Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

einfallen, ins Enge. Das bedeutendste Bild ist das
Sonnenbild. Läßt man es durch die Linse hindurchfal-
len, und fängt es bald hinter derselben mit einer Tafel
auf; so sieht man es zuerst bey wachsender Entfernung
der Tafel immer mehr sich verkleinern, bis es auf eine
Stelle kommt, wo es nach Verhältniß der Linse seine
größte Kleinheit erreicht und am deutlichsten gesehen
wird.

65.

Schon früher zeigt sich bey diesen Versuchen eine
starke Hitze, und eine Entzündung der entgegengehalte-
nen Tafel, besonders einer schwarzen. Diese Wirkung
äußert sich eben so gut hinter dem Bildpuncte der
Sonne als vor demselben; doch kann man sagen, daß
ihr Bildpunct und der mächtigste Brennpunct zusam-
menfalle.

66.

Die Sonne ist das entfernteste Bild, das sich bey
Tage abbilden kann. Darum kommt es auch zuerst
durch die Operation der Linse entschieden und genau
begränzt zusammen. Will man die Wolken auf der
Tafel deutlich sehen, so muß man schon weiter rücken.
Die Berge und Wälder, die Häuser, die zunächst ste-
henden Bäume, alle bilden sich stufenweise später ab,
und das Sonnenbild hat sich hinter seiner Bildstelle
schon wieder sehr stark ausgedehnt, wenn die nahen
Gegenstände sich erst an ihrer Bildstelle zusammendrän-
gen. So viel sagt uns die Erfahrung in Absicht auf
Abbildung äußerer Gegenstände durch Linsen.

einfallen, ins Enge. Das bedeutendſte Bild iſt das
Sonnenbild. Laͤßt man es durch die Linſe hindurchfal-
len, und faͤngt es bald hinter derſelben mit einer Tafel
auf; ſo ſieht man es zuerſt bey wachſender Entfernung
der Tafel immer mehr ſich verkleinern, bis es auf eine
Stelle kommt, wo es nach Verhaͤltniß der Linſe ſeine
groͤßte Kleinheit erreicht und am deutlichſten geſehen
wird.

65.

Schon fruͤher zeigt ſich bey dieſen Verſuchen eine
ſtarke Hitze, und eine Entzuͤndung der entgegengehalte-
nen Tafel, beſonders einer ſchwarzen. Dieſe Wirkung
aͤußert ſich eben ſo gut hinter dem Bildpuncte der
Sonne als vor demſelben; doch kann man ſagen, daß
ihr Bildpunct und der maͤchtigſte Brennpunct zuſam-
menfalle.

66.

