Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Du irrst gewiß, und wie du sonst zur FreudeVon andern dichtest, leider dichtest du In diesem Fall ein seltenes Gewebe, Dich selbst zu kränken. Alles will ich thun, Um es entzwey zu reißen, daß du frey Den schönen Weg des Lebens wandeln mögest. Leb' wohl! Ich hoffe bald ein glücklich Wort. Dritter Auftritt. Tasso allein. Ich soll erkennen, daß mich niemand haßt, Daß niemand mich verfolgt, daß alle List Und alles heimliche Gewebe sich Allein in meinem Kopfe spinnt und webt! Bekennen soll ich, daß ich unrecht habe, Und manchem unrecht thue, der es nicht Um mich verdient! Und das in einer Stunde, Da vor dem Angesicht der Sonne klar Mein volles Recht, wie ihre Türke, liegt! Ein Schauſpiel. Du irrſt gewiß, und wie du ſonſt zur FreudeVon andern dichteſt, leider dichteſt du In dieſem Fall ein ſeltenes Gewebe, Dich ſelbſt zu kränken. Alles will ich thun, Um es entzwey zu reißen, daß du frey Den ſchönen Weg des Lebens wandeln mögeſt. Leb’ wohl! Ich hoffe bald ein glücklich Wort. Dritter Auftritt. Taſſo allein. Ich ſoll erkennen, daß mich niemand haßt, Daß niemand mich verfolgt, daß alle Liſt Und alles heimliche Gewebe ſich Allein in meinem Kopfe ſpinnt und webt! Bekennen ſoll ich, daß ich unrecht habe, Und manchem unrecht thue, der es nicht Um mich verdient! Und das in einer Stunde, Da vor dem Angeſicht der Sonne klar Mein volles Recht, wie ihre Türke, liegt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#LEO"> <p><pb facs="#f0167" n="159"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> Du irrſt gewiß, und wie du ſonſt zur Freude<lb/> Von andern dichteſt, leider dichteſt du<lb/> In dieſem Fall ein ſeltenes Gewebe,<lb/> Dich ſelbſt zu kränken. Alles will ich thun,<lb/> Um es entzwey zu reißen, daß du frey<lb/> Den ſchönen Weg des Lebens wandeln mögeſt.<lb/> Leb’ wohl! Ich hoffe bald ein glücklich Wort.</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Dritter Auftritt</hi>.</head><lb/> <sp who="#TAS"> <speaker> <hi rendition="#g">Taſſo</hi> </speaker> <stage>allein.</stage><lb/> <p>Ich ſoll erkennen, daß mich niemand haßt,<lb/> Daß niemand mich verfolgt, daß alle Liſt<lb/> Und alles heimliche Gewebe ſich<lb/> Allein in meinem Kopfe ſpinnt und webt!<lb/> Bekennen ſoll ich, daß ich unrecht habe,<lb/> Und manchem unrecht thue, der es nicht<lb/> Um mich verdient! Und das in einer Stunde,<lb/> Da vor dem Angeſicht der Sonne klar<lb/> Mein volles Recht, wie ihre Türke, liegt!<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0167]
Ein Schauſpiel.
Du irrſt gewiß, und wie du ſonſt zur Freude
Von andern dichteſt, leider dichteſt du
In dieſem Fall ein ſeltenes Gewebe,
Dich ſelbſt zu kränken. Alles will ich thun,
Um es entzwey zu reißen, daß du frey
Den ſchönen Weg des Lebens wandeln mögeſt.
Leb’ wohl! Ich hoffe bald ein glücklich Wort.
Dritter Auftritt.
Taſſo allein.
Ich ſoll erkennen, daß mich niemand haßt,
Daß niemand mich verfolgt, daß alle Liſt
Und alles heimliche Gewebe ſich
Allein in meinem Kopfe ſpinnt und webt!
Bekennen ſoll ich, daß ich unrecht habe,
Und manchem unrecht thue, der es nicht
Um mich verdient! Und das in einer Stunde,
Da vor dem Angeſicht der Sonne klar
Mein volles Recht, wie ihre Türke, liegt!
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/167>, abgerufen am 22.02.2025. |