hafte Nationen, z. B. die Franzosen, lieben die ge- steigerten Farben, besonders der activen Seite; ge- mäßigte, als Engländer und Deutsche, das Stroh- oder Ledergelb, wozu sie Dunkelblau tragen. Nach Würde strebende Nationen, als Italiäner und Spa- nier, ziehen die rothe Farbe ihrer Mäntel auf die passive Seite hinüber.
839.
Man bezieht bey Kleidungen den Charakter der Farbe auf den Charakter der Person. So kann man das Verhältniß der einzelnen Farben und Zusammen- stellungen zu Gesichtsfarbe, Alter und Stand be- obachten.
840.
Die weibliche Jugend hält auf Rosenfarb und Meergrün; das Alter auf Violett und Dunkelgrün. Die Blondine hat zu Violett und Hellgelb, die Brü- nette zu Blau und Gelbroth Neigung, und sämmtlich mit Recht.
Die römischen Kaiser waren auf den Purpur höchst eifersüchtig. Die Kleidung des chinesischen Kai- sers ist Orange mit Purpur gestickt. Citronengelb dür- fen auch seine Bedienten und die Geistlichen tragen.
841.
Gebildete Menschen haben einige Abneigung vor Farben. Es kann dieses theils aus Schwäche des Organs, theils aus Unsicherheit des Geschmacks ge- schehen, die sich gern in das völlige Nichts flüchtet.
hafte Nationen, z. B. die Franzoſen, lieben die ge- ſteigerten Farben, beſonders der activen Seite; ge- maͤßigte, als Englaͤnder und Deutſche, das Stroh- oder Ledergelb, wozu ſie Dunkelblau tragen. Nach Wuͤrde ſtrebende Nationen, als Italiaͤner und Spa- nier, ziehen die rothe Farbe ihrer Maͤntel auf die paſſive Seite hinuͤber.
839.
Man bezieht bey Kleidungen den Charakter der Farbe auf den Charakter der Perſon. So kann man das Verhaͤltniß der einzelnen Farben und Zuſammen- ſtellungen zu Geſichtsfarbe, Alter und Stand be- obachten.
840.
Die weibliche Jugend haͤlt auf Roſenfarb und Meergruͤn; das Alter auf Violett und Dunkelgruͤn. Die Blondine hat zu Violett und Hellgelb, die Bruͤ- nette zu Blau und Gelbroth Neigung, und ſaͤmmtlich mit Recht.
Die roͤmiſchen Kaiſer waren auf den Purpur hoͤchſt eiferſuͤchtig. Die Kleidung des chineſiſchen Kai- ſers iſt Orange mit Purpur geſtickt. Citronengelb duͤr- fen auch ſeine Bedienten und die Geiſtlichen tragen.
841.
Gebildete Menſchen haben einige Abneigung vor Farben. Es kann dieſes theils aus Schwaͤche des Organs, theils aus Unſicherheit des Geſchmacks ge- ſchehen, die ſich gern in das voͤllige Nichts fluͤchtet.
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hafte Nationen, z. B. die Franzoſen, lieben die ge-
ſteigerten Farben, beſonders der activen Seite; ge-
maͤßigte, als Englaͤnder und Deutſche, das Stroh-
oder Ledergelb, wozu ſie Dunkelblau tragen. Nach
Wuͤrde ſtrebende Nationen, als Italiaͤner und Spa-
nier, ziehen die rothe Farbe ihrer Maͤntel auf die
paſſive Seite hinuͤber.
839.
Man bezieht bey Kleidungen den Charakter der
Farbe auf den Charakter der Perſon. So kann man
das Verhaͤltniß der einzelnen Farben und Zuſammen-
ſtellungen zu Geſichtsfarbe, Alter und Stand be-
obachten.
840.
Die weibliche Jugend haͤlt auf Roſenfarb und
Meergruͤn; das Alter auf Violett und Dunkelgruͤn.
Die Blondine hat zu Violett und Hellgelb, die Bruͤ-
nette zu Blau und Gelbroth Neigung, und ſaͤmmtlich
mit Recht.
Die roͤmiſchen Kaiſer waren auf den Purpur
hoͤchſt eiferſuͤchtig. Die Kleidung des chineſiſchen Kai-
ſers iſt Orange mit Purpur geſtickt. Citronengelb duͤr-
fen auch ſeine Bedienten und die Geiſtlichen tragen.
841.
Gebildete Menſchen haben einige Abneigung vor
Farben. Es kann dieſes theils aus Schwaͤche des
Organs, theils aus Unſicherheit des Geſchmacks ge-
ſchehen, die ſich gern in das voͤllige Nichts fluͤchtet.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/367>, abgerufen am 21.11.2024.
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