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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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zusperren, ihre Schüler in die Gängelbank einzuzwängen
und ihnen jeden Schritt freyer Beobachtung zu versagen;
so wollen wir ihnen auch diesen Versuch besonders em-
pfohlen haben, weil er etwas Ueberraschendes und Im-
ponirendes mit sich führt. Uns aber muß angelegen
seyn, die Verhältnisse des Ganzen deutlich zu machen
und bey dem gegenwärtigen Versuche zu leisten, was
bey dem vorigen bestanden worden.

142.

Newton verbindet hier zum erstenmal die objecti-
ven Versuche mit den subjectiven. Es hätte ihm also
geziemt, den Hauptversuch (E. 350 -- 356) zuerst
aufzustellen und vorzutragen, dessen er, nach seiner
Unmethode, erst viel später erwähnt, wo das Phänomen,
weit entfernt zur wahren Einsicht in die Sache etwas
beyzutragen, nur wieder neue Verwirrungen anzurichten
im Fall ist. Wir setzen voraus, daß jedermann diesen
Versuch gesehen habe, daß jedermann, den die Sache
interessirt, so eingerichtet sey, um ihn, so oft die Sonne
scheint, wiederholen zu können.

143.

Dort wird also das länglichte Farbenbild durch
ein Prisma an die Wand in die Höhe geworfen; man
nimmt sodann ein völlig gleiches Prisma, den bre-
chenden Winkel unterwärts gekehrt, hält es vor die
Augen und tritt nahe vor das Bild auf der Tafel.
Man sieht es wenig verändert, aber je weiter man zu-

zuſperren, ihre Schuͤler in die Gaͤngelbank einzuzwaͤngen
und ihnen jeden Schritt freyer Beobachtung zu verſagen;
ſo wollen wir ihnen auch dieſen Verſuch beſonders em-
pfohlen haben, weil er etwas Ueberraſchendes und Im-
ponirendes mit ſich fuͤhrt. Uns aber muß angelegen
ſeyn, die Verhaͤltniſſe des Ganzen deutlich zu machen
und bey dem gegenwaͤrtigen Verſuche zu leiſten, was
bey dem vorigen beſtanden worden.

142.

Newton verbindet hier zum erſtenmal die objecti-
ven Verſuche mit den ſubjectiven. Es haͤtte ihm alſo
geziemt, den Hauptverſuch (E. 350 — 356) zuerſt
aufzuſtellen und vorzutragen, deſſen er, nach ſeiner
Unmethode, erſt viel ſpaͤter erwaͤhnt, wo das Phaͤnomen,
weit entfernt zur wahren Einſicht in die Sache etwas
beyzutragen, nur wieder neue Verwirrungen anzurichten
im Fall iſt. Wir ſetzen voraus, daß jedermann dieſen
Verſuch geſehen habe, daß jedermann, den die Sache
intereſſirt, ſo eingerichtet ſey, um ihn, ſo oft die Sonne
ſcheint, wiederholen zu koͤnnen.

143.

Dort wird alſo das laͤnglichte Farbenbild durch
ein Prisma an die Wand in die Hoͤhe geworfen; man
nimmt ſodann ein voͤllig gleiches Prisma, den bre-
chenden Winkel unterwaͤrts gekehrt, haͤlt es vor die
Augen und tritt nahe vor das Bild auf der Tafel.
Man ſieht es wenig veraͤndert, aber je weiter man zu-

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[438/0492] zuſperren, ihre Schuͤler in die Gaͤngelbank einzuzwaͤngen und ihnen jeden Schritt freyer Beobachtung zu verſagen; ſo wollen wir ihnen auch dieſen Verſuch beſonders em- pfohlen haben, weil er etwas Ueberraſchendes und Im- ponirendes mit ſich fuͤhrt. Uns aber muß angelegen ſeyn, die Verhaͤltniſſe des Ganzen deutlich zu machen und bey dem gegenwaͤrtigen Verſuche zu leiſten, was bey dem vorigen beſtanden worden. 142. Newton verbindet hier zum erſtenmal die objecti- ven Verſuche mit den ſubjectiven. Es haͤtte ihm alſo geziemt, den Hauptverſuch (E. 350 — 356) zuerſt aufzuſtellen und vorzutragen, deſſen er, nach ſeiner Unmethode, erſt viel ſpaͤter erwaͤhnt, wo das Phaͤnomen, weit entfernt zur wahren Einſicht in die Sache etwas beyzutragen, nur wieder neue Verwirrungen anzurichten im Fall iſt. Wir ſetzen voraus, daß jedermann dieſen Verſuch geſehen habe, daß jedermann, den die Sache intereſſirt, ſo eingerichtet ſey, um ihn, ſo oft die Sonne ſcheint, wiederholen zu koͤnnen. 143. Dort wird alſo das laͤnglichte Farbenbild durch ein Prisma an die Wand in die Hoͤhe geworfen; man nimmt ſodann ein voͤllig gleiches Prisma, den bre- chenden Winkel unterwaͤrts gekehrt, haͤlt es vor die Augen und tritt nahe vor das Bild auf der Tafel. Man ſieht es wenig veraͤndert, aber je weiter man zu-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/492>, abgerufen am 21.11.2024.