Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.ganze Kerl vor Gottes Angesicht steht wie ein ver- siegter Brunn, wie ein verlechter Eymer! Jch habe mich so oft auf den Boden geworfen und Gott um Thränen gebeten, wie ein Akkersmann um Regen, wenn der Himmel ehern über ihm ist, und um ihn die Erde verdürstet. Aber, ach ich fühls! Gott giebt Regen und am 8. Nov. Sie hat mir meine Exzesse vorgeworfen! Ach Flekke,
ganze Kerl vor Gottes Angeſicht ſteht wie ein ver- ſiegter Brunn, wie ein verlechter Eymer! Jch habe mich ſo oft auf den Boden geworfen und Gott um Thraͤnen gebeten, wie ein Akkersmann um Regen, wenn der Himmel ehern uͤber ihm iſt, und um ihn die Erde verduͤrſtet. Aber, ach ich fuͤhls! Gott giebt Regen und am 8. Nov. Sie hat mir meine Exzeſſe vorgeworfen! Ach Flekke,
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ganze Kerl vor Gottes Angeſicht ſteht wie ein ver-
ſiegter Brunn, wie ein verlechter Eymer! Jch habe
mich ſo oft auf den Boden geworfen und Gott um
Thraͤnen gebeten, wie ein Akkersmann um Regen,
wenn der Himmel ehern uͤber ihm iſt, und um ihn
die Erde verduͤrſtet.
Aber, ach ich fuͤhls! Gott giebt Regen und
Sonnenſchein nicht unſerm ungeſtuͤmen Bitten, und
jene Zeiten, deren Andenken mich quaͤlt, warum
waren ſie ſo ſelig? als weil ich mit Geduld ſeinen
Geiſt erwartete, und die Wonne, die er uͤber mich
ausgoß mit ganzem, innig dankbarem Herzen auf-
nahm.
am 8. Nov.
Sie hat mir meine Exzeſſe vorgeworfen! Ach
mit ſo viel Liebenswuͤrdigkeit! Meine Ex-
zeſſe, daß ich mich manchmal von einem Glas Wein
verleiten laſſe, eine Bouteille zu trinken. Thun
Sie’s nicht! ſagte ſie, denken Sie an Lotten! —
Denken! ſagt’ ich, brauchen Sie mir das zu heiſ-
ſen? Jch denke! — Jch denke nicht! Sie ſind
immer vor meiner Seelen. Heut ſaß ich an dem
Flekke,
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