Das Naschen war Riekchen so zur Ge- wohnheit geworden, daß sie es gar nicht mehr lassen konnte. Woher kam das? weil sie von allem, was vorkam, und was sie sahe, etwas haben mußte. Wo sie gieng und stand, hatte sie die Ficken voll Ro- sinen, Mandeln und trockener Pflaumen. Ehe das Mittagsbrod gegessen wurde, quäl- te sie die Köchin so lange, bis sie ihr was aus jedem Topfe geben mußte. So oft die Mutter auf die Vorrathskammer gieng, war sie hinter her, und benaschte alles, was da war. Was folgte daraus? sie gewöhnte sich durchs Naschen das Stehlen an. Wenn sie zu der Zuckerdose kommen konnte, nahm sie Zucker heraus, und andere Dinge mehr. Das gieng so weit, daß das Gesinde vielen
Unwil-
F 5
XX. Das naſchige Kind.
Das Naſchen war Riekchen ſo zur Ge- wohnheit geworden, daß ſie es gar nicht mehr laſſen konnte. Woher kam das? weil ſie von allem, was vorkam, und was ſie ſahe, etwas haben mußte. Wo ſie gieng und ſtand, hatte ſie die Ficken voll Ro- ſinen, Mandeln und trockener Pflaumen. Ehe das Mittagsbrod gegeſſen wurde, quaͤl- te ſie die Koͤchin ſo lange, bis ſie ihr was aus jedem Topfe geben mußte. So oft die Mutter auf die Vorrathskammer gieng, war ſie hinter her, und benaſchte alles, was da war. Was folgte daraus? ſie gewoͤhnte ſich durchs Naſchen das Stehlen an. Wenn ſie zu der Zuckerdoſe kommen konnte, nahm ſie Zucker heraus, und andere Dinge mehr. Das gieng ſo weit, daß das Geſinde vielen
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XX.
Das naſchige Kind.
Das Naſchen war Riekchen ſo zur Ge-
wohnheit geworden, daß ſie es gar
nicht mehr laſſen konnte. Woher kam das?
weil ſie von allem, was vorkam, und was
ſie ſahe, etwas haben mußte. Wo ſie
gieng und ſtand, hatte ſie die Ficken voll Ro-
ſinen, Mandeln und trockener Pflaumen.
Ehe das Mittagsbrod gegeſſen wurde, quaͤl-
te ſie die Koͤchin ſo lange, bis ſie ihr was
aus jedem Topfe geben mußte. So oft die
Mutter auf die Vorrathskammer gieng, war
ſie hinter her, und benaſchte alles, was da
war. Was folgte daraus? ſie gewoͤhnte
ſich durchs Naſchen das Stehlen an. Wenn
ſie zu der Zuckerdoſe kommen konnte, nahm
ſie Zucker heraus, und andere Dinge mehr.
Das gieng ſo weit, daß das Geſinde vielen
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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/111>, abgerufen am 24.02.2025.
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