Ferner mit Einem Theil Mennige und vier Theilen Berg- blau setzte ich eine graue Farbe zusammen, die ein wenig ge- gen den Purpur zog, und indem ich dazu eine gewisse Mi- schung von Opperment und Grünspan in schicklichem Maße hinzufügte, verlor die Mischung ihren Purpurschein und ward vollkommen grau. Aber der Versuch gerieth am besten ohne Mennige folgendermaßen. Zum Opperment that ich nach und nach satten glänzenden Purpur hinzu, wie sich dessen die Maler bedienen, bis das Opperment aufhörte gelb zu seyn und blaßroth erschien. Dann verdünnte ich das Roth, indem ich etwas Grünspan und etwas mehr Bergblau als Grün- span hinzuthat, bis die Mischung ein Grau oder blasses Weiß annahm, das zu keiner Farbe mehr als zu der andern hinneigte. Und so entstand eine Farbe an Weiße der Asche gleich, oder frisch gehauenem Holze, oder der Menschenhaut.
579.
Auch in dieser Mischung sind Bergblau und Grün- span die Hauptingredienzien, welche beyde ein mehliges kreidenhaftes Ansehen haben. Ja Newton hätte nur immer noch Kreide hinzumanschen können, um die Far- ben immer mehr zu verdünnen, und ein helleres Grau hervorzubringen, ohne daß dadurch in der Sache im mindesten etwas gewonnen wäre.
580.
Betrachtete ich nun, daß diese grauen und dunklen Far- ben ebenfalls hervorgebracht werden können, wenn man Weiß und Schwarz zusammenmischt, und sie daher vom vollkomme- nen Weißen nicht in der Art der Farbe, sondern nur in dem Grade der Hellung verschieden sind:
578.
Ferner mit Einem Theil Mennige und vier Theilen Berg- blau ſetzte ich eine graue Farbe zuſammen, die ein wenig ge- gen den Purpur zog, und indem ich dazu eine gewiſſe Mi- ſchung von Opperment und Gruͤnſpan in ſchicklichem Maße hinzufuͤgte, verlor die Miſchung ihren Purpurſchein und ward vollkommen grau. Aber der Verſuch gerieth am beſten ohne Mennige folgendermaßen. Zum Opperment that ich nach und nach ſatten glaͤnzenden Purpur hinzu, wie ſich deſſen die Maler bedienen, bis das Opperment aufhoͤrte gelb zu ſeyn und blaßroth erſchien. Dann verduͤnnte ich das Roth, indem ich etwas Gruͤnſpan und etwas mehr Bergblau als Gruͤn- ſpan hinzuthat, bis die Miſchung ein Grau oder blaſſes Weiß annahm, das zu keiner Farbe mehr als zu der andern hinneigte. Und ſo entſtand eine Farbe an Weiße der Aſche gleich, oder friſch gehauenem Holze, oder der Menſchenhaut.
579.
Auch in dieſer Miſchung ſind Bergblau und Gruͤn- ſpan die Hauptingredienzien, welche beyde ein mehliges kreidenhaftes Anſehen haben. Ja Newton haͤtte nur immer noch Kreide hinzumanſchen koͤnnen, um die Far- ben immer mehr zu verduͤnnen, und ein helleres Grau hervorzubringen, ohne daß dadurch in der Sache im mindeſten etwas gewonnen waͤre.
580.
