scheidung gebracht zu haben; und dürfen wohl hoffen, daß man besonders diese Figuren künftig in die Com- pendien aufnehmen werde, da man an ihnen Lehre und Controvers am besten und kürzesten vortragen kann.
300.
Um endlich alles auf einem Blatte übersehen zu können, haben wir in der fünften Figur dasjenige Phä- nomen dargestellt, woraus die Achromasie und sogar die Hyperchromasie entspringt. Wir nehmen an, daß ein mit dem vorigen gleich brechendes Mittel die chemi- sche Kraft und Gabe besitze, die Farbenerscheinung mehr zu verbreiten. Hier sieht man, daß bey gleicher Incidenz mit Nr. 1. und gleicher Refraction, dennoch eine ansehnliche Differenz in der Farbenerscheinung sey. Vielleicht ist dieses Phänomen auch in der Natur dar- zustellen, wie es hier nur in Abstracto steht; wie man denn schon jetzt die Farbenerscheinung eines Mittels ver- mehren kann, ohne an seiner Refractionskraft merklich zu ändern. Auch wiederholen wir hier die Vermu- thung (E. 686.), daß es möglich seyn möchte, irgend einem refrangirenden Mittel die chemische Eigenschaft, farbige Ränder und Säume hervorzubringen, gänzlich zu benehmen.
301.
Wem nunmehr dieses bisher von uns Dargestellte deutlich und geläufig ist, dem wird alles was Newton von Messung, Berechnung und Räsonnement bey dieser
ſcheidung gebracht zu haben; und duͤrfen wohl hoffen, daß man beſonders dieſe Figuren kuͤnftig in die Com- pendien aufnehmen werde, da man an ihnen Lehre und Controvers am beſten und kuͤrzeſten vortragen kann.
300.
Um endlich alles auf einem Blatte uͤberſehen zu koͤnnen, haben wir in der fuͤnften Figur dasjenige Phaͤ- nomen dargeſtellt, woraus die Achromaſie und ſogar die Hyperchromaſie entſpringt. Wir nehmen an, daß ein mit dem vorigen gleich brechendes Mittel die chemi- ſche Kraft und Gabe beſitze, die Farbenerſcheinung mehr zu verbreiten. Hier ſieht man, daß bey gleicher Incidenz mit Nr. 1. und gleicher Refraction, dennoch eine anſehnliche Differenz in der Farbenerſcheinung ſey. Vielleicht iſt dieſes Phaͤnomen auch in der Natur dar- zuſtellen, wie es hier nur in Abſtracto ſteht; wie man denn ſchon jetzt die Farbenerſcheinung eines Mittels ver- mehren kann, ohne an ſeiner Refractionskraft merklich zu aͤndern. Auch wiederholen wir hier die Vermu- thung (E. 686.), daß es moͤglich ſeyn moͤchte, irgend einem refrangirenden Mittel die chemiſche Eigenſchaft, farbige Raͤnder und Saͤume hervorzubringen, gaͤnzlich zu benehmen.
301.
Wem nunmehr dieſes bisher von uns Dargeſtellte deutlich und gelaͤufig iſt, dem wird alles was Newton von Meſſung, Berechnung und Raͤſonnement bey dieſer
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ſcheidung gebracht zu haben; und duͤrfen wohl hoffen,
daß man beſonders dieſe Figuren kuͤnftig in die Com-
pendien aufnehmen werde, da man an ihnen Lehre und
Controvers am beſten und kuͤrzeſten vortragen kann.
300.
Um endlich alles auf einem Blatte uͤberſehen zu
koͤnnen, haben wir in der fuͤnften Figur dasjenige Phaͤ-
nomen dargeſtellt, woraus die Achromaſie und ſogar
die Hyperchromaſie entſpringt. Wir nehmen an, daß
ein mit dem vorigen gleich brechendes Mittel die chemi-
ſche Kraft und Gabe beſitze, die Farbenerſcheinung
mehr zu verbreiten. Hier ſieht man, daß bey gleicher
Incidenz mit Nr. 1. und gleicher Refraction, dennoch
eine anſehnliche Differenz in der Farbenerſcheinung ſey.
Vielleicht iſt dieſes Phaͤnomen auch in der Natur dar-
zuſtellen, wie es hier nur in Abſtracto ſteht; wie man
denn ſchon jetzt die Farbenerſcheinung eines Mittels ver-
mehren kann, ohne an ſeiner Refractionskraft merklich
zu aͤndern. Auch wiederholen wir hier die Vermu-
thung (E. 686.), daß es moͤglich ſeyn moͤchte, irgend
einem refrangirenden Mittel die chemiſche Eigenſchaft,
farbige Raͤnder und Saͤume hervorzubringen, gaͤnzlich
zu benehmen.
301.
Wem nunmehr dieſes bisher von uns Dargeſtellte
deutlich und gelaͤufig iſt, dem wird alles was Newton
von Meſſung, Berechnung und Raͤſonnement bey dieſer
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/565>, abgerufen am 21.11.2024.
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