Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

schen farbigen Bilder aufeinander fallen; sie werden sich
vermischen und eine Purpurfarbe hervorbringen. Nimmt
man nunmehr ein Prisma vor die Augen, betrachtet
diesen Streifen, so wird das Violette sich von dem
Gelbrothen ablösen, herunter steigen, die Purpurfarbe
verschwinden, das Gelbrothe aber stehen zu bleiben schei-
nen. Es ist dieses dasselbige, was wir oben (149.)
nebeneinander gesehen haben, und für uns kein Be-
weis für die diverse Refraction, sondern nur für die
Determinabilität des Farbenbildes.

156.

VII d. Man stelle zwey kleine runde Papierscheiben
in geringer Entfernung nebeneinander, und werfe den
gelbrothen Theil des Spectrums durch ein Prisma auf
die eine Scheibe, den blaurothen auf die andre, der
Grund dahinter sey dunkel. Diese so erleuchteten
Scheiben betrachte man durch ein Prisma, welches
man dergestalt hält, daß die Refraction sich gegen den
rothen Cirkel bewegt; je weiter man sich entfernt, je
näher rückt das Violette zum Rothen hin, trifft endlich
mit ihm zusammen, und geht sogar darüber hinaus.
Auch dieses Phänomen wird Jemand, der mit dem
bisher beschriebenen Apparat umzugehn weiß, leicht
hervorbringen und abzuleiten verstehen.

Alle diese dem siebenten Versuche angehängte Ver-
suche sind, so wie der siebente selbst, nur Variationen
jenes ob- und subjectiven Hauptversuches (E. 350--356.)
Denn es ist ganz einerley, ob ich das objectiv an die
Wand geworfene prismatische Bild, im Ganzen oder

ſchen farbigen Bilder aufeinander fallen; ſie werden ſich
vermiſchen und eine Purpurfarbe hervorbringen. Nimmt
man nunmehr ein Prisma vor die Augen, betrachtet
dieſen Streifen, ſo wird das Violette ſich von dem
Gelbrothen abloͤſen, herunter ſteigen, die Purpurfarbe
verſchwinden, das Gelbrothe aber ſtehen zu bleiben ſchei-
nen. Es iſt dieſes daſſelbige, was wir oben (149.)
nebeneinander geſehen haben, und fuͤr uns kein Be-
weis fuͤr die diverſe Refraction, ſondern nur fuͤr die
Determinabilitaͤt des Farbenbildes.

156.

VII d. Man ſtelle zwey kleine runde Papierſcheiben
in geringer Entfernung nebeneinander, und werfe den
gelbrothen Theil des Spectrums durch ein Prisma auf
die eine Scheibe, den blaurothen auf die andre, der
Grund dahinter ſey dunkel. Dieſe ſo erleuchteten
Scheiben betrachte man durch ein Prisma, welches
man dergeſtalt haͤlt, daß die Refraction ſich gegen den
rothen Cirkel bewegt; je weiter man ſich entfernt, je
naͤher ruͤckt das Violette zum Rothen hin, trifft endlich
mit ihm zuſammen, und geht ſogar daruͤber hinaus.
Auch dieſes Phaͤnomen wird Jemand, der mit dem
bisher beſchriebenen Apparat umzugehn weiß, leicht
hervorbringen und abzuleiten verſtehen.

