kann geschehen entweder an der Lichtseite, wie wir es in Nr. 4. oder an der entgegengesetzten, wie wir es Nr. 3. dargestellt haben. In beyden Fällen verhält sich der Sinus des Einfallswinkels zu dem Sinus des Refractionswinkels ganz gleich, nur daß im ersten Falle das Licht gegen die Finsterniß zurückt, im zweyten die Finsterniß gegen das Licht. Daher denn im ersten der blaue und blaurothe Rand und Saum, im zweyten der gelbe und gelbrothe zum Vorschein kommen; wobey übrigens keine Differenz ihrer Refraction, noch weniger also einer Refrangibilität eintritt.
299.
Es steht also hier die Bemerkung wohl am rechten Platze, daß man zwar irgend ein durch Erfahrung aus- gemitteltes allgemeines Naturgesetz linearsymbolisch aus- drücken und dabey gar wohl die Umstände, wodurch das zum Grunde liegende Phänomen hervorgebracht wird, voraussetzen könne; daß man aber von solchen Figuren auf dem Papiere nicht gegen die Natur wei- ter operiren dürfe, daß man bey Darstellung eines Phänomens, das bloß durch die bestimmtesten Bedingun- gen hervorgebracht wird, eben diese Bedingungen nicht ignoriren, verschweigen, beseitigen dürfe; sondern sich Mühe zu geben habe, diese gleichfalls im Allgemeinen auszusprechen und symbolisch darzustellen. Wir glauben dieses auf unsrer elften Tafel geleistet, dem was wir in unserm Entwurf mühsam auferbaut, hierdurch den Schlußstein eingesetzt und die Sache zur endlichen Ent-
kann geſchehen entweder an der Lichtſeite, wie wir es in Nr. 4. oder an der entgegengeſetzten, wie wir es Nr. 3. dargeſtellt haben. In beyden Faͤllen verhaͤlt ſich der Sinus des Einfallswinkels zu dem Sinus des Refractionswinkels ganz gleich, nur daß im erſten Falle das Licht gegen die Finſterniß zuruͤckt, im zweyten die Finſterniß gegen das Licht. Daher denn im erſten der blaue und blaurothe Rand und Saum, im zweyten der gelbe und gelbrothe zum Vorſchein kommen; wobey uͤbrigens keine Differenz ihrer Refraction, noch weniger alſo einer Refrangibilitaͤt eintritt.
299.
Es ſteht alſo hier die Bemerkung wohl am rechten Platze, daß man zwar irgend ein durch Erfahrung aus- gemitteltes allgemeines Naturgeſetz linearſymboliſch aus- druͤcken und dabey gar wohl die Umſtaͤnde, wodurch das zum Grunde liegende Phaͤnomen hervorgebracht wird, vorausſetzen koͤnne; daß man aber von ſolchen Figuren auf dem Papiere nicht gegen die Natur wei- ter operiren duͤrfe, daß man bey Darſtellung eines Phaͤnomens, das bloß durch die beſtimmteſten Bedingun- gen hervorgebracht wird, eben dieſe Bedingungen nicht ignoriren, verſchweigen, beſeitigen duͤrfe; ſondern ſich Muͤhe zu geben habe, dieſe gleichfalls im Allgemeinen auszuſprechen und ſymboliſch darzuſtellen. Wir glauben dieſes auf unſrer elften Tafel geleiſtet, dem was wir in unſerm Entwurf muͤhſam auferbaut, hierdurch den Schlußſtein eingeſetzt und die Sache zur endlichen Ent-
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[510/0564]
kann geſchehen entweder an der Lichtſeite, wie wir es
in Nr. 4. oder an der entgegengeſetzten, wie wir es
Nr. 3. dargeſtellt haben. In beyden Faͤllen verhaͤlt
ſich der Sinus des Einfallswinkels zu dem Sinus des
Refractionswinkels ganz gleich, nur daß im erſten Falle
das Licht gegen die Finſterniß zuruͤckt, im zweyten die
Finſterniß gegen das Licht. Daher denn im erſten der
blaue und blaurothe Rand und Saum, im zweyten der
gelbe und gelbrothe zum Vorſchein kommen; wobey
uͤbrigens keine Differenz ihrer Refraction, noch weniger
alſo einer Refrangibilitaͤt eintritt.
299.
Es ſteht alſo hier die Bemerkung wohl am rechten
Platze, daß man zwar irgend ein durch Erfahrung aus-
gemitteltes allgemeines Naturgeſetz linearſymboliſch aus-
druͤcken und dabey gar wohl die Umſtaͤnde, wodurch
das zum Grunde liegende Phaͤnomen hervorgebracht
wird, vorausſetzen koͤnne; daß man aber von ſolchen
Figuren auf dem Papiere nicht gegen die Natur wei-
ter operiren duͤrfe, daß man bey Darſtellung eines
Phaͤnomens, das bloß durch die beſtimmteſten Bedingun-
gen hervorgebracht wird, eben dieſe Bedingungen nicht
ignoriren, verſchweigen, beſeitigen duͤrfe; ſondern ſich
Muͤhe zu geben habe, dieſe gleichfalls im Allgemeinen
auszuſprechen und ſymboliſch darzuſtellen. Wir glauben
dieſes auf unſrer elften Tafel geleiſtet, dem was wir in
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/564>, abgerufen am 22.12.2024.
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