Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.Zum leztenmale denn, zum leztenmale schlag ich ge- O
Zum leztenmale denn, zum leztenmale ſchlag ich ge- O
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Zum leztenmale denn, zum leztenmale ſchlag ich
dieſe Augen auf, ſie ſollen ach die Sonne nicht mehr
ſehen, ein truͤber neblichter Tag haͤlt ſie bedeckt.
So traure denn, Natur, dein Sohn, dein Freund,
dein Geliebter naht ſich ſeinem Ende. Lotte, das
iſt ein Gefuͤhl ohne gleichen, und doch kommt’s dem
daͤmmernden Traume am naͤchſten, zu ſich zu ſagen:
das iſt der lezte Morgen. Der lezte! Lotte, ich
habe keinen Sinn vor das Wort, der lezte! Steh
ich nicht da in meiner ganzen Kraft, und Morgen
lieg ich ausgeſtreckt und ſchlaff am Boden. Ster-
ben! Was heiſt das? Sieh wir traͤumen, wenn
wir vom Tode reden. Jch hab manchen ſterben ſe-
hen, aber ſo eingeſchraͤnkt iſt die Menſchheit, daß
ſie fuͤr ihres Daſeyns Anfang und Ende keinen Sinn
hat. Jezt noch mein, dein! dein! o Geliebte,
und einen Augenblick — getrennt, geſchieden —
vielleicht auf ewig. — Nein, Lotte, nein —
Wie kann ich vergehen, wie kannſt du vergehen,
wir ſind ja! — Vergehen! — Was heißt das?
das iſt wieder ein Wort! ein leerer Schall ohne Ge-
fuͤhl fuͤr mein Herz. — — Todt, Lotte! Ein-
ge-
O
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