Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

wird es beym Durchgehen eben das leisten, was ein
originäres oder von jedem Spiegel zurückgeworfenes
Bild leistet; es wird nehmlich, nach der uns genug-
sam bekannten Weise, auf der entgegengestellten Tafel
das längliche gefärbte Bild p t abmalen.

200.

Man lasse nun, nach unsrer vierten Figur, den
Apparat des ersten Prismas durchaus wie bey den drey
ersten Fällen, und fasse mit einem zweyten Prisma VXY
auf eine behutsame Weise nur den obern Rand des
Bildes N auf; so wird sich zuerst auf der entgegen-
gesetzten Tafel der obere Rand p des Bildes p t blau
und violett zeigen, dahingegen der untere t sich erst
etwas später sehen läßt, nur dann erst, wenn man das
ganze Bild N durch das Prisma VXY aufgefaßt hat.
Daß man eben diesen Versuch mit einem directen oder
von einem Planspiegel abgespiegelten Sonnenbilde ma-
chen könne, versteht sich von selbst.

201.

Der grobe Irrthum, den hier der Verfasser be-
geht, ist der, daß er sich und die Seinigen überredet,
das bunte Bild GH der ersten Figur habe mit dem
farblosen Bilde N der zweyten, dritten und vierten Fi-
gur den innigsten Zusammenhang, da doch auch nicht
der mindeste statt findet. Denn wenn das bey der
ersten Figur in M anlangende Sonnenbild durch die
Seite BC hindurchgeht und nach der Refraction in
GH gefärbt wird; so ist dieses ein ganz anderes Bild

wird es beym Durchgehen eben das leiſten, was ein
originaͤres oder von jedem Spiegel zuruͤckgeworfenes
Bild leiſtet; es wird nehmlich, nach der uns genug-
ſam bekannten Weiſe, auf der entgegengeſtellten Tafel
das laͤngliche gefaͤrbte Bild p t abmalen.

200.

Man laſſe nun, nach unſrer vierten Figur, den
Apparat des erſten Prismas durchaus wie bey den drey
erſten Faͤllen, und faſſe mit einem zweyten Prisma VXY
auf eine behutſame Weiſe nur den obern Rand des
Bildes N auf; ſo wird ſich zuerſt auf der entgegen-
geſetzten Tafel der obere Rand p des Bildes p t blau
und violett zeigen, dahingegen der untere t ſich erſt
etwas ſpaͤter ſehen laͤßt, nur dann erſt, wenn man das
ganze Bild N durch das Prisma VXY aufgefaßt hat.
Daß man eben dieſen Verſuch mit einem directen oder
von einem Planſpiegel abgeſpiegelten Sonnenbilde ma-
chen koͤnne, verſteht ſich von ſelbſt.

201.

Der grobe Irrthum, den hier der Verfaſſer be-
geht, iſt der, daß er ſich und die Seinigen uͤberredet,
das bunte Bild GH der erſten Figur habe mit dem
farbloſen Bilde N der zweyten, dritten und vierten Fi-
gur den innigſten Zuſammenhang, da doch auch nicht
der mindeſte ſtatt findet. Denn wenn das bey der
erſten Figur in M anlangende Sonnenbild durch die
Seite BC hindurchgeht und nach der Refraction in
GH gefaͤrbt wird; ſo iſt dieſes ein ganz anderes Bild

