Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Fünfter Auftritt. Tasso allein. Ja gehe nur, und gehe sicher weg, Daß du mich überredest was du willst, Ich lerne mich verstellen, denn du bist Ein großer Meister und ich fasse leicht. So zwingt das Leben uns zu scheinen, ja Zu seyn wie jene, die wir kühn und stolz Verachten konnten. Deutlich seh' ich nun Die ganze Kunst des höfischen Gewebes! Mich will Antonio von hinnen treiben, Und will nicht scheinen, daß er mich vertreibt. Er spielt den Schonenden, den Klugen, daß Man nur recht krank und ungeschickt mich finde, Bestellet sich zum Vormund, daß er mich Zum Kind erniedrige, den er zum Knecht Nicht zwingen konnte. So umnebelt er Die Stirn des Fürsten und der Fürstinn Blick. Goethe's W. 6. B. M
Ein Schauſpiel. Fünfter Auftritt. Taſſo allein. Ja gehe nur, und gehe ſicher weg, Daß du mich überredeſt was du willſt, Ich lerne mich verſtellen, denn du biſt Ein großer Meiſter und ich faſſe leicht. So zwingt das Leben uns zu ſcheinen, ja Zu ſeyn wie jene, die wir kühn und ſtolz Verachten konnten. Deutlich ſeh’ ich nun Die ganze Kunſt des höfiſchen Gewebes! Mich will Antonio von hinnen treiben, Und will nicht ſcheinen, daß er mich vertreibt. Er ſpielt den Schonenden, den Klugen, daß Man nur recht krank und ungeſchickt mich finde, Beſtellet ſich zum Vormund, daß er mich Zum Kind erniedrige, den er zum Knecht Nicht zwingen konnte. So umnebelt er Die Stirn des Fürſten und der Fürſtinn Blick. Goethe’s W. 6. B. M
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Ein Schauſpiel.
Fünfter Auftritt.
Taſſo allein.
Ja gehe nur, und gehe ſicher weg,
Daß du mich überredeſt was du willſt,
Ich lerne mich verſtellen, denn du biſt
Ein großer Meiſter und ich faſſe leicht.
So zwingt das Leben uns zu ſcheinen, ja
Zu ſeyn wie jene, die wir kühn und ſtolz
Verachten konnten. Deutlich ſeh’ ich nun
Die ganze Kunſt des höfiſchen Gewebes!
Mich will Antonio von hinnen treiben,
Und will nicht ſcheinen, daß er mich vertreibt.
Er ſpielt den Schonenden, den Klugen, daß
Man nur recht krank und ungeſchickt mich
finde,
Beſtellet ſich zum Vormund, daß er mich
Zum Kind erniedrige, den er zum Knecht
Nicht zwingen konnte. So umnebelt er
Die Stirn des Fürſten und der Fürſtinn
Blick.
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