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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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452.

Und doch fand ich niemals einen Körper, der wenn er
das homogene Licht zurückwarf, merklich dessen Farbe verän-
dern konnte.

453.

Hier haben wir das Wort merklich schon wieder,
und doch ist es wohl sehr merklich, wenn das gelbrothe
Ende des Spectrums auf ein blaues oder violettes
Papier geworfen wird, da denn sogleich mehr oder
weniger die Purpurfarbe entsteht: und so mit allen
übrigen Mischungen, wie sie uns bekannt sind. Doch ha-
ben wir noch zu bemerken, daß die Art wie Newton den
Versuch mit Körpern oder körperlichen Gegenständen, mit
Pulvern u. dgl. anstellt, etwas captioses im Hinterhalte
hat; weil alsdann nicht von einer reinen Fläche, sondern
aus Höhen und Tiefen, aus erleuchteten und beschatte-
ten Stellen, das Licht zurück ins Auge kommt und
der Versuch unsicher und unrein wird. Wir bestehen
daher darauf, daß man ihn mit schönen farbigen, glatt
auf Pappe gezogenen Papieren anstelle. Will man
Taffent, Atlaß, seines Tuch zu dem Versuche nehmen,
so wird er mehr oder weniger schön und deutlich aus-
fallen.

Daß nunmehr Newton abermals mit seinem ergo
bibamus
schließen werde, läßt sich erwarten: denn er
setzt sehr glorios hinzu:

454.

Woraus denn klar ist, daß wenn das Sonnenlicht nur

452.

Und doch fand ich niemals einen Koͤrper, der wenn er
das homogene Licht zuruͤckwarf, merklich deſſen Farbe veraͤn-
dern konnte.

453.

Hier haben wir das Wort merklich ſchon wieder,
und doch iſt es wohl ſehr merklich, wenn das gelbrothe
Ende des Spectrums auf ein blaues oder violettes
Papier geworfen wird, da denn ſogleich mehr oder
weniger die Purpurfarbe entſteht: und ſo mit allen
uͤbrigen Miſchungen, wie ſie uns bekannt ſind. Doch ha-
ben wir noch zu bemerken, daß die Art wie Newton den
Verſuch mit Koͤrpern oder koͤrperlichen Gegenſtaͤnden, mit
Pulvern u. dgl. anſtellt, etwas captioſes im Hinterhalte
hat; weil alsdann nicht von einer reinen Flaͤche, ſondern
aus Hoͤhen und Tiefen, aus erleuchteten und beſchatte-
ten Stellen, das Licht zuruͤck ins Auge kommt und
der Verſuch unſicher und unrein wird. Wir beſtehen
daher darauf, daß man ihn mit ſchoͤnen farbigen, glatt
auf Pappe gezogenen Papieren anſtelle. Will man
Taffent, Atlaß, ſeines Tuch zu dem Verſuche nehmen,
ſo wird er mehr oder weniger ſchoͤn und deutlich aus-
fallen.

Daß nunmehr Newton abermals mit ſeinem ergo
bibamus
ſchließen werde, laͤßt ſich erwarten: denn er
ſetzt ſehr glorios hinzu:

454.

Woraus denn klar iſt, daß wenn das Sonnenlicht nur

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[558/0612] 452. Und doch fand ich niemals einen Koͤrper, der wenn er das homogene Licht zuruͤckwarf, merklich deſſen Farbe veraͤn- dern konnte. 453. Hier haben wir das Wort merklich ſchon wieder, und doch iſt es wohl ſehr merklich, wenn das gelbrothe Ende des Spectrums auf ein blaues oder violettes Papier geworfen wird, da denn ſogleich mehr oder weniger die Purpurfarbe entſteht: und ſo mit allen uͤbrigen Miſchungen, wie ſie uns bekannt ſind. Doch ha- ben wir noch zu bemerken, daß die Art wie Newton den Verſuch mit Koͤrpern oder koͤrperlichen Gegenſtaͤnden, mit Pulvern u. dgl. anſtellt, etwas captioſes im Hinterhalte hat; weil alsdann nicht von einer reinen Flaͤche, ſondern aus Hoͤhen und Tiefen, aus erleuchteten und beſchatte- ten Stellen, das Licht zuruͤck ins Auge kommt und der Verſuch unſicher und unrein wird. Wir beſtehen daher darauf, daß man ihn mit ſchoͤnen farbigen, glatt auf Pappe gezogenen Papieren anſtelle. Will man Taffent, Atlaß, ſeines Tuch zu dem Verſuche nehmen, ſo wird er mehr oder weniger ſchoͤn und deutlich aus- fallen. Daß nunmehr Newton abermals mit ſeinem ergo bibamus ſchließen werde, laͤßt ſich erwarten: denn er ſetzt ſehr glorios hinzu: 454. Woraus denn klar iſt, daß wenn das Sonnenlicht nur

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/612>, abgerufen am 21.11.2024.