Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.Nachschrift der Vorsteherinn. Von Ottilien, meine Gnädige, hätte ich Nachſchrift der Vorſteherinn. Von Ottilien, meine Gnaͤdige, haͤtte ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0063" n="58"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">Nachſchrift<lb/> der Vorſteherinn.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Von Ottilien, meine Gnaͤdige, haͤtte ich<lb/> eigentlich nur zu wiederholen, was in meinen<lb/> vorigen Berichten enthalten iſt. Ich wuͤßte<lb/> ſie nicht zu ſchelten und doch kann ich nicht<lb/> zufrieden mit ihr ſeyn. Sie iſt nach wie<lb/> vor beſcheiden und gefaͤllig gegen andre; aber<lb/> dieſes Zuruͤcktreten, dieſe Dienſtbarkeit will<lb/> mir nicht gefallen. Ew. Gnaden haben ihr<lb/> neulich Geld und verſchiedene Zeuge geſchickt.<lb/> Das erſte hat ſie nicht angegriffen; die andern<lb/> liegen auch noch da, unberuͤhrt. Sie haͤlt<lb/> freylich ihre Sachen ſehr reinlich und gut,<lb/> und ſcheint nur in dieſem Sinn die Kleider<lb/> zu wechſeln. Auch kann ich ihre große Maͤßig¬<lb/> keit im Eſſen und Trinken nicht loben. An<lb/> unſerm Tiſch iſt kein Ueberfluß; doch ſehe<lb/> ich nichts lieber als wenn die Kinder ſich an<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0063]
Nachſchrift
der Vorſteherinn.
Von Ottilien, meine Gnaͤdige, haͤtte ich
eigentlich nur zu wiederholen, was in meinen
vorigen Berichten enthalten iſt. Ich wuͤßte
ſie nicht zu ſchelten und doch kann ich nicht
zufrieden mit ihr ſeyn. Sie iſt nach wie
vor beſcheiden und gefaͤllig gegen andre; aber
dieſes Zuruͤcktreten, dieſe Dienſtbarkeit will
mir nicht gefallen. Ew. Gnaden haben ihr
neulich Geld und verſchiedene Zeuge geſchickt.
Das erſte hat ſie nicht angegriffen; die andern
liegen auch noch da, unberuͤhrt. Sie haͤlt
freylich ihre Sachen ſehr reinlich und gut,
und ſcheint nur in dieſem Sinn die Kleider
zu wechſeln. Auch kann ich ihre große Maͤßig¬
keit im Eſſen und Trinken nicht loben. An
unſerm Tiſch iſt kein Ueberfluß; doch ſehe
ich nichts lieber als wenn die Kinder ſich an
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/63>, abgerufen am 16.07.2024. |