Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.Funfzehntes Capitel. Glückliche Jugend! glückliche Zeiten des er¬ So war Wilhelm in den frühern, beson¬ Funfzehntes Capitel. Glückliche Jugend! glückliche Zeiten des er¬ So war Wilhelm in den frühern, beſon¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0142" n="134"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Funfzehntes Capitel.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#in">G</hi>lückliche Jugend! glückliche Zeiten des er¬<lb/> ſten Liebesbedürfniſſes! Der Menſch iſt dann<lb/> wie ein Kind, das ſich am Echo ſtundenlang<lb/> ergötzt, die Unkoſten des Geſpräches allein<lb/> trägt, und mit der Unterhaltung wohl zufrie¬<lb/> den iſt, wenn der unſichtbare Gegenmann<lb/> auch nur die letzten Sylben der ausgerufe¬<lb/> nen Worte wiederholt.</p><lb/> <p>So war Wilhelm in den frühern, beſon¬<lb/> ders aber in den ſpätern Zeiten ſeiner Lei¬<lb/> denſchaft für Marianen, als er den ganzen<lb/> Reichthum ſeines Gefühls auf ſie hinüber¬<lb/> trug, und ſich dabey als einen Bettler an¬<lb/> ſah, der von ihren Almoſen lebte. Und wie<lb/> uns eine Gegend reizender, ja allein reizend<lb/> vorkommt, wenn ſie von der Sonne beſchie¬<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0142]
Funfzehntes Capitel.
Glückliche Jugend! glückliche Zeiten des er¬
ſten Liebesbedürfniſſes! Der Menſch iſt dann
wie ein Kind, das ſich am Echo ſtundenlang
ergötzt, die Unkoſten des Geſpräches allein
trägt, und mit der Unterhaltung wohl zufrie¬
den iſt, wenn der unſichtbare Gegenmann
auch nur die letzten Sylben der ausgerufe¬
nen Worte wiederholt.
So war Wilhelm in den frühern, beſon¬
ders aber in den ſpätern Zeiten ſeiner Lei¬
denſchaft für Marianen, als er den ganzen
Reichthum ſeines Gefühls auf ſie hinüber¬
trug, und ſich dabey als einen Bettler an¬
ſah, der von ihren Almoſen lebte. Und wie
uns eine Gegend reizender, ja allein reizend
vorkommt, wenn ſie von der Sonne beſchie¬
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