Betrachtete ich nun, daß dieſe grauen und dunklen Far- ben ebenfalls hervorgebracht werden koͤnnen, wenn man Weiß und Schwarz zuſammenmiſcht, und ſie daher vom vollkomme- nen Weißen nicht in der Art der Farbe, ſondern nur in dem Grade der Hellung verſchieden ſind:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0662"n="608"/><divn="5"><head>578.</head><lb/><p>Ferner mit Einem Theil Mennige und vier Theilen Berg-<lb/>
blau ſetzte ich eine graue Farbe zuſammen, die ein wenig ge-<lb/>
gen den Purpur zog, und indem ich dazu eine gewiſſe Mi-<lb/>ſchung von Opperment und Gruͤnſpan in ſchicklichem Maße<lb/>
hinzufuͤgte, verlor die Miſchung ihren Purpurſchein und ward<lb/>
vollkommen grau. Aber der Verſuch gerieth am beſten ohne<lb/>
Mennige folgendermaßen. Zum Opperment that ich nach<lb/>
und nach ſatten glaͤnzenden Purpur hinzu, wie ſich deſſen die<lb/>
Maler bedienen, bis das Opperment aufhoͤrte gelb zu ſeyn<lb/>
und blaßroth erſchien. Dann verduͤnnte ich das Roth, indem<lb/>
ich etwas Gruͤnſpan und etwas mehr Bergblau als Gruͤn-<lb/>ſpan hinzuthat, bis die Miſchung ein Grau oder blaſſes<lb/>
Weiß annahm, das zu keiner Farbe mehr als zu der andern<lb/>
hinneigte. Und ſo entſtand eine Farbe an Weiße der Aſche<lb/>
gleich, oder friſch gehauenem Holze, oder der Menſchenhaut.</p></div><lb/><divn="5"><head>579.</head><lb/><p>Auch in dieſer Miſchung ſind Bergblau und Gruͤn-<lb/>ſpan die Hauptingredienzien, welche beyde ein mehliges<lb/>
kreidenhaftes Anſehen haben. Ja Newton haͤtte nur<lb/>
immer noch Kreide hinzumanſchen koͤnnen, um die Far-<lb/>
ben immer mehr zu verduͤnnen, und ein helleres Grau<lb/>
hervorzubringen, ohne daß dadurch in der Sache im<lb/>
mindeſten etwas gewonnen waͤre.</p></div><lb/><divn="5"><head>580.</head><lb/><p>Betrachtete ich nun, daß dieſe grauen und dunklen Far-<lb/>
ben ebenfalls hervorgebracht werden koͤnnen, wenn man Weiß<lb/>
und Schwarz zuſammenmiſcht, und ſie daher vom vollkomme-<lb/>
nen Weißen nicht in der Art der Farbe, ſondern nur in dem<lb/>
Grade der Hellung verſchieden ſind:</p></div><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[608/0662]
578.
Ferner mit Einem Theil Mennige und vier Theilen Berg-
blau ſetzte ich eine graue Farbe zuſammen, die ein wenig ge-
gen den Purpur zog, und indem ich dazu eine gewiſſe Mi-
ſchung von Opperment und Gruͤnſpan in ſchicklichem Maße
hinzufuͤgte, verlor die Miſchung ihren Purpurſchein und ward
vollkommen grau. Aber der Verſuch gerieth am beſten ohne
Mennige folgendermaßen. Zum Opperment that ich nach
und nach ſatten glaͤnzenden Purpur hinzu, wie ſich deſſen die
Maler bedienen, bis das Opperment aufhoͤrte gelb zu ſeyn
und blaßroth erſchien. Dann verduͤnnte ich das Roth, indem
ich etwas Gruͤnſpan und etwas mehr Bergblau als Gruͤn-
ſpan hinzuthat, bis die Miſchung ein Grau oder blaſſes
Weiß annahm, das zu keiner Farbe mehr als zu der andern
hinneigte. Und ſo entſtand eine Farbe an Weiße der Aſche
gleich, oder friſch gehauenem Holze, oder der Menſchenhaut.
579.
Auch in dieſer Miſchung ſind Bergblau und Gruͤn-
ſpan die Hauptingredienzien, welche beyde ein mehliges
kreidenhaftes Anſehen haben. Ja Newton haͤtte nur
immer noch Kreide hinzumanſchen koͤnnen, um die Far-
ben immer mehr zu verduͤnnen, und ein helleres Grau
hervorzubringen, ohne daß dadurch in der Sache im
mindeſten etwas gewonnen waͤre.
580.
Betrachtete ich nun, daß dieſe grauen und dunklen Far-
ben ebenfalls hervorgebracht werden koͤnnen, wenn man Weiß
und Schwarz zuſammenmiſcht, und ſie daher vom vollkomme-
nen Weißen nicht in der Art der Farbe, ſondern nur in dem
Grade der Hellung verſchieden ſind:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/662>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.