niß der Nähe, nur wenig vom Platze gerückt finden. Man entferne sich nunmehr nach und nach, und man wird mit Bewunderung sehen, daß das rothe Bild sich nur insofern verrückt, als die Tafel verrückt scheint, daß sich hingegen die obern Bilder, das violette, blaue, grüne, nach und nach herab gegen das rothe ziehen und sich mit diesem verbinden, welches denn zugleich seine Farbe, doch nicht völlig, verliert und als ein ziemlich rundes einzelnes Bild dasteht.
145.
Betrachtet man nun, was indessen auf der Zwischen- tafel vorgegangen, so sieht man, daß sich das verlän- gerte farbige Bild für das Auge gleichfalls zusammen- gezogen, daß der violette Saum scheinbar die Oeffnung verlassen, vor welcher diese Farbe sonst schwebte, daß die blaue, grüne, gelbe Farbe gleichfalls verschwunden, daß die rothe zuletzt auch völlig aufgehoben ist, und fürs Auge nur ein weißes Bild auf der Zwischentafel steht. Entfernt man sich noch weiter, so färbt sich die- ses weiße Bild umgekehrt, wie schon weitläuftig aus- geführt worden (143.).
146.
Man beobachte nun aber, was auf der Hauptta- fel geschieht. Das einzige, dort übrige, noch etwas röthliche Bild fängt nun auch an, sich am obern Theile stark roth, am untern blau und violett zu färben. Bey dieser Umkehrung vermögen die verschwundenen Bilder
niß der Naͤhe, nur wenig vom Platze geruͤckt finden. Man entferne ſich nunmehr nach und nach, und man wird mit Bewunderung ſehen, daß das rothe Bild ſich nur inſofern verruͤckt, als die Tafel verruͤckt ſcheint, daß ſich hingegen die obern Bilder, das violette, blaue, gruͤne, nach und nach herab gegen das rothe ziehen und ſich mit dieſem verbinden, welches denn zugleich ſeine Farbe, doch nicht voͤllig, verliert und als ein ziemlich rundes einzelnes Bild daſteht.
145.
Betrachtet man nun, was indeſſen auf der Zwiſchen- tafel vorgegangen, ſo ſieht man, daß ſich das verlaͤn- gerte farbige Bild fuͤr das Auge gleichfalls zuſammen- gezogen, daß der violette Saum ſcheinbar die Oeffnung verlaſſen, vor welcher dieſe Farbe ſonſt ſchwebte, daß die blaue, gruͤne, gelbe Farbe gleichfalls verſchwunden, daß die rothe zuletzt auch voͤllig aufgehoben iſt, und fuͤrs Auge nur ein weißes Bild auf der Zwiſchentafel ſteht. Entfernt man ſich noch weiter, ſo faͤrbt ſich die- ſes weiße Bild umgekehrt, wie ſchon weitlaͤuftig aus- gefuͤhrt worden (143.).
146.
Man beobachte nun aber, was auf der Hauptta- fel geſchieht. Das einzige, dort uͤbrige, noch etwas roͤthliche Bild faͤngt nun auch an, ſich am obern Theile ſtark roth, am untern blau und violett zu faͤrben. Bey dieſer Umkehrung vermoͤgen die verſchwundenen Bilder
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niß der Naͤhe, nur wenig vom Platze geruͤckt finden.
Man entferne ſich nunmehr nach und nach, und man
wird mit Bewunderung ſehen, daß das rothe Bild ſich
nur inſofern verruͤckt, als die Tafel verruͤckt ſcheint,
daß ſich hingegen die obern Bilder, das violette, blaue,
gruͤne, nach und nach herab gegen das rothe ziehen
und ſich mit dieſem verbinden, welches denn zugleich
ſeine Farbe, doch nicht voͤllig, verliert und als ein
ziemlich rundes einzelnes Bild daſteht.
145.
Betrachtet man nun, was indeſſen auf der Zwiſchen-
tafel vorgegangen, ſo ſieht man, daß ſich das verlaͤn-
gerte farbige Bild fuͤr das Auge gleichfalls zuſammen-
gezogen, daß der violette Saum ſcheinbar die Oeffnung
verlaſſen, vor welcher dieſe Farbe ſonſt ſchwebte, daß
die blaue, gruͤne, gelbe Farbe gleichfalls verſchwunden,
daß die rothe zuletzt auch voͤllig aufgehoben iſt, und
fuͤrs Auge nur ein weißes Bild auf der Zwiſchentafel
ſteht. Entfernt man ſich noch weiter, ſo faͤrbt ſich die-
ſes weiße Bild umgekehrt, wie ſchon weitlaͤuftig aus-
gefuͤhrt worden (143.).
146.
Man beobachte nun aber, was auf der Hauptta-
fel geſchieht. Das einzige, dort uͤbrige, noch etwas
roͤthliche Bild faͤngt nun auch an, ſich am obern Theile
ſtark roth, am untern blau und violett zu faͤrben. Bey
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/494>, abgerufen am 21.11.2024.
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