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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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hier ist jene energische Wirkung noch nicht geendigt, son-
dern sie scheint sich in abwechselnden Kreisen weiter fort
zu bewegen.

95.

Es giebt viele Fälle, die auf eine kreisartige Wir-
kung der Retina deuten, es sey nun, daß sie durch die
runde Form des Auges selbst und seiner verschiedenen
Theile, oder sonst hervorgebracht werde.

96.

Wenn man das Auge von dem innern Augenwinkel
her nur ein wenig drückt, so entstehen dunklere oder hellere
Kreise. Man kann bey Nachtzeit manchmal auch ohne
Druck eine Succession solcher Kreise gewahr werden,
von denen sich einer aus dem andern entwickelt, einer
vom andern verschlungen wird.

97.

Wir haben schon einen gelben Rand um den von
einem nah gestellten Licht erleuchteten weißen Raum ge-
sehen. Dieß wäre eine Art von objectivem Hof (88).

98.

Die subjectiven Höfe können wir uns als den Con-
flict des Lichtes mit einem lebendigen Raume denken.
Aus dem Conflict des Bewegenden mit dem Bewegten
entsteht eine undulirende Bewegung. Man kann das
Gleichniß von den Ringen im Wasser hernehmen. Der
hineingeworfene Stein treibt das Wasser nach allen Sei-
ten, die Wirkung erreicht eine höchste Stufe, sie klingt

hier iſt jene energiſche Wirkung noch nicht geendigt, ſon-
dern ſie ſcheint ſich in abwechſelnden Kreiſen weiter fort
zu bewegen.

95.

Es giebt viele Faͤlle, die auf eine kreisartige Wir-
kung der Retina deuten, es ſey nun, daß ſie durch die
runde Form des Auges ſelbſt und ſeiner verſchiedenen
Theile, oder ſonſt hervorgebracht werde.

96.

Wenn man das Auge von dem innern Augenwinkel
her nur ein wenig druͤckt, ſo entſtehen dunklere oder hellere
Kreiſe. Man kann bey Nachtzeit manchmal auch ohne
Druck eine Succeſſion ſolcher Kreiſe gewahr werden,
von denen ſich einer aus dem andern entwickelt, einer
vom andern verſchlungen wird.

97.

Wir haben ſchon einen gelben Rand um den von
einem nah geſtellten Licht erleuchteten weißen Raum ge-
ſehen. Dieß waͤre eine Art von objectivem Hof (88).

98.

Die ſubjectiven Hoͤfe koͤnnen wir uns als den Con-
flict des Lichtes mit einem lebendigen Raume denken.
Aus dem Conflict des Bewegenden mit dem Bewegten
entſteht eine undulirende Bewegung. Man kann das
Gleichniß von den Ringen im Waſſer hernehmen. Der
hineingeworfene Stein treibt das Waſſer nach allen Sei-
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[40/0094] hier iſt jene energiſche Wirkung noch nicht geendigt, ſon- dern ſie ſcheint ſich in abwechſelnden Kreiſen weiter fort zu bewegen. 95. Es giebt viele Faͤlle, die auf eine kreisartige Wir- kung der Retina deuten, es ſey nun, daß ſie durch die runde Form des Auges ſelbſt und ſeiner verſchiedenen Theile, oder ſonſt hervorgebracht werde. 96. Wenn man das Auge von dem innern Augenwinkel her nur ein wenig druͤckt, ſo entſtehen dunklere oder hellere Kreiſe. Man kann bey Nachtzeit manchmal auch ohne Druck eine Succeſſion ſolcher Kreiſe gewahr werden, von denen ſich einer aus dem andern entwickelt, einer vom andern verſchlungen wird. 97. Wir haben ſchon einen gelben Rand um den von einem nah geſtellten Licht erleuchteten weißen Raum ge- ſehen. Dieß waͤre eine Art von objectivem Hof (88). 98. Die ſubjectiven Hoͤfe koͤnnen wir uns als den Con- flict des Lichtes mit einem lebendigen Raume denken. Aus dem Conflict des Bewegenden mit dem Bewegten entſteht eine undulirende Bewegung. Man kann das Gleichniß von den Ringen im Waſſer hernehmen. Der hineingeworfene Stein treibt das Waſſer nach allen Sei- ten, die Wirkung erreicht eine hoͤchſte Stufe, ſie klingt

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/94>, abgerufen am 22.12.2024.