men herankommen, und von dieser ersten Ansicht hängt sehr oft die ganze Behandlung des Gegenstandes ab. Giebt man hierauf in der Geschichte des Wissens wohl Acht, bemerkt man genau, wie gewisse Individuen, Gesellschaften, Nationen, Zeitgenossen an eine Entde- ckung, an die Bearbeitung eines Entdeckten herankom- men; so klärt sich manches auf, was außerdem verbor- gen bliebe oder uns verwirrt machte. In der Geschichte der Chromatik werden wir diesen Leitfaden öfters an- knüpfen, und auch bey Beurtheilung des gegenwärtigen Abschnittes soll er uns gute Dienste thun. Wir bemer- ken also vor allen Dingen, daß Newton sein Interesse für die Farbenlehre dadurch gewann, daß er die diop- trischen Fernröhre zu verbessern suchte.
304.
Bey Entdeckung der Refractionsgesetze hatte man die Farbenerscheinung nicht beachtet und zwar mit Recht: denn bey Versuchen mit parallelen Mitteln ist sie von keiner Bedeutung. Als man aber geschliffene Gläser zu Brillen und Teleskopen anwendete, kam die- ses Phänomen näher zur Sprache. Sobald die Telesko- pe einmal entdeckt waren, gingen Mathematiker und Techniker mit Ernst auf ihre Verbesserung los, der sich besonders zwey Mängel entgegenstellten, die man Aber- rationen, Abirrungen nannte. Die eine kam von der Form her: denn man bemerkte, daß die aus Kugel- schnitten bestehenden Linsen nicht alle Theile des Bildes rein in einen Punct versammelten, sondern die Strah- len (indem man sich dieser Vorstellung dabey bediente)
I. 33
men herankommen, und von dieſer erſten Anſicht haͤngt ſehr oft die ganze Behandlung des Gegenſtandes ab. Giebt man hierauf in der Geſchichte des Wiſſens wohl Acht, bemerkt man genau, wie gewiſſe Individuen, Geſellſchaften, Nationen, Zeitgenoſſen an eine Entde- ckung, an die Bearbeitung eines Entdeckten herankom- men; ſo klaͤrt ſich manches auf, was außerdem verbor- gen bliebe oder uns verwirrt machte. In der Geſchichte der Chromatik werden wir dieſen Leitfaden oͤfters an- knuͤpfen, und auch bey Beurtheilung des gegenwaͤrtigen Abſchnittes ſoll er uns gute Dienſte thun. Wir bemer- ken alſo vor allen Dingen, daß Newton ſein Intereſſe fuͤr die Farbenlehre dadurch gewann, daß er die diop- triſchen Fernroͤhre zu verbeſſern ſuchte.
304.
Bey Entdeckung der Refractionsgeſetze hatte man die Farbenerſcheinung nicht beachtet und zwar mit Recht: denn bey Verſuchen mit parallelen Mitteln iſt ſie von keiner Bedeutung. Als man aber geſchliffene Glaͤſer zu Brillen und Teleſkopen anwendete, kam die- ſes Phaͤnomen naͤher zur Sprache. Sobald die Teleſko- pe einmal entdeckt waren, gingen Mathematiker und Techniker mit Ernſt auf ihre Verbeſſerung los, der ſich beſonders zwey Maͤngel entgegenſtellten, die man Aber- rationen, Abirrungen nannte. Die eine kam von der Form her: denn man bemerkte, daß die aus Kugel- ſchnitten beſtehenden Linſen nicht alle Theile des Bildes rein in einen Punct verſammelten, ſondern die Strah- len (indem man ſich dieſer Vorſtellung dabey bediente)
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men herankommen, und von dieſer erſten Anſicht haͤngt
ſehr oft die ganze Behandlung des Gegenſtandes ab.
Giebt man hierauf in der Geſchichte des Wiſſens wohl
Acht, bemerkt man genau, wie gewiſſe Individuen,
Geſellſchaften, Nationen, Zeitgenoſſen an eine Entde-
ckung, an die Bearbeitung eines Entdeckten herankom-
men; ſo klaͤrt ſich manches auf, was außerdem verbor-
gen bliebe oder uns verwirrt machte. In der Geſchichte
der Chromatik werden wir dieſen Leitfaden oͤfters an-
knuͤpfen, und auch bey Beurtheilung des gegenwaͤrtigen
Abſchnittes ſoll er uns gute Dienſte thun. Wir bemer-
ken alſo vor allen Dingen, daß Newton ſein Intereſſe
fuͤr die Farbenlehre dadurch gewann, daß er die diop-
triſchen Fernroͤhre zu verbeſſern ſuchte.
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Bey Entdeckung der Refractionsgeſetze hatte man
die Farbenerſcheinung nicht beachtet und zwar mit
Recht: denn bey Verſuchen mit parallelen Mitteln iſt
ſie von keiner Bedeutung. Als man aber geſchliffene
Glaͤſer zu Brillen und Teleſkopen anwendete, kam die-
ſes Phaͤnomen naͤher zur Sprache. Sobald die Teleſko-
pe einmal entdeckt waren, gingen Mathematiker und
Techniker mit Ernſt auf ihre Verbeſſerung los, der ſich
beſonders zwey Maͤngel entgegenſtellten, die man Aber-
rationen, Abirrungen nannte. Die eine kam von der
Form her: denn man bemerkte, daß die aus Kugel-
ſchnitten beſtehenden Linſen nicht alle Theile des Bildes
rein in einen Punct verſammelten, ſondern die Strah-
len (indem man ſich dieſer Vorſtellung dabey bediente)
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/567>, abgerufen am 21.11.2024.
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