Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Fünfter Auftritt. Gerhard. Weinhold. Weinhold (der indessen Gerharden von weitem be- trachtet, nähert sich ihm.) Ich erstaune. Sie sind Herr Gerhard, Sie? Gerhard (zurück weichend.) So viel ich weiß. Weinhold. Aber man hat Sie mir als ei- nen Sechziger beschrieben, und Sie haben noch nicht vierzig überschritten. Gerhard. Doch. Weinhold. Ey, Sie haben ein glückliches Lineamentenkonzert, eine eiserne Natur, ein uner- schöpfliches Temperament. Sie können Methusa- lems Ziel erreichen. Gerhard (heitert sich auf und geht vor.) Ach, die Gerharde werden nicht alt[.] Mein Vater starb in seinen besten Jahren. Die bösen zwey sieben! Weinhold. Aber er hatte eine Frau? Gerhard. Wenn ich sein Sohn bin! Weinhold. Und Sie sind noch ledig? Gerhard. Vielleicht wär' ich glücklicher, wenn ich mich verändert hätte. Die Erbſchleicher. Fuͤnfter Auftritt. Gerhard. Weinhold. Weinhold (der indeſſen Gerharden von weitem be- trachtet, nähert ſich ihm.) Ich erſtaune. Sie ſind Herr Gerhard, Sie? Gerhard (zurück weichend.) So viel ich weiß. Weinhold. Aber man hat Sie mir als ei- nen Sechziger beſchrieben, und Sie haben noch nicht vierzig uͤberſchritten. Gerhard. Doch. Weinhold. Ey, Sie haben ein gluͤckliches Lineamentenkonzert, eine eiſerne Natur, ein uner- ſchoͤpfliches Temperament. Sie koͤnnen Methuſa- lems Ziel erreichen. Gerhard (heitert ſich auf und geht vor.) Ach, die Gerharde werden nicht alt[.] Mein Vater ſtarb in ſeinen beſten Jahren. Die boͤſen zwey ſieben! Weinhold. Aber er hatte eine Frau? Gerhard. Wenn ich ſein Sohn bin! Weinhold. Und Sie ſind noch ledig? Gerhard. Vielleicht waͤr’ ich gluͤcklicher, wenn ich mich veraͤndert haͤtte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="109" facs="#f0115"/> <fw type="header" place="top">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Fuͤnfter Auftritt.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Gerhard</hi>. <hi rendition="#g">Weinhold</hi>.</hi> </stage><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold</hi> </speaker> <stage>(der indeſſen Gerharden von weitem be-<lb/> trachtet, nähert ſich ihm.)</stage> <p>Ich erſtaune. Sie ſind<lb/> Herr Gerhard, Sie?</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker> <stage>(zurück weichend.)</stage> <p>So viel ich weiß.</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker> <p>Aber man hat Sie mir als ei-<lb/> nen Sechziger beſchrieben, und Sie haben noch<lb/> nicht vierzig uͤberſchritten.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Doch.</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker> <p>Ey, Sie haben ein gluͤckliches<lb/> Lineamentenkonzert, eine eiſerne Natur, ein uner-<lb/> ſchoͤpfliches Temperament. Sie koͤnnen Methuſa-<lb/> lems Ziel erreichen.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker> <stage>(heitert ſich auf und geht vor.)</stage> <p>Ach,<lb/> die Gerharde werden nicht alt<supplied>.</supplied> Mein Vater<lb/> ſtarb in ſeinen beſten Jahren. Die boͤſen zwey<lb/> ſieben!</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker> <p>Aber er hatte eine Frau?</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Wenn ich ſein Sohn bin!</p> </sp><lb/> <sp who="#WEIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker> <p>Und Sie ſind noch ledig?</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Vielleicht waͤr’ ich gluͤcklicher,<lb/> wenn ich mich veraͤndert haͤtte.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0115]
Die Erbſchleicher.
Fuͤnfter Auftritt.
Gerhard. Weinhold.
Weinhold (der indeſſen Gerharden von weitem be-
trachtet, nähert ſich ihm.) Ich erſtaune. Sie ſind
Herr Gerhard, Sie?
Gerhard (zurück weichend.) So viel ich weiß.
Weinhold. Aber man hat Sie mir als ei-
nen Sechziger beſchrieben, und Sie haben noch
nicht vierzig uͤberſchritten.
Gerhard. Doch.
Weinhold. Ey, Sie haben ein gluͤckliches
Lineamentenkonzert, eine eiſerne Natur, ein uner-
ſchoͤpfliches Temperament. Sie koͤnnen Methuſa-
lems Ziel erreichen.
Gerhard (heitert ſich auf und geht vor.) Ach,
die Gerharde werden nicht alt. Mein Vater
ſtarb in ſeinen beſten Jahren. Die boͤſen zwey
ſieben!
Weinhold. Aber er hatte eine Frau?
Gerhard. Wenn ich ſein Sohn bin!
Weinhold. Und Sie ſind noch ledig?
Gerhard. Vielleicht waͤr’ ich gluͤcklicher,
wenn ich mich veraͤndert haͤtte.
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Zitationshilfe: | Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/115>, abgerufen am 04.03.2025. |