des obern Theils nicht sich einzeln wiederherzustellen. Die Färbung geschieht an dem einzig übrig geblie- benen untern Theil, an der Base, an dem Kern des Ganzen.
147.
Wer diese sich einander entsprechenden Versuche genau kennt, der wird sogleich einsehen, was es für eine Bewandniß mit den zwey horizontal nebeneinan- der gebrachten Bildern (140.) und deren Verru- ckung habe, und warum sich das Violette von der Linie des Rothen entfernen müssen, ohne deßhalb eine diverse Refrangibilität zu beweisen. Denn wie alles dasjenige, was vom ganzen Bilde gilt, auch von den einzelnen Theilen gelten muß, so gilt von zwey Bildern neben- einander und von ihren Theilen eben dasselbe; welches wir nun durch Darstellung und Entwickelung der Newtonischen Vorrichtung noch umständlicher und un- widersprechlicher zeigen wollen.
148.
Man stelle einen schmalen, etwa fingerbreiten Streifen weiß Papier, quer über einen Rahmen befestigt, in der dunklen Kammer dergestalt auf, daß er einen dunklen Hintergrund habe, und lasse nun von zwey nebeneinander gestellten Prismen, von einem die rothe Farbe, vom andern die violette oder auch wohl blaue auf diesen Streifen fallen; man nehme alsdann das Prisma vors Auge und sehe nach diesem Streifen: das Rothe wird an demselben verharren, sich mit dem
des obern Theils nicht ſich einzeln wiederherzuſtellen. Die Faͤrbung geſchieht an dem einzig uͤbrig geblie- benen untern Theil, an der Baſe, an dem Kern des Ganzen.
147.
Wer dieſe ſich einander entſprechenden Verſuche genau kennt, der wird ſogleich einſehen, was es fuͤr eine Bewandniß mit den zwey horizontal nebeneinan- der gebrachten Bildern (140.) und deren Verru- ckung habe, und warum ſich das Violette von der Linie des Rothen entfernen muͤſſen, ohne deßhalb eine diverſe Refrangibilitaͤt zu beweiſen. Denn wie alles dasjenige, was vom ganzen Bilde gilt, auch von den einzelnen Theilen gelten muß, ſo gilt von zwey Bildern neben- einander und von ihren Theilen eben daſſelbe; welches wir nun durch Darſtellung und Entwickelung der Newtoniſchen Vorrichtung noch umſtaͤndlicher und un- widerſprechlicher zeigen wollen.
148.
Man ſtelle einen ſchmalen, etwa fingerbreiten Streifen weiß Papier, quer uͤber einen Rahmen befeſtigt, in der dunklen Kammer dergeſtalt auf, daß er einen dunklen Hintergrund habe, und laſſe nun von zwey nebeneinander geſtellten Prismen, von einem die rothe Farbe, vom andern die violette oder auch wohl blaue auf dieſen Streifen fallen; man nehme alsdann das Prisma vors Auge und ſehe nach dieſem Streifen: das Rothe wird an demſelben verharren, ſich mit dem
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des obern Theils nicht ſich einzeln wiederherzuſtellen.
Die Faͤrbung geſchieht an dem einzig uͤbrig geblie-
benen untern Theil, an der Baſe, an dem Kern des
Ganzen.
147.
Wer dieſe ſich einander entſprechenden Verſuche
genau kennt, der wird ſogleich einſehen, was es fuͤr
eine Bewandniß mit den zwey horizontal nebeneinan-
der gebrachten Bildern (140.) und deren Verru-
ckung habe, und warum ſich das Violette von der Linie
des Rothen entfernen muͤſſen, ohne deßhalb eine diverſe
Refrangibilitaͤt zu beweiſen. Denn wie alles dasjenige,
was vom ganzen Bilde gilt, auch von den einzelnen
Theilen gelten muß, ſo gilt von zwey Bildern neben-
einander und von ihren Theilen eben daſſelbe; welches
wir nun durch Darſtellung und Entwickelung der
Newtoniſchen Vorrichtung noch umſtaͤndlicher und un-
widerſprechlicher zeigen wollen.
148.
Man ſtelle einen ſchmalen, etwa fingerbreiten
Streifen weiß Papier, quer uͤber einen Rahmen befeſtigt,
in der dunklen Kammer dergeſtalt auf, daß er einen
dunklen Hintergrund habe, und laſſe nun von zwey
nebeneinander geſtellten Prismen, von einem die rothe
Farbe, vom andern die violette oder auch wohl blaue
auf dieſen Streifen fallen; man nehme alsdann das
Prisma vors Auge und ſehe nach dieſem Streifen:
das Rothe wird an demſelben verharren, ſich mit dem
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/495>, abgerufen am 21.11.2024.
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