Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.Gottes Willen, sagt ich mit einem heftigen Aus- bruch hin gegen sie fahrend, um Gottes Willen hö- ren sie auf. Sie hielt, und sah mich starr an. Werther, sagte sie, mit einem Lächlen, das mir durch die Seele gieng, Werther, sie sind sehr krank, ihre Lieblingsgerichte widerstehen ihnen. Gehen sie! Jch bitte sie, beruhigen sie sich. Jch riß mich von ihr weg, und -- Gott! du siehst mein Elend, und wirst es enden. am 6 Dez. Wie mich die Gestalt verfolgt. Wachend und Was ist der Mensch? der gepriesene Halb- wo
Gottes Willen, ſagt ich mit einem heftigen Aus- bruch hin gegen ſie fahrend, um Gottes Willen hoͤ- ren ſie auf. Sie hielt, und ſah mich ſtarr an. Werther, ſagte ſie, mit einem Laͤchlen, das mir durch die Seele gieng, Werther, ſie ſind ſehr krank, ihre Lieblingsgerichte widerſtehen ihnen. Gehen ſie! Jch bitte ſie, beruhigen ſie ſich. Jch riß mich von ihr weg, und — Gott! du ſiehſt mein Elend, und wirſt es enden. am 6 Dez. Wie mich die Geſtalt verfolgt. Wachend und Was iſt der Menſch? der geprieſene Halb- wo
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Gottes Willen, ſagt ich mit einem heftigen Aus-
bruch hin gegen ſie fahrend, um Gottes Willen hoͤ-
ren ſie auf. Sie hielt, und ſah mich ſtarr an.
Werther, ſagte ſie, mit einem Laͤchlen, das mir
durch die Seele gieng, Werther, ſie ſind ſehr krank,
ihre Lieblingsgerichte widerſtehen ihnen. Gehen
ſie! Jch bitte ſie, beruhigen ſie ſich. Jch riß
mich von ihr weg, und — Gott! du ſiehſt mein
Elend, und wirſt es enden.
am 6 Dez.
Wie mich die Geſtalt verfolgt. Wachend und
traͤumend fuͤllt ſie meine ganze Seele.
Hier, wenn ich die Augen ſchlieſſe, hier in mei-
ner Stirne, wo die innere Sehkraft ſich verei-
nigt, ſtehen ihre ſchwarzen Augen. Hier! Jch
kann dir’s nicht ausdruͤkken. Mach ich meine Au-
gen zu, ſo ſind ſie da, wie ein Meer, wie ein
Abgrund ruhen ſie vor mir, in mir, fuͤllen die
Sinnen meiner Stirne.
Was iſt der Menſch? der geprieſene Halb-
gott! Ermangeln ihm nicht da eben, die Kraͤfte
wo
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