Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Atlas erscheint, eine prächtige und edle Wirkung
thut.

768.

So ist es der Erfahrung gemäß, daß das Gelbe
einen durchaus warmen und behaglichen Eindruck
mache. Daher es auch in der Malerey der beleuchte-
ten und wirksamen Seite zukommt.

769.

Diesen erwärmenden Effect kann man am lebhaf-
testen bemerken, wenn man durch ein gelbes Glas,
besonders in grauen Wintertagen, eine Landschaft an-
sieht. Das Auge wird erfreut, das Herz ausgedehnt,
das Gemüth erheitert; eine unmittelbare Wärme
scheint uns anzuwehen.

770.

Wenn nun diese Farbe, in ihrer Reinheit und
hellem Zustande angenehm und erfreulich, in ihrer gan-
zen Kraft aber etwas Heiteres und Edles hat; so ist
sie dagegen äußerst empfindlich und macht eine sehr un-
angenehme Wirkung, wenn sie beschmutzt, oder einiger-
maßen ins Minus gezogen wird. So hat die Farbe
des Schwefels, die ins Grüne fällt, etwas Unange-
nehmes.

771.

Wenn die gelbe Farbe unreinen und unedlen Ober-
flächen mitgetheilt wird, wie dem gemeinen Tuch,
dem Filz und dergleichen, worauf sie nicht mit ganzer

19 *

Atlas erſcheint, eine praͤchtige und edle Wirkung
thut.

768.

So iſt es der Erfahrung gemaͤß, daß das Gelbe
einen durchaus warmen und behaglichen Eindruck
mache. Daher es auch in der Malerey der beleuchte-
ten und wirkſamen Seite zukommt.

769.

Dieſen erwaͤrmenden Effect kann man am lebhaf-
teſten bemerken, wenn man durch ein gelbes Glas,
beſonders in grauen Wintertagen, eine Landſchaft an-
ſieht. Das Auge wird erfreut, das Herz ausgedehnt,
das Gemuͤth erheitert; eine unmittelbare Waͤrme
ſcheint uns anzuwehen.

770.

Wenn nun dieſe Farbe, in ihrer Reinheit und
hellem Zuſtande angenehm und erfreulich, in ihrer gan-
zen Kraft aber etwas Heiteres und Edles hat; ſo iſt
ſie dagegen aͤußerſt empfindlich und macht eine ſehr un-
angenehme Wirkung, wenn ſie beſchmutzt, oder einiger-
maßen ins Minus gezogen wird. So hat die Farbe
des Schwefels, die ins Gruͤne faͤllt, etwas Unange-
nehmes.

771.

Wenn die gelbe Farbe unreinen und unedlen Ober-
flaͤchen mitgetheilt wird, wie dem gemeinen Tuch,
dem Filz und dergleichen, worauf ſie nicht mit ganzer

19 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0345" n="291"/>
Atlas er&#x017F;cheint, eine pra&#x0364;chtige und edle Wirkung<lb/>
thut.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>768.</head><lb/>
              <p>So i&#x017F;t es der Erfahrung gema&#x0364;ß, daß das Gelbe<lb/>
einen durchaus warmen und behaglichen Eindruck<lb/>
mache. Daher es auch in der Malerey der beleuchte-<lb/>
ten und wirk&#x017F;amen Seite zukommt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>769.</head><lb/>
              <p>Die&#x017F;en erwa&#x0364;rmenden Effect kann man am lebhaf-<lb/>
te&#x017F;ten bemerken, wenn man durch ein gelbes Glas,<lb/>
be&#x017F;onders in grauen Wintertagen, eine Land&#x017F;chaft an-<lb/>
&#x017F;ieht. Das Auge wird erfreut, das Herz ausgedehnt,<lb/>
das Gemu&#x0364;th erheitert; eine unmittelbare Wa&#x0364;rme<lb/>
&#x017F;cheint uns anzuwehen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>770.</head><lb/>
              <p>Wenn nun die&#x017F;e Farbe, in ihrer Reinheit und<lb/>
hellem Zu&#x017F;tande angenehm und erfreulich, in ihrer gan-<lb/>
zen Kraft aber etwas Heiteres und Edles hat; &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie dagegen a&#x0364;ußer&#x017F;t empfindlich und macht eine &#x017F;ehr un-<lb/>
angenehme Wirkung, wenn &#x017F;ie be&#x017F;chmutzt, oder einiger-<lb/>
maßen ins Minus gezogen wird. So hat die Farbe<lb/>
des Schwefels, die ins Gru&#x0364;ne fa&#x0364;llt, etwas Unange-<lb/>
nehmes.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>771.</head><lb/>
              <p>Wenn die gelbe Farbe unreinen und unedlen Ober-<lb/>
fla&#x0364;chen mitgetheilt wird, wie dem gemeinen Tuch,<lb/>
dem Filz und dergleichen, worauf &#x017F;ie nicht mit ganzer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">19 *</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0345] Atlas erſcheint, eine praͤchtige und edle Wirkung thut. 768. So iſt es der Erfahrung gemaͤß, daß das Gelbe einen durchaus warmen und behaglichen Eindruck mache. Daher es auch in der Malerey der beleuchte- ten und wirkſamen Seite zukommt. 769. Dieſen erwaͤrmenden Effect kann man am lebhaf- teſten bemerken, wenn man durch ein gelbes Glas, beſonders in grauen Wintertagen, eine Landſchaft an- ſieht. Das Auge wird erfreut, das Herz ausgedehnt, das Gemuͤth erheitert; eine unmittelbare Waͤrme ſcheint uns anzuwehen. 770. Wenn nun dieſe Farbe, in ihrer Reinheit und hellem Zuſtande angenehm und erfreulich, in ihrer gan- zen Kraft aber etwas Heiteres und Edles hat; ſo iſt ſie dagegen aͤußerſt empfindlich und macht eine ſehr un- angenehme Wirkung, wenn ſie beſchmutzt, oder einiger- maßen ins Minus gezogen wird. So hat die Farbe des Schwefels, die ins Gruͤne faͤllt, etwas Unange- nehmes. 771. Wenn die gelbe Farbe unreinen und unedlen Ober- flaͤchen mitgetheilt wird, wie dem gemeinen Tuch, dem Filz und dergleichen, worauf ſie nicht mit ganzer 19 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/345
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/345>, abgerufen am 21.11.2024.