Nach einer unruhigen Nacht, die unser Freund theils wachend, theils von schweren Träumen geängstigt, zubrachte, in denen er Marianen bald in aller Schönheit, bald in kümmerlicher Gestalt, jetzt mit einem Kinde auf dem Arm, bald desselben beraubt sah, war der Morgen kaum angebrochen, als Mignon schon mit einem Schneider herein¬ trat. Sie brachte graues Tuch und blauen Taffet, und erklärte nach ihrer Art, daß sie ein neues Westchen und Schifferhosen, wie sie solche an den Knaben in der Stadt gese¬ hen, mit blauen Aufschlägen und Bändern haben wolle.
Wilhelm hatte seit dem Verlust Maria¬ nens alle muntere Farben abgelegt. Er hat¬
Neuntes Capitel.
Nach einer unruhigen Nacht, die unſer Freund theils wachend, theils von ſchweren Träumen geängſtigt, zubrachte, in denen er Marianen bald in aller Schönheit, bald in kümmerlicher Geſtalt, jetzt mit einem Kinde auf dem Arm, bald deſſelben beraubt ſah, war der Morgen kaum angebrochen, als Mignon ſchon mit einem Schneider herein¬ trat. Sie brachte graues Tuch und blauen Taffet, und erklärte nach ihrer Art, daß ſie ein neues Weſtchen und Schifferhoſen, wie ſie ſolche an den Knaben in der Stadt geſe¬ hen, mit blauen Aufſchlägen und Bändern haben wolle.
Wilhelm hatte ſeit dem Verluſt Maria¬ nens alle muntere Farben abgelegt. Er hat¬
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Neuntes Capitel.
Nach einer unruhigen Nacht, die unſer
Freund theils wachend, theils von ſchweren
Träumen geängſtigt, zubrachte, in denen er
Marianen bald in aller Schönheit, bald in
kümmerlicher Geſtalt, jetzt mit einem Kinde
auf dem Arm, bald deſſelben beraubt ſah,
war der Morgen kaum angebrochen, als
Mignon ſchon mit einem Schneider herein¬
trat. Sie brachte graues Tuch und blauen
Taffet, und erklärte nach ihrer Art, daß ſie
ein neues Weſtchen und Schifferhoſen, wie
ſie ſolche an den Knaben in der Stadt geſe¬
hen, mit blauen Aufſchlägen und Bändern
haben wolle.
Wilhelm hatte ſeit dem Verluſt Maria¬
nens alle muntere Farben abgelegt. Er hat¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/302>, abgerufen am 21.11.2024.
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