Die Sonne iſt das entfernteſte Bild, das ſich bey
Tage abbilden kann. Darum kommt es auch zuerſt
durch die Operation der Linſe entſchieden und genau
begraͤnzt zuſammen. Will man die Wolken auf der
Tafel deutlich ſehen, ſo muß man ſchon weiter ruͤcken.
Die Berge und Waͤlder, die Haͤuſer, die zunaͤchſt ſte-
henden Baͤume, alle bilden ſich ſtufenweiſe ſpaͤter ab,
und das Sonnenbild hat ſich hinter ſeiner Bildſtelle
ſchon wieder ſehr ſtark ausgedehnt, wenn die nahen
Gegenſtaͤnde ſich erſt an ihrer Bildſtelle zuſammendraͤn-
gen. So viel ſagt uns die Erfahrung in Abſicht auf
Abbildung aͤußerer Gegenſtaͤnde durch Linſen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0445" n="391"/>
einfallen, ins Enge. Das bedeutend&#x017F;te Bild i&#x017F;t das<lb/>
Sonnenbild. La&#x0364;ßt man es durch die Lin&#x017F;e hindurchfal-<lb/>
len, und fa&#x0364;ngt es bald hinter der&#x017F;elben mit einer Tafel<lb/>
auf; &#x017F;o &#x017F;ieht man es zuer&#x017F;t bey wach&#x017F;ender Entfernung<lb/>
der Tafel immer mehr &#x017F;ich verkleinern, bis es auf eine<lb/>
Stelle kommt, wo es nach Verha&#x0364;ltniß der Lin&#x017F;e &#x017F;eine<lb/>
gro&#x0364;ßte Kleinheit erreicht und am deutlich&#x017F;ten ge&#x017F;ehen<lb/>
wird.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>65.</head><lb/>
                <p>Schon fru&#x0364;her zeigt &#x017F;ich bey die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen eine<lb/>
&#x017F;tarke Hitze, und eine Entzu&#x0364;ndung der entgegengehalte-<lb/>
nen Tafel, be&#x017F;onders einer &#x017F;chwarzen. Die&#x017F;e Wirkung<lb/>
a&#x0364;ußert &#x017F;ich eben &#x017F;o gut hinter dem Bildpuncte der<lb/>
Sonne als vor dem&#x017F;elben; doch kann man &#x017F;agen, daß<lb/>
ihr Bildpunct und der ma&#x0364;chtig&#x017F;te Brennpunct zu&#x017F;am-<lb/>
menfalle.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>66.</head><lb/>
                <p>Die Sonne i&#x017F;t das entfernte&#x017F;te Bild, das &#x017F;ich bey<lb/>
Tage abbilden kann. Darum kommt es auch zuer&#x017F;t<lb/>
durch die Operation der Lin&#x017F;e ent&#x017F;chieden und genau<lb/>
begra&#x0364;nzt zu&#x017F;ammen. Will man die Wolken auf der<lb/>
Tafel deutlich &#x017F;ehen, &#x017F;o muß man &#x017F;chon weiter ru&#x0364;cken.<lb/>
Die Berge und Wa&#x0364;lder, die Ha&#x0364;u&#x017F;er, die zuna&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;te-<lb/>
henden Ba&#x0364;ume, alle bilden &#x017F;ich &#x017F;tufenwei&#x017F;e &#x017F;pa&#x0364;ter ab,<lb/>
und das Sonnenbild hat &#x017F;ich hinter &#x017F;einer Bild&#x017F;telle<lb/>
&#x017F;chon wieder &#x017F;ehr &#x017F;tark ausgedehnt, wenn die nahen<lb/>
Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;ich er&#x017F;t an ihrer Bild&#x017F;telle zu&#x017F;ammendra&#x0364;n-<lb/>
gen. So viel &#x017F;agt uns die Erfahrung in Ab&#x017F;icht auf<lb/>
Abbildung a&#x0364;ußerer Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde durch Lin&#x017F;en.</p>
              </div><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0445] einfallen, ins Enge. Das bedeutendſte Bild iſt das Sonnenbild. Laͤßt man es durch die Linſe hindurchfal- len, und faͤngt es bald hinter derſelben mit einer Tafel auf; ſo ſieht man es zuerſt bey wachſender Entfernung der Tafel immer mehr ſich verkleinern, bis es auf eine Stelle kommt, wo es nach Verhaͤltniß der Linſe ſeine groͤßte Kleinheit erreicht und am deutlichſten geſehen wird. 65. Schon fruͤher zeigt ſich bey dieſen Verſuchen eine ſtarke Hitze, und eine Entzuͤndung der entgegengehalte- nen Tafel, beſonders einer ſchwarzen. Dieſe Wirkung aͤußert ſich eben ſo gut hinter dem Bildpuncte der Sonne als vor demſelben; doch kann man ſagen, daß ihr Bildpunct und der maͤchtigſte Brennpunct zuſam- menfalle. 66. Die Sonne iſt das entfernteſte Bild, das ſich bey Tage abbilden kann. Darum kommt es auch zuerſt durch die Operation der Linſe entſchieden und genau begraͤnzt zuſammen. Will man die Wolken auf der Tafel deutlich ſehen, ſo muß man ſchon weiter ruͤcken. Die Berge und Waͤlder, die Haͤuſer, die zunaͤchſt ſte- henden Baͤume, alle bilden ſich ſtufenweiſe ſpaͤter ab, und das Sonnenbild hat ſich hinter ſeiner Bildſtelle ſchon wieder ſehr ſtark ausgedehnt, wenn die nahen Gegenſtaͤnde ſich erſt an ihrer Bildſtelle zuſammendraͤn- gen. So viel ſagt uns die Erfahrung in Abſicht auf Abbildung aͤußerer Gegenſtaͤnde durch Linſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/445
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/445>, abgerufen am 03.12.2024.