die durch das von dem Wasser reflectirte Licht erleuchtet war, grün aussah.
664.
Wir haben dieses Versuchs unter den physiologi- schen Farben, da wo er hingehört, schon erwähnt. Das Wasser wirkt hier als ein trübes Mittel welches die Sonnenstrahlen nach und nach mäßigt, bis sie aus dem Gelben ins Rothe übergehen und endlich purpur- farben erscheinen; dagegen denn die Schatten in der geforderten grünen Farbe gesehen werden. Man höre nun, wie seltsam sich Newton benimmt, um dem Phänomen seine Terminologie anzupassen.
665.
Daraus läßt sich schließen, daß das Seewasser die violett- und blaumachenden Strahlen sehr leicht zurückwirft und die rothmachenden Strahlen frey und häufig in große Tiefen hinunter läßt; deshalb das directe Sonnenlicht in allen gro- ßen Tiefen, wegen der vorwaltenden rothmachenden Strahlen, roth erscheinen muß, und je größer die Tiefe ist, desto stär- ker und mächtiger muß das Roth werden. Und in solchen Tiefen, wo die violettmachenden Strahlen kaum hinkommen, müssen die blaumachenden, grünmachenden, gelbmachenden Strahlen von unten häufiger zurückgeworfen werden als die rothmachenden, und ein Grün zusammensetzen.
666.
Da uns nunmehr die wahre Ableitung dieses Phä- nomens genugsam bekannt ist, so kann uns die New- tonische Lehre nur zur Belustigung dienen, wobey denn
die durch das von dem Waſſer reflectirte Licht erleuchtet war, gruͤn ausſah.
664.
Wir haben dieſes Verſuchs unter den phyſiologi- ſchen Farben, da wo er hingehoͤrt, ſchon erwaͤhnt. Das Waſſer wirkt hier als ein truͤbes Mittel welches die Sonnenſtrahlen nach und nach maͤßigt, bis ſie aus dem Gelben ins Rothe uͤbergehen und endlich purpur- farben erſcheinen; dagegen denn die Schatten in der geforderten gruͤnen Farbe geſehen werden. Man hoͤre nun, wie ſeltſam ſich Newton benimmt, um dem Phaͤnomen ſeine Terminologie anzupaſſen.
665.
Daraus laͤßt ſich ſchließen, daß das Seewaſſer die violett- und blaumachenden Strahlen ſehr leicht zuruͤckwirft und die rothmachenden Strahlen frey und haͤufig in große Tiefen hinunter laͤßt; deshalb das directe Sonnenlicht in allen gro- ßen Tiefen, wegen der vorwaltenden rothmachenden Strahlen, roth erſcheinen muß, und je groͤßer die Tiefe iſt, deſto ſtaͤr- ker und maͤchtiger muß das Roth werden. Und in ſolchen Tiefen, wo die violettmachenden Strahlen kaum hinkommen, muͤſſen die blaumachenden, gruͤnmachenden, gelbmachenden Strahlen von unten haͤufiger zuruͤckgeworfen werden als die rothmachenden, und ein Gruͤn zuſammenſetzen.
666.
Da uns nunmehr die wahre Ableitung dieſes Phaͤ- nomens genugſam bekannt iſt, ſo kann uns die New- toniſche Lehre nur zur Beluſtigung dienen, wobey denn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0693"n="639"/>
die durch das von dem Waſſer reflectirte Licht erleuchtet war,<lb/>
gruͤn ausſah.</p></div><lb/><divn="5"><head>664.</head><lb/><p>Wir haben dieſes Verſuchs unter den phyſiologi-<lb/>ſchen Farben, da wo er hingehoͤrt, ſchon erwaͤhnt.<lb/>
Das Waſſer wirkt hier als ein truͤbes Mittel welches<lb/>
die Sonnenſtrahlen nach und nach maͤßigt, bis ſie aus<lb/>
dem Gelben ins Rothe uͤbergehen und endlich purpur-<lb/>
farben erſcheinen; dagegen denn die Schatten in der<lb/>
geforderten gruͤnen Farbe geſehen werden. Man hoͤre<lb/>
nun, wie ſeltſam ſich Newton benimmt, um dem<lb/>
Phaͤnomen ſeine Terminologie anzupaſſen.</p></div><lb/><divn="5"><head>665.</head><lb/><p>Daraus laͤßt ſich ſchließen, daß das Seewaſſer die violett-<lb/>
und blaumachenden Strahlen ſehr leicht zuruͤckwirft und die<lb/>
rothmachenden Strahlen frey und haͤufig in große Tiefen<lb/>
hinunter laͤßt; deshalb das directe Sonnenlicht in allen gro-<lb/>
ßen Tiefen, wegen der vorwaltenden rothmachenden Strahlen,<lb/>
roth erſcheinen muß, und je groͤßer die Tiefe iſt, deſto ſtaͤr-<lb/>
ker und maͤchtiger muß das Roth werden. Und in ſolchen<lb/>
Tiefen, wo die violettmachenden Strahlen kaum hinkommen,<lb/>
muͤſſen die blaumachenden, gruͤnmachenden, gelbmachenden<lb/>
Strahlen von unten haͤufiger zuruͤckgeworfen werden als die<lb/>
rothmachenden, und ein Gruͤn zuſammenſetzen.</p></div><lb/><divn="5"><head>666.</head><lb/><p>Da uns nunmehr die wahre Ableitung dieſes Phaͤ-<lb/>
nomens genugſam bekannt iſt, ſo kann uns die New-<lb/>
toniſche Lehre nur zur Beluſtigung dienen, wobey denn<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[639/0693]
die durch das von dem Waſſer reflectirte Licht erleuchtet war,
gruͤn ausſah.
664.
Wir haben dieſes Verſuchs unter den phyſiologi-
ſchen Farben, da wo er hingehoͤrt, ſchon erwaͤhnt.
Das Waſſer wirkt hier als ein truͤbes Mittel welches
die Sonnenſtrahlen nach und nach maͤßigt, bis ſie aus
dem Gelben ins Rothe uͤbergehen und endlich purpur-
farben erſcheinen; dagegen denn die Schatten in der
geforderten gruͤnen Farbe geſehen werden. Man hoͤre
nun, wie ſeltſam ſich Newton benimmt, um dem
Phaͤnomen ſeine Terminologie anzupaſſen.
665.
Daraus laͤßt ſich ſchließen, daß das Seewaſſer die violett-
und blaumachenden Strahlen ſehr leicht zuruͤckwirft und die
rothmachenden Strahlen frey und haͤufig in große Tiefen
hinunter laͤßt; deshalb das directe Sonnenlicht in allen gro-
ßen Tiefen, wegen der vorwaltenden rothmachenden Strahlen,
roth erſcheinen muß, und je groͤßer die Tiefe iſt, deſto ſtaͤr-
ker und maͤchtiger muß das Roth werden. Und in ſolchen
Tiefen, wo die violettmachenden Strahlen kaum hinkommen,
muͤſſen die blaumachenden, gruͤnmachenden, gelbmachenden
Strahlen von unten haͤufiger zuruͤckgeworfen werden als die
rothmachenden, und ein Gruͤn zuſammenſetzen.
666.
Da uns nunmehr die wahre Ableitung dieſes Phaͤ-
nomens genugſam bekannt iſt, ſo kann uns die New-
toniſche Lehre nur zur Beluſtigung dienen, wobey denn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/693>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.