Oder man mache denselben mit gebrochenem Licht, es sey nun bevor die ungleich gebrochenen Strahlen durch Diver- genz von einander abgesondert sind, bevor sie noch die Weiße, welche aus ihrer Zusammensetzung entspringt, verloren haben, also bevor sie noch einzeln, als einzelne Farben erscheinen (Experiment 5.);
210.
Bey dieser Gelegenheit kommen uns die Num- mern unserer Paragraphen sehr gut zu statten: denn es würde Schwierigkeit haben, am fünften Versuche das was hier geäußert wird, aufzufinden. Es ist eigentlich nur bey Gelegenheit des fünften Versuches angebracht, und wir haben schon dort auf das Einpaschen dieses contrebanden Punctes alle Aufmerksamkeit erregt. Wie künstlich bringt Newton auch hier das Wahre gedämpft herein, damit es ja sein Falsches nicht überleuchte. Man merke sein Bekenntniß. Die Brechung des Lichtes ist also nicht allein hinreichend, um die Farben zu sondern, ihnen ihre anfängliche Weiße zu nehmen, die ungleichen Strahlen einzeln als einzelne Farben er- scheinen zu machen; es gehört noch etwas anderes dazu, und zwar eine Divergenz. Wo ist von dieser Divergenz bisher auch nur im mindesten die Rede ge- wesen? Selbst an der angeführten Stelle (112.) spricht Newton wohl von einem gebrochnen und weißen Lichte, das noch rund sey, auch daß es gefärbt und länglich erscheinen könne; wie aber sich eins aus dem andern entwickele, eins aus dem andern herfließe, darüber
209.
Oder man mache denſelben mit gebrochenem Licht, es ſey nun bevor die ungleich gebrochenen Strahlen durch Diver- genz von einander abgeſondert ſind, bevor ſie noch die Weiße, welche aus ihrer Zuſammenſetzung entſpringt, verloren haben, alſo bevor ſie noch einzeln, als einzelne Farben erſcheinen (Experiment 5.);
210.
Bey dieſer Gelegenheit kommen uns die Num- mern unſerer Paragraphen ſehr gut zu ſtatten: denn es wuͤrde Schwierigkeit haben, am fuͤnften Verſuche das was hier geaͤußert wird, aufzufinden. Es iſt eigentlich nur bey Gelegenheit des fuͤnften Verſuches angebracht, und wir haben ſchon dort auf das Einpaſchen dieſes contrebanden Punctes alle Aufmerkſamkeit erregt. Wie kuͤnſtlich bringt Newton auch hier das Wahre gedaͤmpft herein, damit es ja ſein Falſches nicht uͤberleuchte. Man merke ſein Bekenntniß. Die Brechung des Lichtes iſt alſo nicht allein hinreichend, um die Farben zu ſondern, ihnen ihre anfaͤngliche Weiße zu nehmen, die ungleichen Strahlen einzeln als einzelne Farben er- ſcheinen zu machen; es gehoͤrt noch etwas anderes dazu, und zwar eine Divergenz. Wo iſt von dieſer Divergenz bisher auch nur im mindeſten die Rede ge- weſen? Selbſt an der angefuͤhrten Stelle (112.) ſpricht Newton wohl von einem gebrochnen und weißen Lichte, das noch rund ſey, auch daß es gefaͤrbt und laͤnglich erſcheinen koͤnne; wie aber ſich eins aus dem andern entwickele, eins aus dem andern herfließe, daruͤber
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209.
Oder man mache denſelben mit gebrochenem Licht, es
ſey nun bevor die ungleich gebrochenen Strahlen durch Diver-
genz von einander abgeſondert ſind, bevor ſie noch die Weiße,
welche aus ihrer Zuſammenſetzung entſpringt, verloren haben,
alſo bevor ſie noch einzeln, als einzelne Farben erſcheinen
(Experiment 5.);
210.
Bey dieſer Gelegenheit kommen uns die Num-
mern unſerer Paragraphen ſehr gut zu ſtatten: denn es
wuͤrde Schwierigkeit haben, am fuͤnften Verſuche das
was hier geaͤußert wird, aufzufinden. Es iſt eigentlich
nur bey Gelegenheit des fuͤnften Verſuches angebracht,
und wir haben ſchon dort auf das Einpaſchen dieſes
contrebanden Punctes alle Aufmerkſamkeit erregt. Wie
kuͤnſtlich bringt Newton auch hier das Wahre gedaͤmpft
herein, damit es ja ſein Falſches nicht uͤberleuchte.
Man merke ſein Bekenntniß. Die Brechung des
Lichtes iſt alſo nicht allein hinreichend, um die Farben
zu ſondern, ihnen ihre anfaͤngliche Weiße zu nehmen,
die ungleichen Strahlen einzeln als einzelne Farben er-
ſcheinen zu machen; es gehoͤrt noch etwas anderes
dazu, und zwar eine Divergenz. Wo iſt von dieſer
Divergenz bisher auch nur im mindeſten die Rede ge-
weſen? Selbſt an der angefuͤhrten Stelle (112.) ſpricht
Newton wohl von einem gebrochnen und weißen Lichte,
das noch rund ſey, auch daß es gefaͤrbt und laͤnglich
erſcheinen koͤnne; wie aber ſich eins aus dem andern
entwickele, eins aus dem andern herfließe, daruͤber
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/530>, abgerufen am 21.11.2024.
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