Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite
Sechstes Kapitel.

Ein Wagen der Ottilien brachte war an¬
gefahren. Charlotte ging ihr entgegen; das
liebe Kind eilte sich ihr zu nähern, warf sich
ihr zu Füßen und umfaßte ihre Kniee.

Wozu die Demüthigung! sagte Charlotte,
die einigermaßen verlegen war und sie aufhe¬
ben wollte. Es ist so demüthig nicht gemeynt,
versetzte Ottilie, die in ihrer vorigen Stel¬
lung blieb. Ich mag mich nur so gern jener
Zeit erinnern, da ich noch nicht höher reichte
als bis an Ihre Kniee und Ihrer Liebe
schon so gewiß war.

Sechſtes Kapitel.

Ein Wagen der Ottilien brachte war an¬
gefahren. Charlotte ging ihr entgegen; das
liebe Kind eilte ſich ihr zu naͤhern, warf ſich
ihr zu Fuͤßen und umfaßte ihre Kniee.

Wozu die Demuͤthigung! ſagte Charlotte,
die einigermaßen verlegen war und ſie aufhe¬
ben wollte. Es iſt ſo demuͤthig nicht gemeynt,
verſetzte Ottilie, die in ihrer vorigen Stel¬
lung blieb. Ich mag mich nur ſo gern jener
Zeit erinnern, da ich noch nicht hoͤher reichte
als bis an Ihre Kniee und Ihrer Liebe
ſchon ſo gewiß war.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0109"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Sech&#x017F;tes Kapitel.</hi><lb/>
        </head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Ein Wagen der Ottilien brachte war an¬<lb/>
gefahren. Charlotte ging ihr entgegen; das<lb/>
liebe Kind eilte &#x017F;ich ihr zu na&#x0364;hern, warf &#x017F;ich<lb/>
ihr zu Fu&#x0364;ßen und umfaßte ihre Kniee.</p><lb/>
        <p>Wozu die Demu&#x0364;thigung! &#x017F;agte Charlotte,<lb/>
die einigermaßen verlegen war und &#x017F;ie aufhe¬<lb/>
ben wollte. Es i&#x017F;t &#x017F;o demu&#x0364;thig nicht gemeynt,<lb/>
ver&#x017F;etzte Ottilie, die in ihrer vorigen Stel¬<lb/>
lung blieb. Ich mag mich nur &#x017F;o gern jener<lb/>
Zeit erinnern, da ich noch nicht ho&#x0364;her reichte<lb/>
als bis an Ihre Kniee und Ihrer Liebe<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;o gewiß war.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0109] Sechſtes Kapitel. Ein Wagen der Ottilien brachte war an¬ gefahren. Charlotte ging ihr entgegen; das liebe Kind eilte ſich ihr zu naͤhern, warf ſich ihr zu Fuͤßen und umfaßte ihre Kniee. Wozu die Demuͤthigung! ſagte Charlotte, die einigermaßen verlegen war und ſie aufhe¬ ben wollte. Es iſt ſo demuͤthig nicht gemeynt, verſetzte Ottilie, die in ihrer vorigen Stel¬ lung blieb. Ich mag mich nur ſo gern jener Zeit erinnern, da ich noch nicht hoͤher reichte als bis an Ihre Kniee und Ihrer Liebe ſchon ſo gewiß war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/109
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/109>, abgerufen am 22.12.2024.