l><lb/>
                <l>Was Hencker mag ein Quodlibet denn &#x017F;eyn?</l><lb/>
                <l>J&#x017F;ts nicht ein Blatt voll Bu&#x0364;bereyen?</l><lb/>
                <l>Ein Mi&#x017F;chma&#x017F;ch kleiner Schelmereyen?</l><lb/>
                <l>Ein Chaos von Alfanzereyen?</l><lb/>
                <l>Ein Ab&#x017F;chaum von Poetereyen,</l><lb/>
                <l>Daru&#x0364;ber &#x017F;ich die Thoren freuen?<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/></l>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[507/0535] Von Sinn- und Schertzgedichten. Seyend noch von der alten Werlet Die ihr Geſaͤnglein nicht beperlet Rubint verguld’t verſilbert ſchoͤn Thu dich nit nach der Kunſt erhoͤh’n Hab auch kein Zoten angebracht Von Fickgen der ſo lieben Magt Die der Magiſter insgemein Jhr Buhlſchafft vnnd Geſpons muß ſeyn Wellichs wenn mancher es nicht wuͤſt Er ganz vnnd gar verſtummen muͤſt Vnnd braͤcht auf den Magiſter-Schmauß Nicht einen kalen Reim heraus Sag dir auch nichts von deinem Krantz Auch nichts von dem Magiſter-Tantz Vielminder vom zu Bette gehn Darbey offt garſtig Fratzen ſtehn Daß werden andre je und nun An meiner ſtatt ſchier weidlich tuhn Vor mein Perſon hielt ichs vor baß Zu wuͤuſchen Gluͤck ohn unterlaß Auf redlich Deutſch vnnd alt Manier Daß dir Herr Bruder fuͤr und fuͤr Aus deiner ſchoͤnen M’giſter Zier Viel Seegen Heil vnnd Troſt erwachß Vnnd mach den Schluß wie ſonſt Hans Sachß. Quodlibet auf die Kuͤrtzel- und Poͤnickiſche Hochzeit in Leipzig. 1728. WAs heiſt auf Deutſch ein Quodlibet? O! daß man hier die Gabe haͤtt, Dieß fremde Wort huͤbſch deutlich auszudruͤcken! Allein es will ſich gar nicht ſchicken. Laßt ſehn! vielleicht wirds endlich gluͤcken. Vielleicht: was ſie beliebt? vielleicht: von allem was? O nein! wie ſchuͤlerhafft klingt das? Es ſchmeckt nach dem Latein. Was Hencker mag ein Quodlibet denn ſeyn? Jſts nicht ein Blatt voll Buͤbereyen? Ein Miſchmaſch kleiner Schelmereyen? Ein Chaos von Alfanzereyen? Ein Abſchaum von Poetereyen, Daruͤber ſich die Thoren freuen? Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/535
Zitationshilfe: Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/535>, abgerufen am 21.11.2024.