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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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gute Nacht, lieber Werther! Und mußte hernach
ſelbſt uͤber mich lachen.




Sie fuͤhlt, was ich dulde. Heut iſt mir ihr
Blik tief durch’s Herz gedrungen. Jch fand
ſie allein. Jch ſagte nichts und ſie ſah mich an.
Und ich ſah nicht mehr in ihr die liebliche Schoͤn-
heit, nicht mehr das Leuchten des treflichen Gei-
ſtes; das war all vor meinen Augen verſchwun-
den. Ein weit herrlicherer Blik wuͤrkte auf mich,
voll Ausdruk des innigſten Antheils des ſuͤßten
Mileidens. Warum durft’ ich mich nicht ihr zu
Fuͤſſen werfen! warum durft ich nicht an ihrem
Halſe mit tauſend Kuͤſſen antworten — Sie nahm
ihre Zuflucht zum Claviere und hauchte mit ſuͤſſer
leiſer Stimme harmoniſche Laute zu ihrem Spiele.
Nie hab ich ihre Lippen ſo reizend geſehn, es
war, als wenn ſie ſich lechzend oͤffneten, jene ſuͤſſe
Toͤne in ſich zu ſchluͤrfen, die aus dem Jnſtru-
mente hervorquollen, und nur der heimliche Wie-
derſchall aus dem ſuͤſſen Munde zuruͤkklaͤnge —

Ja

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_werther02_1774/50>, abgerufen am 06.01.2025.