durch ein nah gestelltes Licht hervorgebracht (88). Das Licht, indem es von einem Körper zurückscheint, wird gemäßigt, das gemäßigte Licht erregt die Empfindung der gelben und ferner der rothen Farbe.
382.
Eine solche Kerze erleuchte die Wand lebhaft in un- mittelbarer Nähe. Je weiter der Schein sich verbreitet, desto schwächer wird er; allein er ist doch immer die Wirkung der Flamme, die Fortsetzung ihrer Energie, die ausgedehnte Wirkung ihres Bildes. Man könnte diese Kreise daher gar wohl Gränzbilder nennen, weil sie die Gränze der Thätigkeit ausmachen und doch auch nur ein erweitertes Bild der Flamme darstellen.
383.
Wenn der Himmel um die Sonne weiß und leuch- tend ist, indem leichte Dünste die Atmosphäre er- füllen, wenn Dünste oder Wolken um den Mond schweben; so spiegelt sich der Abglanz der Scheibe in denselben. Die Höfe, die wir alsdann erblicken, sind einfach oder doppelt, kleiner oder größer, zuweilen sehr groß, oft farblos, manchmal farbig.
384.
Einen sehr schönen Hof um den Mond sah ich den 15. November 1799 bey hohem Barometerstande und dennoch wolkigem und dunstigem Himmel. Der Hof war völlig farbig, und die Kreise folgten sich wie bey subjectiven Höfen ums Licht. Daß er objectiv war, konnte ich bald einsehen, indem ich das Bild des
durch ein nah geſtelltes Licht hervorgebracht (88). Das Licht, indem es von einem Koͤrper zuruͤckſcheint, wird gemaͤßigt, das gemaͤßigte Licht erregt die Empfindung der gelben und ferner der rothen Farbe.
382.
Eine ſolche Kerze erleuchte die Wand lebhaft in un- mittelbarer Naͤhe. Je weiter der Schein ſich verbreitet, deſto ſchwaͤcher wird er; allein er iſt doch immer die Wirkung der Flamme, die Fortſetzung ihrer Energie, die ausgedehnte Wirkung ihres Bildes. Man koͤnnte dieſe Kreiſe daher gar wohl Graͤnzbilder nennen, weil ſie die Graͤnze der Thaͤtigkeit ausmachen und doch auch nur ein erweitertes Bild der Flamme darſtellen.
383.
Wenn der Himmel um die Sonne weiß und leuch- tend iſt, indem leichte Duͤnſte die Atmoſphaͤre er- fuͤllen, wenn Duͤnſte oder Wolken um den Mond ſchweben; ſo ſpiegelt ſich der Abglanz der Scheibe in denſelben. Die Hoͤfe, die wir alsdann erblicken, ſind einfach oder doppelt, kleiner oder groͤßer, zuweilen ſehr groß, oft farblos, manchmal farbig.
384.
Einen ſehr ſchoͤnen Hof um den Mond ſah ich den 15. November 1799 bey hohem Barometerſtande und dennoch wolkigem und dunſtigem Himmel. Der Hof war voͤllig farbig, und die Kreiſe folgten ſich wie bey ſubjectiven Hoͤfen ums Licht. Daß er objectiv war, konnte ich bald einſehen, indem ich das Bild des
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durch ein nah geſtelltes Licht hervorgebracht (88). Das
Licht, indem es von einem Koͤrper zuruͤckſcheint, wird
gemaͤßigt, das gemaͤßigte Licht erregt die Empfindung
der gelben und ferner der rothen Farbe.
382.
Eine ſolche Kerze erleuchte die Wand lebhaft in un-
mittelbarer Naͤhe. Je weiter der Schein ſich verbreitet,
deſto ſchwaͤcher wird er; allein er iſt doch immer die
Wirkung der Flamme, die Fortſetzung ihrer Energie,
die ausgedehnte Wirkung ihres Bildes. Man koͤnnte
dieſe Kreiſe daher gar wohl Graͤnzbilder nennen, weil
ſie die Graͤnze der Thaͤtigkeit ausmachen und doch auch
nur ein erweitertes Bild der Flamme darſtellen.
383.
Wenn der Himmel um die Sonne weiß und leuch-
tend iſt, indem leichte Duͤnſte die Atmoſphaͤre er-
fuͤllen, wenn Duͤnſte oder Wolken um den Mond
ſchweben; ſo ſpiegelt ſich der Abglanz der Scheibe in
denſelben. Die Hoͤfe, die wir alsdann erblicken, ſind
einfach oder doppelt, kleiner oder groͤßer, zuweilen
ſehr groß, oft farblos, manchmal farbig.
384.
Einen ſehr ſchoͤnen Hof um den Mond ſah ich den
15. November 1799 bey hohem Barometerſtande und
dennoch wolkigem und dunſtigem Himmel. Der Hof
war voͤllig farbig, und die Kreiſe folgten ſich wie bey
ſubjectiven Hoͤfen ums Licht. Daß er objectiv war,
konnte ich bald einſehen, indem ich das Bild des
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/202>, abgerufen am 21.11.2024.
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