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0524" n="470"/>
wird es beym Durchgehen eben das lei&#x017F;ten, was ein<lb/>
origina&#x0364;res oder von jedem Spiegel zuru&#x0364;ckgeworfenes<lb/>
Bild lei&#x017F;tet; es wird nehmlich, nach der uns genug-<lb/>
&#x017F;am bekannten Wei&#x017F;e, auf der entgegenge&#x017F;tellten Tafel<lb/>
das la&#x0364;ngliche gefa&#x0364;rbte Bild <hi rendition="#aq">p t</hi> abmalen.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>200.</head><lb/>
                <p>Man la&#x017F;&#x017F;e nun, nach un&#x017F;rer vierten Figur, den<lb/>
Apparat des er&#x017F;ten Prismas durchaus wie bey den drey<lb/>
er&#x017F;ten Fa&#x0364;llen, und fa&#x017F;&#x017F;e mit einem zweyten Prisma <hi rendition="#aq">VXY</hi><lb/>
auf eine behut&#x017F;ame Wei&#x017F;e nur den obern Rand des<lb/>
Bildes <hi rendition="#aq">N</hi> auf; &#x017F;o wird &#x017F;ich zuer&#x017F;t auf der entgegen-<lb/>
ge&#x017F;etzten Tafel der obere Rand <hi rendition="#aq">p</hi> des Bildes <hi rendition="#aq">p t</hi> blau<lb/>
und violett zeigen, dahingegen der untere <hi rendition="#aq">t</hi> &#x017F;ich er&#x017F;t<lb/>
etwas &#x017F;pa&#x0364;ter &#x017F;ehen la&#x0364;ßt, nur dann er&#x017F;t, wenn man das<lb/>
ganze Bild <hi rendition="#aq">N</hi> durch das Prisma <hi rendition="#aq">VXY</hi> aufgefaßt hat.<lb/>
Daß man eben die&#x017F;en Ver&#x017F;uch mit einem directen oder<lb/>
von einem Plan&#x017F;piegel abge&#x017F;piegelten Sonnenbilde ma-<lb/>
chen ko&#x0364;nne, ver&#x017F;teht &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>201.</head><lb/>
                <p>Der grobe Irrthum, den hier der Verfa&#x017F;&#x017F;er be-<lb/>
geht, i&#x017F;t der, daß er &#x017F;ich und die Seinigen u&#x0364;berredet,<lb/>
das bunte Bild <hi rendition="#aq">GH</hi> der er&#x017F;ten Figur habe mit dem<lb/>
farblo&#x017F;en Bilde <hi rendition="#aq">N</hi> der zweyten, dritten und vierten Fi-<lb/>
gur den innig&#x017F;ten Zu&#x017F;ammenhang, da doch auch nicht<lb/>
der minde&#x017F;te &#x017F;tatt findet. Denn wenn das bey der<lb/>
er&#x017F;ten Figur in <hi rendition="#aq">M</hi> anlangende Sonnenbild durch die<lb/>
Seite <hi rendition="#aq">BC</hi> hindurchgeht und nach der Refraction in<lb/><hi rendition="#aq">GH</hi> gefa&#x0364;rbt wird; &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es ein ganz anderes Bild<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[470/0524] wird es beym Durchgehen eben das leiſten, was ein originaͤres oder von jedem Spiegel zuruͤckgeworfenes Bild leiſtet; es wird nehmlich, nach der uns genug- ſam bekannten Weiſe, auf der entgegengeſtellten Tafel das laͤngliche gefaͤrbte Bild p t abmalen. 200. Man laſſe nun, nach unſrer vierten Figur, den Apparat des erſten Prismas durchaus wie bey den drey erſten Faͤllen, und faſſe mit einem zweyten Prisma VXY auf eine behutſame Weiſe nur den obern Rand des Bildes N auf; ſo wird ſich zuerſt auf der entgegen- geſetzten Tafel der obere Rand p des Bildes p t blau und violett zeigen, dahingegen der untere t ſich erſt etwas ſpaͤter ſehen laͤßt, nur dann erſt, wenn man das ganze Bild N durch das Prisma VXY aufgefaßt hat. Daß man eben dieſen Verſuch mit einem directen oder von einem Planſpiegel abgeſpiegelten Sonnenbilde ma- chen koͤnne, verſteht ſich von ſelbſt. 201. Der grobe Irrthum, den hier der Verfaſſer be- geht, iſt der, daß er ſich und die Seinigen uͤberredet, das bunte Bild GH der erſten Figur habe mit dem farbloſen Bilde N der zweyten, dritten und vierten Fi- gur den innigſten Zuſammenhang, da doch auch nicht der mindeſte ſtatt findet. Denn wenn das bey der erſten Figur in M anlangende Sonnenbild durch die Seite BC hindurchgeht und nach der Refraction in GH gefaͤrbt wird; ſo iſt dieſes ein ganz anderes Bild

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/524
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/524>, abgerufen am 21.11.2024.