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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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noch schwerer und die rothmachenden am allerschwersten. Wenn
nun die Masse der Feuchtigkeit nicht stärker ist, als daß sie
nur eine hinlängliche Anzahl von violettmachenden und blau-
machenden Strahlen abhält, ohne die Zahl der übrigen zu
vermindern; so muß der Ueberrest (nach der sechsten Proposi-
tion des zweyten Theils) ein blasses Gelb machen: gewinnt
aber die Feuchtigkeit so viel an Masse, daß sie eine große
Anzahl von blaumachenden Strahlen und einige grünmachende
abhalten kann, so muß aus der Zusammensetzung der übrigen
ein Orange entstehen; und wenn die Feuchtigkeit noch breiter
wird um eine große Anzahl von den grünmachenden und eine
bedeutende Anzahl von den gelbmachenden abzuhalten, so muß
der Ueberrest anfangen ein Roth zusammenzusetzen; und die-
ses Roth muß tiefer und dunkler werden, wenn die gelbma-
chenden und orangemachenden Strahlen mehr und mehr durch
die wachsende Masse der Feuchtigkeit abgehalten werden, so
daß wenig Strahlen außer den rothmachenden durchgelangen
können.

662.

Ob wohl in der Geschichte der Wissenschaften
etwas ähnlich närrisches und lächerliches von Erklä-
rungsart zu finden seyn möchte?

663.

Von derselben Art ist eine Erfahrung, die mir neulich
Herr Halley erzählt hat; der, als er tief in die See in einer
Taucherglocke hinabstieg, an einem klaren Sonnenscheinstag,
bemerkte, daß wenn er mehrere Faden tief ins Wasser hinab-
kam, der obere Theil seiner Hand, worauf die Sonne gerade
durchs Wasser und durch ein kleines Glasfenster in der Glocke
schien, eine rothe Farbe hatte, wie eine Damascener Rose,
so wie das Wasser unten und die untere Seite seiner Hand,

noch ſchwerer und die rothmachenden am allerſchwerſten. Wenn
nun die Maſſe der Feuchtigkeit nicht ſtaͤrker iſt, als daß ſie
nur eine hinlaͤngliche Anzahl von violettmachenden und blau-
machenden Strahlen abhaͤlt, ohne die Zahl der uͤbrigen zu
vermindern; ſo muß der Ueberreſt (nach der ſechſten Propoſi-
tion des zweyten Theils) ein blaſſes Gelb machen: gewinnt
aber die Feuchtigkeit ſo viel an Maſſe, daß ſie eine große
Anzahl von blaumachenden Strahlen und einige gruͤnmachende
abhalten kann, ſo muß aus der Zuſammenſetzung der uͤbrigen
ein Orange entſtehen; und wenn die Feuchtigkeit noch breiter
wird um eine große Anzahl von den gruͤnmachenden und eine
bedeutende Anzahl von den gelbmachenden abzuhalten, ſo muß
der Ueberreſt anfangen ein Roth zuſammenzuſetzen; und die-
ſes Roth muß tiefer und dunkler werden, wenn die gelbma-
chenden und orangemachenden Strahlen mehr und mehr durch
die wachſende Maſſe der Feuchtigkeit abgehalten werden, ſo
daß wenig Strahlen außer den rothmachenden durchgelangen
koͤnnen.

662.

Ob wohl in der Geſchichte der Wiſſenſchaften
etwas aͤhnlich naͤrriſches und laͤcherliches von Erklaͤ-
rungsart zu finden ſeyn moͤchte?

663.

Von derſelben Art iſt eine Erfahrung, die mir neulich
Herr Halley erzaͤhlt hat; der, als er tief in die See in einer
Taucherglocke hinabſtieg, an einem klaren Sonnenſcheinstag,
bemerkte, daß wenn er mehrere Faden tief ins Waſſer hinab-
kam, der obere Theil ſeiner Hand, worauf die Sonne gerade
durchs Waſſer und durch ein kleines Glasfenſter in der Glocke
ſchien, eine rothe Farbe hatte, wie eine Damascener Roſe,
ſo wie das Waſſer unten und die untere Seite ſeiner Hand,

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[638/0692] noch ſchwerer und die rothmachenden am allerſchwerſten. Wenn nun die Maſſe der Feuchtigkeit nicht ſtaͤrker iſt, als daß ſie nur eine hinlaͤngliche Anzahl von violettmachenden und blau- machenden Strahlen abhaͤlt, ohne die Zahl der uͤbrigen zu vermindern; ſo muß der Ueberreſt (nach der ſechſten Propoſi- tion des zweyten Theils) ein blaſſes Gelb machen: gewinnt aber die Feuchtigkeit ſo viel an Maſſe, daß ſie eine große Anzahl von blaumachenden Strahlen und einige gruͤnmachende abhalten kann, ſo muß aus der Zuſammenſetzung der uͤbrigen ein Orange entſtehen; und wenn die Feuchtigkeit noch breiter wird um eine große Anzahl von den gruͤnmachenden und eine bedeutende Anzahl von den gelbmachenden abzuhalten, ſo muß der Ueberreſt anfangen ein Roth zuſammenzuſetzen; und die- ſes Roth muß tiefer und dunkler werden, wenn die gelbma- chenden und orangemachenden Strahlen mehr und mehr durch die wachſende Maſſe der Feuchtigkeit abgehalten werden, ſo daß wenig Strahlen außer den rothmachenden durchgelangen koͤnnen. 662. Ob wohl in der Geſchichte der Wiſſenſchaften etwas aͤhnlich naͤrriſches und laͤcherliches von Erklaͤ- rungsart zu finden ſeyn moͤchte? 663. Von derſelben Art iſt eine Erfahrung, die mir neulich Herr Halley erzaͤhlt hat; der, als er tief in die See in einer Taucherglocke hinabſtieg, an einem klaren Sonnenſcheinstag, bemerkte, daß wenn er mehrere Faden tief ins Waſſer hinab- kam, der obere Theil ſeiner Hand, worauf die Sonne gerade durchs Waſſer und durch ein kleines Glasfenſter in der Glocke ſchien, eine rothe Farbe hatte, wie eine Damascener Roſe, ſo wie das Waſſer unten und die untere Seite ſeiner Hand,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/692>, abgerufen am 22.12.2024.