Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts. Ich mag nicht richten; aber wer
weiß, wo sie es herhaben mag?

So sprachen die Leute unter einander.
Da war nun auch ein Vater, der hatte fünf
Kinder, die er immer schon sehr vernünftig
unterrichtet, und vor allem Aberglauben sorg-
fältig gewarnt hatte. Die Kinderchen kamen
gesprungen, und brachten die Nachricht nach
Hause: "Vater! draußen vor dem Thore soll
alles Wasser Blut geworden seyn. Lassen Sie
uns doch herausgehen. Das möchten wir
auch sehen. Anne Marie sagt: Es bedeute
Krieg. Der liebe Gott wolle strafen. -- Aber
das glauben wir nicht. Der liebe Gott ist viel
zu gut. Er braucht ja das nicht erst anzuzei-
gen, wenn Krieg kommen soll.

Ja! sagte der Vater, der mit der Natur
dieses vermeynten Wunders schon viel zu be-
kannt war, das ist doch was Besonders, Kin-
der. Blutwasser? Das müssen wir sehen.

Sollte
R 2

nichts. Ich mag nicht richten; aber wer
weiß, wo ſie es herhaben mag?

So ſprachen die Leute unter einander.
Da war nun auch ein Vater, der hatte fuͤnf
Kinder, die er immer ſchon ſehr vernuͤnftig
unterrichtet, und vor allem Aberglauben ſorg-
faͤltig gewarnt hatte. Die Kinderchen kamen
geſprungen, und brachten die Nachricht nach
Hauſe: „Vater! draußen vor dem Thore ſoll
alles Waſſer Blut geworden ſeyn. Laſſen Sie
uns doch herausgehen. Das moͤchten wir
auch ſehen. Anne Marie ſagt: Es bedeute
Krieg. Der liebe Gott wolle ſtrafen. — Aber
das glauben wir nicht. Der liebe Gott iſt viel
zu gut. Er braucht ja das nicht erſt anzuzei-
gen, wenn Krieg kommen ſoll.

Ja! ſagte der Vater, der mit der Natur
dieſes vermeynten Wunders ſchon viel zu be-
kannt war, das iſt doch was Beſonders, Kin-
der. Blutwaſſer? Das muͤſſen wir ſehen.

Sollte
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0281" n="259"/>
nichts. Ich mag nicht richten; aber wer<lb/>
weiß, wo &#x017F;ie es herhaben mag?</p><lb/>
        <p>So &#x017F;prachen die Leute unter einander.<lb/>
Da war nun auch ein Vater, der hatte fu&#x0364;nf<lb/>
Kinder, die er immer &#x017F;chon &#x017F;ehr vernu&#x0364;nftig<lb/>
unterrichtet, und vor allem Aberglauben &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltig gewarnt hatte. Die Kinderchen kamen<lb/>
ge&#x017F;prungen, und brachten die Nachricht nach<lb/>
Hau&#x017F;e: &#x201E;Vater! draußen vor dem Thore &#x017F;oll<lb/>
alles Wa&#x017F;&#x017F;er Blut geworden &#x017F;eyn. La&#x017F;&#x017F;en Sie<lb/>
uns doch herausgehen. Das mo&#x0364;chten wir<lb/>
auch &#x017F;ehen. Anne Marie &#x017F;agt: Es bedeute<lb/>
Krieg. Der liebe Gott wolle &#x017F;trafen. &#x2014; Aber<lb/>
das glauben wir nicht. Der liebe Gott i&#x017F;t viel<lb/>
zu gut. Er braucht ja das nicht er&#x017F;t anzuzei-<lb/>
gen, wenn Krieg kommen &#x017F;oll.</p><lb/>
        <p>Ja! &#x017F;agte der Vater, der mit der Natur<lb/>
die&#x017F;es vermeynten Wunders &#x017F;chon viel zu be-<lb/>
kannt war, das i&#x017F;t doch was Be&#x017F;onders, Kin-<lb/>
der. Blutwa&#x017F;&#x017F;er? Das mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir &#x017F;ehen.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Sollte</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0281] nichts. Ich mag nicht richten; aber wer weiß, wo ſie es herhaben mag? So ſprachen die Leute unter einander. Da war nun auch ein Vater, der hatte fuͤnf Kinder, die er immer ſchon ſehr vernuͤnftig unterrichtet, und vor allem Aberglauben ſorg- faͤltig gewarnt hatte. Die Kinderchen kamen geſprungen, und brachten die Nachricht nach Hauſe: „Vater! draußen vor dem Thore ſoll alles Waſſer Blut geworden ſeyn. Laſſen Sie uns doch herausgehen. Das moͤchten wir auch ſehen. Anne Marie ſagt: Es bedeute Krieg. Der liebe Gott wolle ſtrafen. — Aber das glauben wir nicht. Der liebe Gott iſt viel zu gut. Er braucht ja das nicht erſt anzuzei- gen, wenn Krieg kommen ſoll. Ja! ſagte der Vater, der mit der Natur dieſes vermeynten Wunders ſchon viel zu be- kannt war, das iſt doch was Beſonders, Kin- der. Blutwaſſer? Das muͤſſen wir ſehen. Sollte R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/281
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/281>, abgerufen am 26.04.2024.