Alle dieſe dem ſiebenten Verſuche angehaͤngte Ver-
ſuche ſind, ſo wie der ſiebente ſelbſt, nur Variationen
jenes ob- und ſubjectiven Hauptverſuches (E. 350—356.)
Denn es iſt ganz einerley, ob ich das objectiv an die
Wand geworfene prismatiſche Bild, im Ganzen oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0500" n="446"/>
&#x017F;chen farbigen Bilder aufeinander fallen; &#x017F;ie werden &#x017F;ich<lb/>
vermi&#x017F;chen und eine Purpurfarbe hervorbringen. Nimmt<lb/>
man nunmehr ein Prisma vor die Augen, betrachtet<lb/>
die&#x017F;en Streifen, &#x017F;o wird das Violette &#x017F;ich von dem<lb/>
Gelbrothen ablo&#x0364;&#x017F;en, herunter &#x017F;teigen, die Purpurfarbe<lb/>
ver&#x017F;chwinden, das Gelbrothe aber &#x017F;tehen zu bleiben &#x017F;chei-<lb/>
nen. Es i&#x017F;t die&#x017F;es da&#x017F;&#x017F;elbige, was wir oben (149.)<lb/>
nebeneinander ge&#x017F;ehen haben, und fu&#x0364;r uns kein Be-<lb/>
weis fu&#x0364;r die diver&#x017F;e Refraction, &#x017F;ondern nur fu&#x0364;r die<lb/>
Determinabilita&#x0364;t des Farbenbildes.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>156.</head><lb/>
                <p><hi rendition="#aq">VII <hi rendition="#sup">d.</hi></hi> Man &#x017F;telle zwey kleine runde Papier&#x017F;cheiben<lb/>
in geringer Entfernung nebeneinander, und werfe den<lb/>
gelbrothen Theil des Spectrums durch ein Prisma auf<lb/>
die eine Scheibe, den blaurothen auf die andre, der<lb/>
Grund dahinter &#x017F;ey dunkel. Die&#x017F;e &#x017F;o erleuchteten<lb/>
Scheiben betrachte man durch ein Prisma, welches<lb/>
man derge&#x017F;talt ha&#x0364;lt, daß die Refraction &#x017F;ich gegen den<lb/>
rothen Cirkel bewegt; je weiter man &#x017F;ich entfernt, je<lb/>
na&#x0364;her ru&#x0364;ckt das Violette zum Rothen hin, trifft endlich<lb/>
mit ihm zu&#x017F;ammen, und geht &#x017F;ogar daru&#x0364;ber hinaus.<lb/>
Auch die&#x017F;es Pha&#x0364;nomen wird Jemand, der mit dem<lb/>
bisher be&#x017F;chriebenen Apparat umzugehn weiß, leicht<lb/>
hervorbringen und abzuleiten ver&#x017F;tehen.</p><lb/>
                <p>Alle die&#x017F;e dem &#x017F;iebenten Ver&#x017F;uche angeha&#x0364;ngte Ver-<lb/>
&#x017F;uche &#x017F;ind, &#x017F;o wie der &#x017F;iebente &#x017F;elb&#x017F;t, nur Variationen<lb/>
jenes ob- und &#x017F;ubjectiven Hauptver&#x017F;uches (E. 350&#x2014;356.)<lb/>
Denn es i&#x017F;t ganz einerley, ob ich das objectiv an die<lb/>
Wand geworfene prismati&#x017F;che Bild, im Ganzen oder<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[446/0500] ſchen farbigen Bilder aufeinander fallen; ſie werden ſich vermiſchen und eine Purpurfarbe hervorbringen. Nimmt man nunmehr ein Prisma vor die Augen, betrachtet dieſen Streifen, ſo wird das Violette ſich von dem Gelbrothen abloͤſen, herunter ſteigen, die Purpurfarbe verſchwinden, das Gelbrothe aber ſtehen zu bleiben ſchei- nen. Es iſt dieſes daſſelbige, was wir oben (149.) nebeneinander geſehen haben, und fuͤr uns kein Be- weis fuͤr die diverſe Refraction, ſondern nur fuͤr die Determinabilitaͤt des Farbenbildes. 156. VII d. Man ſtelle zwey kleine runde Papierſcheiben in geringer Entfernung nebeneinander, und werfe den gelbrothen Theil des Spectrums durch ein Prisma auf die eine Scheibe, den blaurothen auf die andre, der Grund dahinter ſey dunkel. Dieſe ſo erleuchteten Scheiben betrachte man durch ein Prisma, welches man dergeſtalt haͤlt, daß die Refraction ſich gegen den rothen Cirkel bewegt; je weiter man ſich entfernt, je naͤher ruͤckt das Violette zum Rothen hin, trifft endlich mit ihm zuſammen, und geht ſogar daruͤber hinaus. Auch dieſes Phaͤnomen wird Jemand, der mit dem bisher beſchriebenen Apparat umzugehn weiß, leicht hervorbringen und abzuleiten verſtehen. Alle dieſe dem ſiebenten Verſuche angehaͤngte Ver- ſuche ſind, ſo wie der ſiebente ſelbſt, nur Variationen jenes ob- und ſubjectiven Hauptverſuches (E. 350—356.) Denn es iſt ganz einerley, ob ich das objectiv an die Wand geworfene prismatiſche Bild, im Ganzen oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/500
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/500>, abgerufen am 21.11.2024.