Dein Brief ist so wohl geschrieben, und so gescheut und klug gedacht, daß sich nichts mehr dazu setzen läßt. Du wirst mir aber verzeihen, wenn ich sage, daß man gerade das Gegentheil davon meynen, behaupten und thun und doch auch recht haben kann. Deine Art zu seyn und zu denken geht auf einen unbeschränkten Besitz und auf eine leichte lustige Art zu genießen hinaus, und ich brauche dir kaum zu sagen, daß ich dar¬ an nichts was mich reizte finden kann.
Zuerst muß ich dir leider bekennen, daß mein Tagebuch aus Noth, um meinem Va¬ ter gefällig zu seyn, mit Hülfe eines Freun¬ des aus mehreren Büchern zusammen ge¬ schrieben ist, und daß ich wohl die darin enthaltenen Sachen und noch mehrere dieser
Drittes Capitel.
Dein Brief iſt ſo wohl geſchrieben, und ſo geſcheut und klug gedacht, daß ſich nichts mehr dazu ſetzen läßt. Du wirſt mir aber verzeihen, wenn ich ſage, daß man gerade das Gegentheil davon meynen, behaupten und thun und doch auch recht haben kann. Deine Art zu ſeyn und zu denken geht auf einen unbeſchränkten Beſitz und auf eine leichte luſtige Art zu genießen hinaus, und ich brauche dir kaum zu ſagen, daß ich dar¬ an nichts was mich reizte finden kann.
Zuerſt muß ich dir leider bekennen, daß mein Tagebuch aus Noth, um meinem Va¬ ter gefällig zu ſeyn, mit Hülfe eines Freun¬ des aus mehreren Büchern zuſammen ge¬ ſchrieben iſt, und daß ich wohl die darin enthaltenen Sachen und noch mehrere dieſer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0033"n="27"/></div><divn="3"><head><hirendition="#g">Drittes Capitel</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>ein Brief iſt ſo wohl geſchrieben, und<lb/>ſo geſcheut und klug gedacht, daß ſich nichts<lb/>
mehr dazu ſetzen läßt. Du wirſt mir aber<lb/>
verzeihen, wenn ich ſage, daß man gerade<lb/>
das Gegentheil davon meynen, behaupten<lb/>
und thun und doch auch recht haben kann.<lb/>
Deine Art zu ſeyn und zu denken geht auf<lb/>
einen unbeſchränkten Beſitz und auf eine<lb/>
leichte luſtige Art zu genießen hinaus, und<lb/>
ich brauche dir kaum zu ſagen, daß ich dar¬<lb/>
an nichts was mich reizte finden kann.</p><lb/><p>Zuerſt muß ich dir leider bekennen, daß<lb/>
mein Tagebuch aus Noth, um meinem Va¬<lb/>
ter gefällig zu ſeyn, mit Hülfe eines Freun¬<lb/>
des aus mehreren Büchern zuſammen ge¬<lb/>ſchrieben iſt, und daß ich wohl die darin<lb/>
enthaltenen Sachen und noch mehrere dieſer<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[27/0033]
Drittes Capitel.
Dein Brief iſt ſo wohl geſchrieben, und
ſo geſcheut und klug gedacht, daß ſich nichts
mehr dazu ſetzen läßt. Du wirſt mir aber
verzeihen, wenn ich ſage, daß man gerade
das Gegentheil davon meynen, behaupten
und thun und doch auch recht haben kann.
Deine Art zu ſeyn und zu denken geht auf
einen unbeſchränkten Beſitz und auf eine
leichte luſtige Art zu genießen hinaus, und
ich brauche dir kaum zu ſagen, daß ich dar¬
an nichts was mich reizte finden kann.
Zuerſt muß ich dir leider bekennen, daß
mein Tagebuch aus Noth, um meinem Va¬
ter gefällig zu ſeyn, mit Hülfe eines Freun¬
des aus mehreren Büchern zuſammen ge¬
ſchrieben iſt, und daß ich wohl die darin
enthaltenen Sachen und noch mehrere dieſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/33>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.