vertical durch sie durchgeht. Man wird sie, nach je- nen uns überhaupt und besonders bey farbigen Bildern genugsam bekannt gewordenen Regeln, an jedem Rand zwiefach gefärbt finden, und die Vierecke werden in sich selbst entzwey gerissen und hinauf- oder herunter- wärts gerückt erscheinen. Wir erinnern uns hiebey je- nes grauen, gleichfalls auf der Gränzscheidung des Schwarzen und Weißen beobachteten Bildes. (257.)
276.
Da nun das Phänomen, das wir vorhin an ei- nem rothen und blauen Viereck auf schwarzem Grunde bis zur Täuschung gesehen haben, das Hinauf- und Hinabrücken zweyer verschieden gefärbten Bilder uns hier an zwey Hälften eines und desselben Bildes von einer und derselben Farbe sichtbar wird; so werden wir dadurch abermals auf die farbigen Ränder, ihre Säume und auf die Wirkungen ihrer homogenen und heteroge- nen Natur hingewiesen, wie sie sich zu den Bildern verhält, an denen die Erscheinung vorgeht.
Ich überlasse den Beobachtern die mannigfaltigen Schattirungen der halb auf Schwarz, halb auf Weiß angebrachten farbigen Vierecke selbst zu vergleichen, und bemerke nur noch die widersinnige scheinbare Verzerrung, da Roth und Gelb auf Schwarz hinaufwärts, auf Weiß herunterwärts, Blau auf Schwarz herunterwärts, und auf Weiß hinaufwärts gezogen scheinen; welches doch alles dem bisher weitläuftig Abgehandelten ge- mäß ist.
vertical durch ſie durchgeht. Man wird ſie, nach je- nen uns uͤberhaupt und beſonders bey farbigen Bildern genugſam bekannt gewordenen Regeln, an jedem Rand zwiefach gefaͤrbt finden, und die Vierecke werden in ſich ſelbſt entzwey geriſſen und hinauf- oder herunter- waͤrts geruͤckt erſcheinen. Wir erinnern uns hiebey je- nes grauen, gleichfalls auf der Graͤnzſcheidung des Schwarzen und Weißen beobachteten Bildes. (257.)
276.
Da nun das Phaͤnomen, das wir vorhin an ei- nem rothen und blauen Viereck auf ſchwarzem Grunde bis zur Taͤuſchung geſehen haben, das Hinauf- und Hinabruͤcken zweyer verſchieden gefaͤrbten Bilder uns hier an zwey Haͤlften eines und deſſelben Bildes von einer und derſelben Farbe ſichtbar wird; ſo werden wir dadurch abermals auf die farbigen Raͤnder, ihre Saͤume und auf die Wirkungen ihrer homogenen und heteroge- nen Natur hingewieſen, wie ſie ſich zu den Bildern verhaͤlt, an denen die Erſcheinung vorgeht.
Ich uͤberlaſſe den Beobachtern die mannigfaltigen Schattirungen der halb auf Schwarz, halb auf Weiß angebrachten farbigen Vierecke ſelbſt zu vergleichen, und bemerke nur noch die widerſinnige ſcheinbare Verzerrung, da Roth und Gelb auf Schwarz hinaufwaͤrts, auf Weiß herunterwaͤrts, Blau auf Schwarz herunterwaͤrts, und auf Weiß hinaufwaͤrts gezogen ſcheinen; welches doch alles dem bisher weitlaͤuftig Abgehandelten ge- maͤß iſt.
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vertical durch ſie durchgeht. Man wird ſie, nach je-
nen uns uͤberhaupt und beſonders bey farbigen Bildern
genugſam bekannt gewordenen Regeln, an jedem Rand
zwiefach gefaͤrbt finden, und die Vierecke werden in
ſich ſelbſt entzwey geriſſen und hinauf- oder herunter-
waͤrts geruͤckt erſcheinen. Wir erinnern uns hiebey je-
nes grauen, gleichfalls auf der Graͤnzſcheidung des
Schwarzen und Weißen beobachteten Bildes. (257.)
276.
Da nun das Phaͤnomen, das wir vorhin an ei-
nem rothen und blauen Viereck auf ſchwarzem Grunde
bis zur Taͤuſchung geſehen haben, das Hinauf- und
Hinabruͤcken zweyer verſchieden gefaͤrbten Bilder uns
hier an zwey Haͤlften eines und deſſelben Bildes von
einer und derſelben Farbe ſichtbar wird; ſo werden wir
dadurch abermals auf die farbigen Raͤnder, ihre Saͤume
und auf die Wirkungen ihrer homogenen und heteroge-
nen Natur hingewieſen, wie ſie ſich zu den Bildern
verhaͤlt, an denen die Erſcheinung vorgeht.
Ich uͤberlaſſe den Beobachtern die mannigfaltigen
Schattirungen der halb auf Schwarz, halb auf Weiß
angebrachten farbigen Vierecke ſelbſt zu vergleichen, und
bemerke nur noch die widerſinnige ſcheinbare Verzerrung,
da Roth und Gelb auf Schwarz hinaufwaͤrts, auf
Weiß herunterwaͤrts, Blau auf Schwarz herunterwaͤrts,
und auf Weiß hinaufwaͤrts gezogen ſcheinen; welches
doch alles dem bisher weitlaͤuftig Abgehandelten ge-
maͤß iſt.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/158>, abgerufen am 21.11.2024.
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