Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Vierter Act.


Hochgebirg,
starke zackige Felsen-Gipfel. Eine Wolke zieht herbei, lehnt
sich an, senkt sich auf eine vorstehende Platte herab.
Sie theilt sich.


Faust (tritt hervor).
Der Einsamkeiten tiefste schauend unter meinem Fuß,
Betret' ich wohlbedächtig dieser Gipfel Saum,
Entlassend meiner Wolke Tragwerk, die mich sanft
An klaren Tagen über Land und Meer geführt.
Sie lös't sich langsam, nicht zerstiebend, von mir ab.
Nach Osten strebt die Masse mit geballtem Zug,
Ihr strebt das Auge staunend in Bewundrung nach.
Sie theilt sich wandelnd, wogenhaft, veränderlich.
Doch will sich's modeln. - Ja! das Auge trügt mich
nicht! -
Auf sonnbeglänzten Pfühlen herrlich hingestreckt,
Zwar riesenhaft, ein göttergleiches Fraungebild,
Ich seh's! Junonen ähnlich, Leda'n, Helenen,
Wie majestätisch lieblich mir's im Auge schwankt.
Vierter Act.


Hochgebirg,
starke zackige Felsen-Gipfel. Eine Wolke zieht herbei, lehnt
sich an, senkt sich auf eine vorstehende Platte herab.
Sie theilt sich.


Faust (tritt hervor).
Der Einsamkeiten tiefste schauend unter meinem Fuß,
Betret’ ich wohlbedächtig dieser Gipfel Saum,
Entlassend meiner Wolke Tragwerk, die mich sanft
An klaren Tagen über Land und Meer geführt.
Sie lös’t sich langsam, nicht zerstiebend, von mir ab.
Nach Osten strebt die Masse mit geballtem Zug,
Ihr strebt das Auge staunend in Bewundrung nach.
Sie theilt sich wandelnd, wogenhaft, veränderlich.
Doch will sich’s modeln. – Ja! das Auge trügt mich
nicht! –
Auf sonnbeglänzten Pfühlen herrlich hingestreckt,
Zwar riesenhaft, ein göttergleiches Fraungebild,
Ich seh’s! Junonen ähnlich, Leda’n, Helenen,
Wie majestätisch lieblich mir’s im Auge schwankt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0263" n="251"/>
      <div type="act" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Vierter Act.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="scene" n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Hochgebirg,</hi> </head><lb/>
          <stage>starke zackige Felsen-Gipfel. Eine Wolke zieht herbei, lehnt<lb/>
sich an, senkt sich auf eine vorstehende Platte herab.</stage><lb/>
          <stage>Sie theilt sich.</stage><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Faust</hi> </speaker>
            <stage>(tritt hervor).</stage><lb/>
            <p>Der Einsamkeiten tiefste schauend unter meinem Fuß,<lb/>
Betret&#x2019; ich wohlbedächtig dieser Gipfel Saum,<lb/>
Entlassend meiner Wolke Tragwerk, die mich sanft<lb/>
An klaren Tagen über Land und Meer geführt.<lb/>
Sie lös&#x2019;t sich langsam, nicht zerstiebend, von mir ab.<lb/>
Nach Osten strebt die Masse mit geballtem Zug,<lb/>
Ihr strebt das Auge staunend in Bewundrung nach.<lb/>
Sie theilt sich wandelnd, wogenhaft, veränderlich.<lb/>
Doch will sich&#x2019;s modeln. &#x2013; Ja! das Auge trügt mich<lb/><hi rendition="#et">nicht! &#x2013;</hi><lb/>
Auf sonnbeglänzten Pfühlen herrlich hingestreckt,<lb/>
Zwar riesenhaft, ein göttergleiches Fraungebild,<lb/>
Ich seh&#x2019;s! Junonen ähnlich, Leda&#x2019;n, Helenen,<lb/>
Wie majestätisch lieblich mir&#x2019;s im Auge schwankt.<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0263] Vierter Act. Hochgebirg, starke zackige Felsen-Gipfel. Eine Wolke zieht herbei, lehnt sich an, senkt sich auf eine vorstehende Platte herab. Sie theilt sich. Faust (tritt hervor). Der Einsamkeiten tiefste schauend unter meinem Fuß, Betret’ ich wohlbedächtig dieser Gipfel Saum, Entlassend meiner Wolke Tragwerk, die mich sanft An klaren Tagen über Land und Meer geführt. Sie lös’t sich langsam, nicht zerstiebend, von mir ab. Nach Osten strebt die Masse mit geballtem Zug, Ihr strebt das Auge staunend in Bewundrung nach. Sie theilt sich wandelnd, wogenhaft, veränderlich. Doch will sich’s modeln. – Ja! das Auge trügt mich nicht! – Auf sonnbeglänzten Pfühlen herrlich hingestreckt, Zwar riesenhaft, ein göttergleiches Fraungebild, Ich seh’s! Junonen ähnlich, Leda’n, Helenen, Wie majestätisch lieblich mir’s im Auge schwankt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/263
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/263>, abgerufen am 22.12.2024.