theils früher, theils später zur Convergenz brachten. Man that daher den Vorschlag und machte Versuche, elliptische und parabolische Gläser anzuwenden, welche jedoch nicht vollkommen gelingen wollten.
305.
Während solcher Bemühungen ward man auf die zweyte Abweichung, welche farbig war, aufmerksam. Es zeigte sich, daß der Deutlichkeit der Bilder sich eine Farbenerscheinung entgegensetzte, welche besonders die Gränzen, worauf es doch hauptsächlich bey einem Bilde ankommt, unsicher machte. Lange hielt man diese Erschei- nung für zufällig; man schob sie auf eine unregelmä- ßige Brechung, auf Unrichtigkeiten des Glases, auf Umstände welche vorhanden und nicht vorhanden seyn konnten, und war indeß unablässig bemüht, jene erste von der Form sich herschreibende Abweichung auszuglei- chen und aufzuheben.
306.
Newton wendete hingegen seine Aufmerksamkeit auf die zweyte Art der Aberration. Er findet die Farbenerscheinung constant und, da er von prismati- schen Versuchen ausgeht, sehr mächtig; er setzt die Lehre von diverser Refrangibilität bey sich fest. Wie er sie begründet, haben wir gesehen; wie er dazu ver- leitet worden, wird uns die Geschichte zeigen.
307.
Nach seinen Erfahrungen, nach der Art wie er sie
theils fruͤher, theils ſpaͤter zur Convergenz brachten. Man that daher den Vorſchlag und machte Verſuche, elliptiſche und paraboliſche Glaͤſer anzuwenden, welche jedoch nicht vollkommen gelingen wollten.
305.
Waͤhrend ſolcher Bemuͤhungen ward man auf die zweyte Abweichung, welche farbig war, aufmerkſam. Es zeigte ſich, daß der Deutlichkeit der Bilder ſich eine Farbenerſcheinung entgegenſetzte, welche beſonders die Graͤnzen, worauf es doch hauptſaͤchlich bey einem Bilde ankommt, unſicher machte. Lange hielt man dieſe Erſchei- nung fuͤr zufaͤllig; man ſchob ſie auf eine unregelmaͤ- ßige Brechung, auf Unrichtigkeiten des Glaſes, auf Umſtaͤnde welche vorhanden und nicht vorhanden ſeyn konnten, und war indeß unablaͤſſig bemuͤht, jene erſte von der Form ſich herſchreibende Abweichung auszuglei- chen und aufzuheben.
306.
Newton wendete hingegen ſeine Aufmerkſamkeit auf die zweyte Art der Aberration. Er findet die Farbenerſcheinung conſtant und, da er von prismati- ſchen Verſuchen ausgeht, ſehr maͤchtig; er ſetzt die Lehre von diverſer Refrangibilitaͤt bey ſich feſt. Wie er ſie begruͤndet, haben wir geſehen; wie er dazu ver- leitet worden, wird uns die Geſchichte zeigen.
307.
Nach ſeinen Erfahrungen, nach der Art wie er ſie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0568"n="514"/>
theils fruͤher, theils ſpaͤter zur Convergenz brachten.<lb/>
Man that daher den Vorſchlag und machte Verſuche,<lb/>
elliptiſche und paraboliſche Glaͤſer anzuwenden, welche<lb/>
jedoch nicht vollkommen gelingen wollten.</p></div><lb/><divn="4"><head>305.</head><lb/><p>Waͤhrend ſolcher Bemuͤhungen ward man auf die<lb/>
zweyte Abweichung, welche farbig war, aufmerkſam.<lb/>
Es zeigte ſich, daß der Deutlichkeit der Bilder ſich eine<lb/>
Farbenerſcheinung entgegenſetzte, welche beſonders die<lb/>
Graͤnzen, worauf es doch hauptſaͤchlich bey einem Bilde<lb/>
ankommt, unſicher machte. Lange hielt man dieſe Erſchei-<lb/>
nung fuͤr zufaͤllig; man ſchob ſie auf eine unregelmaͤ-<lb/>
ßige Brechung, auf Unrichtigkeiten des Glaſes, auf<lb/>
Umſtaͤnde welche vorhanden und nicht vorhanden ſeyn<lb/>
konnten, und war indeß unablaͤſſig bemuͤht, jene erſte<lb/>
von der Form ſich herſchreibende Abweichung auszuglei-<lb/>
chen und aufzuheben.</p></div><lb/><divn="4"><head>306.</head><lb/><p>Newton wendete hingegen ſeine Aufmerkſamkeit<lb/>
auf die zweyte Art der Aberration. Er findet die<lb/>
Farbenerſcheinung conſtant und, da er von prismati-<lb/>ſchen Verſuchen ausgeht, ſehr maͤchtig; er ſetzt die<lb/>
Lehre von diverſer Refrangibilitaͤt bey ſich feſt. Wie<lb/>
er ſie begruͤndet, haben wir geſehen; wie er dazu ver-<lb/>
leitet worden, wird uns die Geſchichte zeigen.</p></div><lb/><divn="4"><head>307.</head><lb/><p>Nach ſeinen Erfahrungen, nach der Art wie er ſie<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[514/0568]
theils fruͤher, theils ſpaͤter zur Convergenz brachten.
Man that daher den Vorſchlag und machte Verſuche,
elliptiſche und paraboliſche Glaͤſer anzuwenden, welche
jedoch nicht vollkommen gelingen wollten.
305.
Waͤhrend ſolcher Bemuͤhungen ward man auf die
zweyte Abweichung, welche farbig war, aufmerkſam.
Es zeigte ſich, daß der Deutlichkeit der Bilder ſich eine
Farbenerſcheinung entgegenſetzte, welche beſonders die
Graͤnzen, worauf es doch hauptſaͤchlich bey einem Bilde
ankommt, unſicher machte. Lange hielt man dieſe Erſchei-
nung fuͤr zufaͤllig; man ſchob ſie auf eine unregelmaͤ-
ßige Brechung, auf Unrichtigkeiten des Glaſes, auf
Umſtaͤnde welche vorhanden und nicht vorhanden ſeyn
konnten, und war indeß unablaͤſſig bemuͤht, jene erſte
von der Form ſich herſchreibende Abweichung auszuglei-
chen und aufzuheben.
306.
Newton wendete hingegen ſeine Aufmerkſamkeit
auf die zweyte Art der Aberration. Er findet die
Farbenerſcheinung conſtant und, da er von prismati-
ſchen Verſuchen ausgeht, ſehr maͤchtig; er ſetzt die
Lehre von diverſer Refrangibilitaͤt bey ſich feſt. Wie
er ſie begruͤndet, haben wir geſehen; wie er dazu ver-
leitet worden, wird uns die Geſchichte zeigen.
307.
Nach ſeinen Erfahrungen, nach der Art wie er ſie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/568>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.